Die Deutschen werden wieder offener für Zuwanderung. Gleichzeitig bleiben sie gespalten. Schaut man genauer hin, steigt in wichtigen Fragen die Skepsis. Das sind die komplexen Ergebnisse einer Studie. Die Mercator-Stiftung hat sie heute zum dritten Mal vorgestellt, nach 2014 und 2016. Die Zahlen bilden damit ab, wie der starke Flüchtlingszuzug die Einstellung der Menschen verändert hat. Ganz deutlich zeigt sich das bei der Frage nach der Willkommenskultur. Für die gab es 2014 noch eher Zustimmung. 2016, auf dem Höhepunkt des Flüchtlingszuzugs, sank die rapide ab. Jetzt, so der Bielefelder Konfliktforscher Andreas Zick, sind die Menschen wieder so offen wie vor der Krise, sogar eine klein wenig offener.
"Wir haben gesehen, in 2016 gibt es einen Rückgang an Willkommenskultur, einen Anstieg an Ablehnung, das dreht sich nun um. Wir haben in 2018 den Befund, dass 38 Prozent – von 27 steigt es an auf 38 Prozent – eine stärkere Willkommenskultur wünschen. Und gleichzeitig haben wir einen Rückgang der Ablehnung von Willkommenskultur."
Mehr Vielfalt in Deutschland wird befürwortet
Wichtig ist dabei: Die vielen Asylbewerber haben das Bild der Deutschen verändert. Die Fragen gelten aber der Migration insgesamt, die viel mehr Menschen betrifft und die im Moment eher europäisch geprägt ist. Anders als noch vor zwei Jahren befürworten die Befragten auch wieder mehr Vielfalt in Deutschland. Wer gehört in der deutschen Gesellschaft dazu? Grob gesagt: Wer die deutsche Sprache beherrscht, wer politische Institutionen achtet, sich im Land zu Hause fühlt und arbeitet.
Trotzdem haben sich die Werte über die Jahre verändert.
Zum einen stiegen 2016 Anforderungen und Erwartungen bei allen Kriterien. Das geht nun wieder zurück. Und ein deutlicher Trend setzt sich seit vier Jahren fort: Immer weniger Menschen legen Wert auf all das, was Zuwanderer nicht mehr ändern können: Deutschland als Geburtsland findet nur noch jeder siebte wichtig, vor vier Jahren war es noch jeder vierte. So sieht es auch bei der Frage aus, wie lange jemand in Deutschland lebt.
Viel weniger wichtig für die Zugehörigkeit als noch vor acht Jahren ist auch die christliche Konfession. All das wird man als Zeichen von Offenheit lesen können. Die allerdings hat Grenzen. Das zeigt sich bei der Frage, was Zuwanderern zustehen soll und was nicht.
Allen das gleiche, mit gleichen Rechten, das finden die meisten, auch wieder mehr als auf dem Höhepunkt der Krise. Trotzdem ist die Zustimmung zu solchen Aussagen über die Jahre gesehen gesunken.
Migranten sollten häufiger in die Schranken gewiesen werden
Auf deutsche Identität, auf Traditionen, legen zwar weniger Menschen wert als noch vor vier Jahren. Inzwischen finden aber mehr der Befragten, Migranten sollten häufiger in die Schranken gewiesen werden.
Das mag auch daran liegen, dass sich Willkommenskultur und Offenheit für die Vielfalt nicht unbedingt auch konkret in der Akzeptanz der Menschen niederschlägt. Denn: Zwischen 2014 und 2016 hatten mehr Menschen angegeben, bestimmte Gruppen abzulehnen. Dieser Trend setzt sich nun teilweise sogar noch fort, so Madlen Preuß.
"Wir halten dann fest, dass die Ablehnung von Musliminnen, von 16 auf 18 nochmal zunimmt, die von Migrantinnen und Afrikanerinnen verbleibt dann auf dem Niveau von 2016. Und nur die Ablehnung von Sinti und Roma sinkt dann auch wieder signifikant."
Dazu passt ein anderes Ergebnis: Das Zusammenleben in der Migrationsgesellschaft bekommt keine guten Noten. Es gibt mehr Trennendes zwischen Deutschen und Migranten, zu diesem Urteilt kommen 37 Prozent der Befragten. Mehr Gemeinsamkeiten sehen gerade einmal 14 Prozent.
In einem Punkt allerdings wächst die Gesellschaft zusammen: Menschen mit und ohne Migrationshintergrund, also die, die lange, und die die sehr lange im Land sind, nähern sich in ihren Bewertungen an – in Zustimmung wie Ablehnung der Integration.