Plastikmüll an den Stränden, auf dem offenem Meer - und selbst im Polareis wurden längst Mikroplastikpartikel nachgewiesen, ebenso in den Sedimenten der Ozeane. Da wundert es nicht, dass selbst die UNO von einer „planetaren Krise" spricht.
Für den Umweltverband WWF hat das Alfred-Wegener-Institut Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung die wichtigsten wissenschaftlichen Erkenntnisse zusammengefasst. Demnach gelangen derzeit pro Jahr bis zu 23 Millionen Tonnen Plastikmüll in die Gewässer – das entspricht fast zwei LKW-Ladungen pro Minute.
Plastikproduktion wird sich mehr als verdoppeln
Und die Aussichten für die kommenden Jahre seien eindeutig, sagt Heike Vesper, Leiterin des Fachbereichs Meeresschutz beim WWF Deutschland. Das Problem werde sich vervielfachen: „Es wird erwartet, dass sich bis zum Jahr 2040 die Plastikproduktion mehr als verdoppelt. Und die Investitionen für diese Kapazitätssteigerungen in den entsprechenden Fabriken sind bereits getätigt. Somit droht uns bis ungefähr 2050 eine Vervierfachung der Plastikmüllkonzentration. Das Schlimme daran ist, dass die Verschmutzung mit Plastik nicht umkehrbar ist.“
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Schwere Folgen für die Meeresbewohner
Zwar könnte Plastikmüll wie Flaschen oder Verpackungen an den Küsten oder Flussmündungen noch eingesammelt werden, doch je mehr davon im Meer zu Mikro- oder Nanoplastik zerfällt, zerrieben wird, desto problematischer werde es. Die Partikel seien nicht mehr rückholbar. Mit Folgen für die Meeresbewohner, sagt Melanie Bergmann, Meeresbiologin am Alfred-Wegener Institut (*): „So eine Plastiktüte im Meer sieht für eine Schildkröte so ähnlich aus wie die Qualle, die sie sonst frisst. Wir finden Plastik in einem sehr breiten Spektrum von Tieren – vom Plankton bis hin zu den großen räuberischen Tieren am Ende der Nahrungskette. Und das kann eben dazu führen, dass die Tiere ein falsches Sättigungsgefühl haben und somit auch weniger fressen. Oder, dass das Verdauungssystem durch Verstopfung beeinträchtigt wird. Es kann bei scharfkantigen Gegenständen auch zu Verletzungen führen.“
Eingriffe in den Hormonhaushalt von Tieren
Doch es ist nicht nur der Müll mit seinen Ecken und Kanten, der den marinen Arten gefährlich werden kann. Bislang weniger erforscht ist die Schadstoffbelastung, so die Meeresbiologin: „Das können sehr häufig hormonell wirksame Stoffe sein. Die dann in den Hormonhaushalten von Tieren eingreifen und damit die Fortpflanzung beeinträchtigen. Auch die Entwicklung ist betroffen und zum Teil ebenso das Verhalten vieler Meerestiere.“
Nach wissenschaftlichen Schätzungen verschlucken schon heute bis zu 90 Prozent der untersuchten Seevögel und gut die Hälfte der Meeresschildkröten Plastikmüll oder nehmen die winzigen Restpartikel auf.
Überschneidung mit anderen Umweltproblemen
Die Studie weist zudem nach, dass der Plastikeffekt nicht isoliert betrachtet werden darf. Die negativen Auswirkungen überschneiden sich mit anderen Umweltproblemen – wie Erhitzung, Überfischung oder Überdüngung. Melanie Bergmann erwähnt beispielsweise die Mangrovenwälder, auch hier seien längst negative Folgen sichtbar. „Das Problem ist, dass ein höherer Verschmutzungsgrad die Gesundheit der Bäume verschlechtert. Mangroven sind ja sehr wichtig für die Biodiversität der Erde. Sie sind eine wichtige Kohlenstoffsenke und Kinderstube für Fische. Somit sehr schützenswerte Ökosysteme.“
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Hoffen auf ein globales Abkommen gegen die Plastikflut
Der WWF hofft nun, dass auf der UN-Umweltversammlung Ende Februar die Staatengemeinschaft ein rechtsverbindliches, globales Abkommen gegen die Plastikflut auf den Weg bringt. Nicht einfach, sagt WWF-Meeresmüll-Experte Bernhard Bauske, denn die Staaten haben unterschiedliche Voraussetzungen. „Was in Deutschland gut funktioniert, ist die Erfassung des ganzen Mülls. Das ist ein Positivum - dass es bei uns nicht in der Umwelt, auf wilden Deponien oder in den Flüssen landet. Aber negativ ist, dass der überwiegende Anteil des Kunststoffmülls zu weit über 50 Prozent verbrannt wird. Und somit haben wir dann ein Problem mit Treibhausgas-Emissionen.“
Appell an die Konsumenten
In vielen Entwicklungs- und Schwellenländern hingegen stehe zuerst ein effektives Abfallmanagement ganz oben auf der Agenda. Die Studie ist auch ein Appell an die Konsumenten, künftig auf Einwegplastikverpackungen zu verzichten. Diese machten deutlich mehr als die Hälfte der Meeresverschmutzung aus. Immerhin habe die EU mit einem Verbot bestimmter Verpackungen hier schon einen ersten wichtigen Schritt getan.
(*) Frau Bergmann wurde in einer früheren Version falsch geschrieben. Wir haben den Fehler korrigiert.