Seit Kurzem ist Gütersloh Großstadt - denn vor zwei Jahren hat die Stadt im Osten Nordrhein-Westfalens die 100.000 Einwohnermarke geknackt. In den vergangenen Jahren wuchs die Stadt von Jahr zu Jahr. Für Bürgermeister Henning Schulz ein Grund zur Freude:
"Unsere Lebenserfahrung ist gerade dadurch geprägt, dass wir gerade schneller wachsen als jemals zuvor. Gut 1.000 bis 1.500 Bürger pro Jahr. Und das spüren wir zum Beispiel auch bei der Nachfrage nach Plätzen in Kitas. Wohnbaulandnachfrage. Es wird an manchen Stellen schon eng."
1,2 Millionen Wanderungsströme zwischen Gemeinden analysiert
Und damit liegt die nordrhein-westfälische Stadt offenbar im Trend. Denn laut einer Analyse der Bertelsmann Stiftung ist das Leben in Städten weiterhin beliebt. Doch vor allem Klein- und Mittelstädte können offenbar vom Zuzug aus dem Umland profitieren. Für die Studie wurden etwa 1,2 Millionen Wanderungsströme zwischen Gemeinden analysiert. Zwischen 2006 und 2015 ist für Petra Klug von der Bertelsmann Stiftung eine deutliche Entwicklung erkennbar:
"Die großen Städte wachsen nach wie vor. Aber es gibt eben auch einen Trend in die kleineren Städte, wo eben mehr Menschen dann hinziehen. Weil es dort eben attraktiver für sie ist. In einigen Städten gibt es Universitäten, das ist natürlich für die jüngere Generation interessanter. Andere Städte sind attraktiver für Familien mit Kindern."
Weiterhin beliebt sind aber auch die großen Metropolen. Auch die Zahl der Einwohner in der Hauptstadt steigt unverändert an, beobachtet Petra Rohland von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen in Berlin:
"3,6 Millionen Einwohner haben wir inzwischen. Und die Prognose sagt auch, dass dieser Trend weitergeht. Wir rechnen damit, dass Berlin 2030 180.000 Neuberliner haben wird. Das ist etwa die Größe der Stadt Saarbrücken. Berlin ist eine Metropole, die weiter wächst."
"Überschwapp-Effekt" von Großstädten auf umliegende Kleinstädte
Eine weitere Erkenntnis der Studie: Es gibt einen "Überschwapp-Effekt" von Großstädten auf die umliegenden Kleinstädte. Das Wohnen im sogenannten "Speckgürtel" ist vor allem interessant, weil Mieten in den Metropolen wie Hamburg oder München steigen und das Wohnen dort immer teurer wird, erzählt Petra Klug von der Bertelsmann Stiftung:
"Die Leute können sich das Wohnen in den großen Städten nicht mehr leisten und sie ziehen an den Rand und so entstehen diese Speckgürtel um die großen Zentren. Je größer der Abstand zur Großstadt wird, lässt sich dann so ein Leben manchmal nicht mehr so gut vereinbaren, weil die Wege immer länger werden - und das ist dann für viele ein Motiv in eine kleinere Stadt zu ziehen."
Gütersloh: "Stadt der kurzen Wege"
Ähnliches beobachtet Henning Schulz. Der Bürgermeister von Gütersloh, sieht vor allem in der Kompaktheit seiner 100.000-Einwohner-Stadt einen großen Vorteil:
"Wir sind eine Stadt der kurzen Wege. Ein Drittel aller Wege, die Menschen hier zurücklegen, werden mit dem Fahrrad zurück gelegt. Und das ist einfach praktisch. Auch meine eigenen Kinder fahren mit dem Fahrrad zu Schule. Das ist eine ungeheure Lebensqualität. Und dazu kommt, dass bei uns ein urbaner Kern da ist, aber sie können auch aufs Fahrrad steigen und sind sofort in der Landschaft."
Sehr ländliche geprägte Regionen, ohne Nähe zu Städten, haben es laut der Analyse weiterhin schwer - sie schrumpfen und verlieren Einwohner vor allem an Klein- und mittelgroße Städte in Deutschland.