Aus Thüringen berichtet Henry Bernhard:
Studenten in Thüringen sind die ärmsten in Deutschland. Durchschnittlich 755 Euro haben im Monat zur Verfügung. Im Westen dagegen hat ein Student um die 100 Euro mehr im Monat. Aber nur jeder zehnte Student in Jena, Weimar, Erfurt oder Ilmenau beklagt, dass das Geld zum Studium nicht ausreiche. Das Wohnen ist bezahlbar - selbst in einer als teuer geltenden Stadt wie Jena.
- "Ist auf jeden Fall billiger als in Bayern zu wohnen!"
- "Ja, bin auch überrascht von den Preisen hier! Klar, Baden-Württemberg und Thüringen ist noch mal ein Unterschied, aber: Ist sehr erschwinglich!"
Überdurchschnittlich viele Studenten in Thüringen wohnen in WGs, nur jeder zehnte noch bei seinen Eltern. Jeder siebte bekommt einen Wohnheimplatz -deutlich mehr als im Bundesschnitt.
Jeder dritte Student in Thüringen erhält BAföG, im Westen nur jeder fünfte. Die finanziellen Vorteile des preiswerteren Studiums im Osten lockt gerade Kinder von Nichtakademikern an, bei der die Finanzierung oft schwieriger ist. Aber auch für andere spielt das Geld eine Rolle:
"Also, ich gehöre noch zu einem Jahrgang, wo halt die Studiengebühren-Debatte sehr groß war. Und ich kenne auch sehr viele Leute aus meinem Jahrgang, die sich sozusagen vor den Studiengebühren gedrückt haben und dann in ein Bundesland gegangen sind, wo absehbar war, dass es da keine gibt."
Die Hälfte der Thüringer Studenten sind Stammgäste in der Mensa. Seit sechs Jahren ist das Essen nicht teurer geworden; Kostensteigerungen werden über höhere Semesterbeiträge von allen getragen. "In unseren Mensen kann man nach wie vor für 1,50 ein komplettes Tellergericht bekommen", sagt der Leiter des Thüringer Studentenwerks, Ralf Schmidt-Röh.
In Sachsen-Anhalt hat sich Christoph Richter umgehört:
Noch ist Sachsen-Anhalt für Studierende attraktiv: Seminare oder Vorlesungen sind nicht überfüllt, der direkte Kontakt zum Prof ist unkompliziert, Wohnungen oder WG-Plätze kosten kein Vermögen. Derzeit gibt es 34.000 Studienplätze, darunter bundesweit einzigartige Fächerkombinationen wie Philosophie, Neurowissenschaften, Kognition an der Otto von Guericke Universität Magdeburg, der zweitgrößten Uni Sachsen-Anhalts. Doch wie die Zukunft aussieht, das weiß aktuell keiner. Denn wenn es nach den Plänen des CDU-Wissenschaftsministers Hartmut Möllring geht, sollen in der Landeshauptstadt Magdeburg nicht nur einzelne Institute geschlossen werden, sondern gleich die ganze Fakultät der Humanwissenschaften. Dazu gehören Fächer wie Politik, Geschichte, Germanistik oder Philosophie. Auf dem Spiel stehen 3500 Studienplätze, so Rektor Jens Strackeljahn: "Das ist ein unglaubliches Demotivationspotenzial, was da entsteht."
Auch der Universitätsstandort Halle steht auf der Streichliste des Ministers. Hier sollen die Medien-und Kommunikationswissenschaften, Geo- und Sportwissenschaften vollständig, die Fächer Psychologie und Informatik zu Teilen geschlossen werden.
Für die Studierenden sind das unkalkulierbare Risiken. Weil sie nicht wissen, ob sie ihr angefangenes Studium noch zu Ende machen können.
Was man sich auf dem Campus in Magdeburg oder Halle erzählt, ist, das Master-Studierende zunehmend einen Bogen um Sachen-Anhalt machen bzw. das Land nach dem Bachelor-Abschluss verlassen.
"Ja, das habe ich auch schon gehört. Und es ist schwer, hier einen Job zu finden. Also wenn ich da Leipzig oder Hamburg sehe, die sind da schon offener. In Magdeburg ist das alles ein bisschen provinziell, würd ich mal sagen", sagt Nadine, Berufsbildungsmanagementstudentin im 4. Semester.
Kommunalpolitiker und Rektoren, wie Jens Strackeljahn von der Uni Magdeburg sind sich einig, um den Standort Sachsen-Anhalt attraktiver zu machen, müssen die Unis gestärkt; Studienplätze aufgestockt, statt abgebaut werden:
"Auch was die Studierenden aus dem Ausland angeht, kann ich mir hier noch ein bisschen buntere Kultur durchaus vorstellen. Und da ist ein Attraktor die Universität."
Ungebrochenen Zuspruch dagegen genießt die Kunsthochschule Burg Giebichenstein in Halle an der Saale. Bundesweit eine der beliebtesten Adressen, was das Kunst- und Design-Studium betrifft. Trotzdem soll man hier sieben Professorenstellen einsparen. Wie sich das auf Studierendenzahlen auswirken wird, ist bisher noch nicht abzusehen.