Der Studienabbruch wird oft als Scheitern betrachtet. Insbesondere wenn Studierende schon länger unglücklich durch Seminare und Vorlesungen lavieren, bis sie zugeben müssen: Das ist es nicht. Als gescheitert betrachtet sich Anja Weiligmann nicht, aber die Entscheidung, das Lehramts-Studium nach zehn Jahren zu schmeißen, fiel ihr damals, 2003, nicht ganz leicht. Ihr Besuch beim Berufsberater verlief wenig erfreulich. Einzige wesentliche Info, die sie damals mitnahm: eine Umschulung zur Programmiererin oder Game-Designerin sei nicht drin:
"Er hat mich gefragt: 'Was studieren Sie?' Da hab ich gesagt: Lehramt Sekundarstufe Zwei Mathe/Englisch.' Da hat er gesagt: 'Nee, da sind die Aussichten zu gut, da können wir Ihnen keine Umschulung gewähren.' Also er sagte, 'wenn Sie abschließen, haben Sie auf jeden Fall einen Job. Da hab ich gesagt: Das ist aber nicht das, was ich will, es macht mir keinen Spaß und da hat er gesagt: Tja, nicht sein Problem."
Anja Weiligmann ist heute freiberufliche Übersetzerin – das hatte sich dann irgendwann aus dem Studiennebenjob so ergeben.
Zu viele Förderangebote?
Ohne Zweifel haben sich die Beratungsangebote für Studienzweifler und -abbrecher in den letzten 15 Jahren deutlich verbessert – manche sagen sogar, es gäbe zu viele. Deshalb sei es sinnvoll, in Vernetzung zu investieren, findet Sonja Thiemann von den Industrie- und Handelskammern NRW. Dass auch die IHK berät und Ausbildungen vermittelt, wüssten zu wenige:
"Die Hochschulen müssten da auch ran und die Studenten von Anfang an informieren, was es überhaupt gibt. Es müsste ein Frühwarnsystem auch geben für Studenten, die Probleme haben, viele versuchen es dann doch noch, mit Ach und Krach, versuchen, noch Punkte zu machen, bis es dann wirklich gar nicht mehr geht und dann kommen manche zum Teil über Umwege erst zu den Beratungsangeboten."
Genau darum gehe es, sagt NRW-Wissenschaftsministerin Svenja Schulze. Um individuelle Betrachtung des Einzelnen:
"Wichtig ist mir einfach die Durchlässigkeit der Systeme. Wir haben oft diese Diskussionen um Akademisierungswahn oder so was, an der Hochschule brechen Leute ab, duale Ausbildungen werden abgebrochen, wir wollen einfach, dass beides besser funktioniert, dass die Leute wissen, worauf sie sich einlassen."
Die Studenten habe man an seiner Hochschule, der Hochschule Niederrein recht gut im Blick, findet Berthold Stegemerten. Auch in engem Austausch mit Handwerkskammer, IHK und Arbeitsagentur sei man. Deshalb stehe er grundsätzlich dem Förderprojekt Next Career positiv gegenüber.
Förderung befristet
"Es kann neue Impulse setzen, ich habe aber grundsätzlich Schwierigkeiten mit diesen dauernd befristeten Finanzierungstöpfen. Die 2020 häufig auslaufen, dann werden wir Probleme haben – wir werden zwar Strukturen geschaffen haben, auch dauerhafte Strukturen, aber die sind mit dauerhaftem Personal zu unterfüttern und da haben wir zur Zeit noch Schwierigkeiten."
Das Problem der befristeten Förderung sieht Wissenschaftsministerin Svenja Schulze nicht so: "Wir müssen jetzt mal verschiedene Modelle ausprobieren und dann gucken, was in die Regel überführt wird. Also muss jede Hochschule so die Wege für sich finden, deswegen erst mal 2020 und dann sehen wir weiter."
Next Career – das sagt auch die Wissenschaftsministerin – ist in erster Linie ein Leuchtturmprojekt. Gleicht man die Fördersumme von 6,6 Millionen Euro mit der Hochschuldichte in NRW ab, fällt für die einzelne Uni nicht viel ab. Aber: Das Schlaglicht kann zumindest bekannter machen, dass es für denjenigen, für den eine akademische Laufbahn doch nichts ist, jede Menge andere Möglichkeiten gibt.