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Studiengebühren für Nicht-EU-Studenten
Hochschulrektor: Weniger Bewerbungen, weniger Qualität

In Baden-Württemberg fallen ab diesem Wintersemester Studiengebühren für Studierende aus Nicht-EU-Ländern an. Das hat schon jetzt zu weniger Bewerbungen geführt. Das bedeute "weniger Auswahlmöglichkeiten für die Hochschulen und damit durchaus einen Qualitätsverlust" sagte Bastian Kaiser, Hochschulrektor in Rottenburg im Dlf.

Bastian Kaiser im Gespräch mit Michael Böddeker |
    Studenten demonstrieren am 25.08.2017 vor dem Verwaltungsgericht in Stuttgart (Baden-Württemberg) gegen die geplanten Studiengebühren für Studenten aus Nicht-EU-Ländern.
    Im Sommer wurde in Baden Württemberg noch dagegen demonstriert, nun sind sie in Kraft getreten: Studiengebühren für Studenten aus Nicht-EU-Ländern (dpa)
    Michael Böddeker: In Baden-Württemberg haben sich zum laufenden Wintersemester 26 Prozent weniger internationale Studierende eingeschrieben. Die gesunkenen Zahlen lassen sich gut erklären, denn seit diesem Semester gibt es Studiengebühren für Studierende aus Nicht-EU-Ländern, 1.500 Euro pro Semester. Es handelt sich bislang noch um vorläufige Anmeldezahlen, über die die "Schwäbische Zeitung" berichtet, aber die Wissenschaftsministerin des Landes Theresia Bauer hat die Zahlen schon kommentiert: Der Rückgang bewege sich entlang der Prognosen des Ministeriums, sagte sie. Laut Ministerium wird ein Rückgang um 20 bis 25 Prozent erwartet. Das Ministerium sieht also kein großes Problem, einige Kritiker schon. Vielleicht nicht für alle Hochschulen im Land, aber einige dürften doch besonders betroffen sein. Darüber sprechen wir mit Bastian Kaiser, er ist Rektor der Hochschule für Forstwirtschaft in Rottenburg und Vorsitzender der Rektorenkonferenz der Hochschulen für Angewandte Wissenschaften in Baden-Württemberg. Guten Tag!
    Bastian Kaiser: Guten Tag!
    Böddeker: Welche Hochschulen sind denn aus Ihrer Sicht besonders betroffen, wenn es weniger internationale Studierende gibt?
    Ausrichtung auf Internationalisierung
    Kaiser: Na ja, wir haben in der Gruppe unserer Hochschulen für Angewandte Wissenschaften in Baden-Württemberg – das sind 24 an der Zahl – einige Hochschulen, die die Internationalisierung als wichtiges Strategieelement gesetzt haben, also die im Wesentlichen darauf aus sind, internationale Studierende an ihre Hochschulen zu holen oder eigene Studierende ins Ausland zu schicken. Und dort schlägt natürlich ein Rückgang von 20 Prozent oder auch schon einer von zehn Prozent erheblich zu Buche.
    Böddeker: Was sind das für Kooperationen mit dem Ausland, können Sie mal ein Beispiel geben?
    Kaiser: Zum Beispiel die Hochschule Reutlingen hat kooperative Studiengänge mit mehreren Ländern, in welchen die Studierenden etwa die Hälfte des Studiengangs hier in Deutschland studieren und die andere Hälfte an einer der Partnerhochschulen, und umgekehrt die Studierenden der Partnerhochschulen zwei Jahre hier studieren und zwei Jahre in ihrer Heimat. Und solche Modelle sind durch solche Studiengebühren teilweise betroffen, man kann sie teilweise freistellen von der Studiengebührenpflicht, aber eben nicht alle.
    Ausnahmen können ausgesprochen werden
    Böddeker: Wie würde so eine Freistellung denn aussehen?
    Kaiser: Es ist so, dass die Gesetzeslage so ist, dass wir als Hochschulen im Rahmen bestehender Partnerschaften Ausnahmen aussprechen können, dann auch noch einen Anteil von fünf Prozent der Studierenden an unseren Häusern freistellen können. Für andere Studierende, die wir nicht freistellen können, hat die Baden-Württemberg-Stiftung das Kontingent an Stipendien aufgestockt von 4,2 Millionen auf 5 Millionen pro Jahr. Und diese zusätzliche fast Million soll im Wesentlichen Studierenden aus solchen Ländern zugutekommen, die jetzt studiengebührenpflichtig sind. Aber das wird nicht reichen, um den gesamten Rückgang aufzufangen.
    Böddeker: Was hat das für konkrete Folgen für die jeweiligen Hochschulen?
    Kaiser: Es ist so, dass allein die Kunde, dass jetzt in Baden-Württemberg Studiengebühren fällig werden für Studierende, die ausschließlich zum Zwecke des Studiums nach Baden-Württemberg kommen aus Nicht-EU-Ländern, dass allein diese Botschaft, diese Kunde dazu führt, dass einfach weniger Bewerbungen da sind. Und weniger Bewerbungen bedeuten weniger Auswahlmöglichkeiten für die Hochschulen und damit durchaus einen Qualitätsverlust.
    Andere Bundesländer attraktiver
    Böddeker: Sind Sie überrascht von diesem Rückgang, also davon, dass der jetzt schon eintritt, zum allerersten Semester mit diesen neuen Studiengebühren?
    Kaiser: Nein, es ist nicht überraschend, dass das eintritt, weil natürlich heutzutage in Zeiten von Medien modernster Art und Internet solche Nachrichten sehr schnell die Runde machen, und weil unsere unmittelbaren Nachbarn, also andere Bundesländer, aber auch internationale Nachbarn solche Studiengebühren jetzt eben nicht eingeführt haben. In manchen Nachbarländern gibt es die schon lange, aber in anderen Bundesländern gibt es die eben nicht. Und deswegen war klar, dass irgendeine Wirkung erzielt wird.
    Böddeker: Das heißt, auch andere Bundesländer werden vielleicht attraktiver für die internationalen Studierenden?
    Kaiser: So lange, bis dort auch solche Studiengebühren eingeführt werden, mit Sicherheit, das ist so. Natürlich, wenn jetzt jemand aus, sagen wir, Tansania oder aus Indien nach Deutschland kommen möchte zum Studieren, dann ist schon entscheidend, wofür das Geld, das bisschen Geld, was man zur Verfügung hat, aufgewendet wird. Und wenn in Rheinland-Pfalz zum Beispiel keine Studiengebühren fällig sind, in Baden-Württemberg aber schon, in Bayern wiederum nicht, dann ist klar, dass das durchaus die Entscheidung mit beeinflussen kann.
    Weitere Auswirkungen?
    Böddeker: Sie selbst sind ja auch Rektor einer Hochschule in Baden-Württemberg. Wie sieht es da an Ihrer eigenen Hochschule aus, gibt es da auch einen Rückgang?
    Kaiser: Bei uns hält sich das sehr in Grenzen, wobei man auch sagen muss, bei uns sind die sogenannten Incoming-Studenten, also dass Studierende zu uns kommen zum Studieren, ohnehin jetzt keine große, nennenswerte Zahl. Unsere Hochschule bewegt vielmehr Studierende ins Ausland. Nun muss man auch sagen, dass wir davon profitieren, dass andere Länder unsere Studierenden aufnehmen, überwiegend aber auch in Praktika. Und da haben wir bisher keinerlei Auswirkungen gespürt.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.