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Studiengebühren
"Da wird ein neues Fass aufgemacht"

Studiengebühren für Nicht-EU-Ausländer, immer wieder wird an deutschen Universitäten damit geliebäugelt. Jetzt gibt es einen Vorstoß von der TU München. Die Erhebung einer Studiengebühr von Studierenden aus Nicht-EU-Ländern sei aber gar nicht mit dem UN-Sozialpakt vereinbar, so das Aktionsbündnis gegen Studiengebühren.

Von Susanne Lettenbauer |
    Studierende aus den arabischen Ländern, aus China und Indien - die Technische Universität München wird immer beliebter bei Nicht-EU-Ausländern. In den vergangenen fünf Jahren stieg ihr Anteil um 123 Prozent freut sich der Sprecher der bayerischen Exzellenzuniversität Ulrich Marsch:
    "Ja, klar ist die erwünscht. Vor allem hatten wir in den letzten drei Jahren einen starken Zustrom von Studierenden aus Brasilien. Brasilien hat ein Staatsprogramm aufgelegt mit dem Ziel, in den nächsten Jahren einhunderttausend junge Brasilianer in die Welt zu schicken."
    Die TU platzt aus allen Nähten. Seit Jahren steigen die Studierendenzahlen. Warum sollte seine Universität, die er als "unternehmerische Universität" versteht, so TU-Präsident Wolfgang Herrmann, nicht davon profitieren, finanziell? Zumal man den Nicht-EU-Studierenden ja viel mehr bieten möchte als nur die Teilnahme an Vorlesungen und Seminaren:
    "Wir möchten nicht abschrecken, wir möchten ein Gesamtpaket anbieten für Studierende aus dem Nicht-EU-Ausland. Und dieses Gesamtpaket soll vor allem bedeuten, dass wir Studierende, die bei uns ausgewählt werden zum Studium, nach einem harten Auswahlprozess, eine Gesamtbetreuung bekommen, die zum Beispiel auch sofort einen Wohnheimplatz umfasst, Sprachkurse in Deutsch, damit sie rasch Deutsch lernen können, Weiterbildungsangebote bis hin zu Bewerbungstraining, Lebenslaufchecks, Carrierservices."
    Studiengebühren in Deutschland - Kurt Stiegler dachte eigentlich, dass sich das Thema erledigt hätte. Doch das Gegenteil sei der Fall, so der Vertreter des Berliner Aktionsbündnisses gegen Studiengebühren. Mit dem Vorstoß der Technischen Universität München solle das Fass wieder aufgemacht werden, nicht nur für Nicht-EU-Ausländer, sondern generell:
    "Selbstverständlich will der TU-Präsident eigentlich Studiengebühren für alle Studierenden. Er ist ja ein expliziter Vertreter der unternehmerischen Hochschule und möchte ganz gern Bildung zur Ware machen. Da wird ein neues Fass aufgemacht, was wir als Aktionsbündnis komplett ablehnen."
    Die Erhebung einer Studiengebühr von Studierenden aus Nicht-EU-Ländern sei mit dem UN-Sozialpakt nicht vereinbar, so das Aktionsbündnis. Zumindest nicht, wenn alle anderen Studierenden von der Studienmaut befreit wären. Das habe ein Rechtsgutachten ergeben, so Stiegler:
    "Das Gutachten sagt ganz einfach: Studiengebühren für Nicht-EU-Ausländer sind rechtswidrig, weil sie gegen den internationalen UNO-Weltsozialpakt verstoßen. Das Gutachten sagt einfach, Studiengebühren sind mit dem UNO-Weltsozialpakt nicht vereinbar, weil das eine diskriminierende Hürde beim Hochschulzugang ist."
    Studierende aus den arabischen Ländern, aus China und Indien, die könnten sich problemlos so ein Angebot an der TU leisten, so ihr Sprecher Marsch. Er habe sogar erlebt, dass ein Studium eher in Deutschland angetreten würde, wenn es ähnlich wie in den USA oder England etwas kosten würde. Die Gebührengegner halten dagegen:
    "Das mag sein, dass die TU das so sieht. Es gibt tatsächlich aber eine Studie des Deutschen Studentenwerks, wonach der Anteil von ausländischen Studierenden seit 2006 aus Ländern zurückgegangen ist mit niedrigem Pro-Kopf-Einkommen. Bei vielen Studierenden legen ganze Familien für das Studium zusammen und wenn da irgendwas passiert, stehen die vor dem Nichts. Sie haben nämlich keinen Anspruch auf BAföG, können weniger arbeiten. Da ist die soziale Lage sehr prekär."
    Es gäbe genügend Stipendien in den betroffenen Ländern, so die TU. Brasilien habe jetzt gerade erst ein Programm aufgelegt, mit dem es die Besten in die Welt entsendet und natürlich dafür zahlt. Außerdem:
    "Zum einen gibt es an der TU Begabtenstipendien und dann das Deutschlandstipendium, das unserer Ansicht nach völlig zu Unrecht gescholten wird."
    Das Deutschlandstipendium selektiere jedoch ebenfalls, so das Aktionsbündnis. Bildung als Ware, das sei der falsche Weg in Deutschland.