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Studiengebühren im Schatten des Wahlkampfes

Bei den Studiengebühren sind Regierung und Opposition uneins. Dass im Bundestag erneut nicht sachlich über dieses Thema debattiert wurde, liegt auch an den anstehenden Landtagswahlen in Bayern und Niedersachsen: jenen Bundesländern, in denen die Studenten noch zur Kasse gebeten werden.

Von Jürgen König |
    Eine sachliche Bundestagsdebatte über das Für und Wider von Studiengebühren wäre ja etwas ausgesprochen Wünschenswertes, denn das Thema ist komplex. Leider gab es diese Debatte heute nicht; denn es stehen zwei Landtagswahlen, in Bayern und Niedersachsen, ausgerechnet in jenen Bundesländern, in denen es noch Studiengebühren gibt. So machte Wahlkampfgeplänkel den Hauptteil der Debatte aus; bekannte Positionen wurden vorgetragen, und, wo nötig, mit wissenschaftlichen Studien untermauert. Ein Bespiel. Kai Gehring von Bündnis 90/Die Grünen;

    "Sie waren es, die in sieben Bundesländern Studiengebühren für alle von Anfang an eingeführt haben. Studien haben bestätigt, bundesweit sind dadurch Zehntausende Hochschulzugangsberechtigte vom Studium abgeschreckt worden, insbesondere Frauen und Jugendliche aus Nichtakademikerfamilien."

    "Studien" bestätigen also, dass Studiengebühren junge Leute vom Studieren abhalten. Dazu Stefan Kaufmann von der CDU/CSU-Fraktion:

    "Bei den Studiengebühren ist es im Übrigen ähnlich, da behaupten Sie, das hätte eine soziale Selektivität. Genau das Gegenteil ist der Fall, das zeigen alle Erhebungen: es gibt keine negativen Effekte von Studiengebühren auf die Studierneigung."

    "Alle Erhebungen" zeigen also, dass Studiengebühren junge Leute nicht vom Studieren abhalten. Es sind solche Argumentationsmuster, die eine Diskussion" wie diese so ermüdend machen. Auch das stete Prinzip, die eigenen Maßnahmen zu loben und alles andere scharf zu kritisieren, trägt nicht zur Klärung auch nur irgendeiner Frage bei. Monika Grütters von der
    CDU:
    "13,8 Milliarden Euro gibt die Bundesregierung für Bildung und Forschung in diesem Jahr aus, und ich darf mal dran erinnern, Rot-Grün hat in ihrer Zeit gerade mal siebeneinhalb Milliarden dafür übrig. Und die christlich-liberale Koalition hat dafür gesorgt, dass der Bildungshaushalt in jedem der vergangenen vier Jahre um jeweils 700 Millionen Euro gewachsen ist; Rot-Grün hat in sieben Jahren Regierungszeit, Herr Gehring, den Bildungshaushalt dagegen genau dreimal gekürzt."

    Union und FDP erinnern gerne an den Ausbildungspakt, an den Hochschulpakt, an den Qualitätspakt Lehre, und daran, dass die BAföG-Ausgaben seit 2005 doch um 43 Prozent erhöht worden seien. Reicht alles nicht, ruft die Opposition – die BAföG-Aufstockung sei schon inflationsbezogen überfällig gewesen, um die Zukunft gehe es, und da müsse viel mehr gezahlt, müssten auch die Freibeträge dringend angehoben werden. Sie habe ja mit den Ländern geredet, kontert Bundesbildungsministerin Annette Schavan, kein Land habe sich bereit erklärt, die Erhöhung von Freibeträgen mittragen; die Opposition sei es doch, die sich verweigere.

    "Das Spiel wird doch nicht bei uns getrieben, das Spiel treibt eine Opposition, die beschlossen hat, nicht mehr zu gestalten, die beschlossen hat, nichts mehr zu bescheiden, sondern alles abzulehnen."

    Für Lars Klingbeil von der SPD wiederum lässt sich die Regierungsbilanz nur mit einem Wort beschreiben.

    "Sie reden hier zehn Minuten eine katastrophale Bilanz schön, Sie reden hier zehn Minuten am Thema vorbei, und Sie tun das mit einer Überzeugung, dass man denken kann, Sie meinen das ernst. Frau Ministerin, ich sage Ihnen, die Menschen sind schlauer als Schwarz-Gelb denkt. Das haben wir bei allen vorherigen Landtagswahlen gesehen, und ich sage Ihnen, das werden wir auch in Bayern und Niedersachsen sehen: die Menschen durchschauen Ihre Politik."

    Dieter Dehm von der Linkspartei setzt auch mehr aufs Generelle.

    "Statt Spekulanten zu retten, sollten wir alle gebührenfreie Bildung retten. Das ist ein wirklicher kategorischer Imperativ."

    Wahlkampf, wohin man schaut. Ob Studiengebühren nun sinnvoll sind oder nicht? Die Hochschulen selber sollen entscheiden, ob sie Studiengebühren verlangen oder nicht, heißt es von Union und FDP.