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"Studium wird sich im Wesentlichen nicht verteuern"

Baden-Württemberg will für bestimmte Leistungen Gebühren erheben. Demnach werden Aufnahmeverfahren teurer. Das reguläre Studieren bleibe aber gebührenfrei, sagt Wissenschaftsministerin Theresia Bauer.

Theresia Bauer im Gespräch mit Manfred Götzke |
    Manfred Götzke: Weg mit der Campus-Maut! Das war das Projekt der ersten grün-roten Koalition im Ländle, in Baden-Württemberg. Die Parteien haben ihr Versprechen auch gehalten und die Gebühren vor zwei Jahren abgeschafft. Umso mehr hat uns überrascht, was jetzt im Kleingedruckten eines neuen Hochschulgesetzes steht. Statt einer Studiengebühr pro Semester plant das Wissenschaftsministerium jetzt viele kleine Gebührchen. 100 Euro muss etwa blechen, wer sich für sein Studium persönlich bewerben muss. Theresia Bauer ist die verantwortliche Wissenschaftsministerin. Frau Bauer, warum wollen Sie Studiengebühren jetzt wieder durch die Hintertür einführen?

    Theresia Bauer: Das ist keineswegs der Fall. In Baden-Württemberg bleibt das reguläre Studieren gebührenfrei und wir haben die allgemeinen Studiengebühren aus gutem Grund abgeschafft, weil nämlich die soziale Frage ungeklärt war. Das soll auch so bleiben. Und mit den Anpassungen und Veränderungen, die wir jetzt vorsehen, wird das auch in Zukunft so sein. Das Studium wird sich im Wesentlichen nicht verteuern, und niemand wird vom Studieren abgehalten.

    Götzke: Die Universitäten sollen ja jetzt verpflichtet werden, Geld für Bewerbungsgespräche zu nehmen, bis zu 100 Euro sind da im Gespräch. Was wollen Sie konkret damit bezwecken, dass sich Studenten nur noch an einer Universität bewerben oder gar nicht mehr?

    Bauer: Zunächst mal ist auch bislang es schon vorgesehen, dass für Aufnahmeprüfungen oder für Aufnahmeverfahren, auch für Eignungsprüfungen Gebühren genommen werden. Diese Gebühren sind seit 2005 nicht angepasst worden. Wir sind aber über alle Ressorts hinweg aufgefordert und verpflichtet, regelmäßig unsere Gebührentatbestände zu überprüfen und auch die Kosten anzupassen. Und das tun wir jetzt durch die Änderung des Landeshochschulgebührengesetzes.

    Götzke: Die Realität ist ja momentan, dass sich Studierende an bis zu zehn, 15 Universitäten bewerben, nicht weil ihnen das so viel Spaß macht, sondern weil es seit einigen Jahren ja nötig ist, sich an den Universitäten direkt zu bewerben.

    Bauer: Ja, richtig.

    Götzke: Sollen die Studenten also dafür zahlen, dass es die Politik bis heute nicht geschafft hat, ein zentrales Bewerbungssystem auf die Beine zu stellen?

    Bauer: Nein. Der Großteil all dieser Studierenden musste bislang für seine Bewerbung nicht zahlen und wird es auch künftig nicht zahlen müssen. Es geht wirklich um die besonderen Fälle, in denen eine Aufnahmeprüfung oder ein Aufnahmeverfahren, wie das bei den Medizinern zum Beispiel zu absolvieren ist. Aber die normale Bewerbung an einer Hochschule war bislang kostenfrei und wird es auch in Zukunft sein. Ich nenne Ihnen mal ein Beispiel, wir passen die Gasthörergebühren an, von bislang 25 bis 150 Euro auf künftig 50 bis 300 Euro pro Semester. Das wird niemanden, keinen regulären Studenten oder eine Studentin beeinträchtigen, ist aber, glaube ich, eine vertretbare und sachgerechte Anpassung der Kosten, des Service, den eine Hochschule diesen Gasthörern bietet. Oder ein weiteres Beispiel, wir führen eine Gebührenpflicht an für Angebote, die nicht im Kurrikulum vorgesehen sind, zum Beispiel der Hochschulsport. Diese Dinge müssen in der Tat die Kosten annähernd abbilden. Das wird aber niemanden vom Studieren abhalten.

    Götzke: Bleiben wir vielleicht erst mal bei den Gebühren für Bewerbungsgespräche, auf wen trifft das denn zu?

    Bauer: Nehmen wir mal das Aufnahmeverfahren der Mediziner. Die mussten bislang 50 Euro zahlen, die müssen künftig 100 Euro zahlen für das Aufnahmeverfahren, das jeder Mediziner nur einmal absolviert. Das gilt für alle Hochschulen, sogar bundesweit. In dem Fall von Aufnahmeprüfungen werden die Gebührensätze erhöht von bislang 50 auf künftig 100 Euro, solche Prüfungen gibt es im Bereich der Musik, der Kunst, für Sportstudierende, und vereinzelt auch für Sprachwissenschaften. Ich kann Ihnen jetzt nicht sagen, wie viele Studierende betroffen sind, aber es ist eine Minderheit.

    Götzke: Zu dieser Minderheit gehören zumindest nach den Informationen, die mir vorliegen, auch die Studierenden, die ohne Abitur an die Hochschule wollen und mit größter Mühe über den dritten Bildungsweg gekommen sind. Warum wollen Sie unbedingt auch noch die bestrafen?

    Bauer: Es geht wirklich nicht um Bestrafung, es geht darum, einen angemessenen, sachgerechten Eigenanteil zu leisten. Bei den Eignungsprüfungen, die Sie ansprechen, gibt es also auch bislang schon Gebühren. Es geht in Baden-Württemberg zurzeit um etwa 130 plus Personen. Wir werden diese Gebührensätze auf ihre reale Kostenstruktur überprüfen. Und wenn sich herausstellen sollte, dass es zu sozialen Härten kommt, dann werden wir über eine Obergrenze dafür sorgen, dass niemand ausgeschlossen wird, der studieren will.

    Götzke: Sie haben gerade die Zusatzangebote angesprochen, die nicht unbedingt im Kurrikulum stehen, da haben Sie den Hochschulsport genannt. Es sollen aber auch künftig Gebühren anfallen zum Beispiel für Sprachkurse. Was wollen Sie denn konkret damit erreichen, dass Studierende tatsächlich nur noch nach Credit Points studieren und möglichst nicht links und rechts des Bachelorstudienplans schauen?

    Bauer: Im Bereich der Sprachangebote und der EDV-Angebote ändert sich nichts im Vergleich zum bisherigen Zustand. Da kann man auch heute schon Gebühren erheben und das wird auch genauso bleiben, wir verändern diesen Passus nicht. Selbstverständlich, um das noch mal sehr deutlich zu sagen, selbstverständlich sind Sprachkenntnisse enorm viel wert. Aber sie gehören eben nicht, normalerweise nicht zum kurrikularen Angebot und da muss eine Hochschule schauen, wie sie dieses Angebot aufrechterhalten kann, in welchem Umfang sie es vertreten kann und welchen Umfang von Eigenbeteiligung sie für angemessen und sinnvoll hält. Wir jedenfalls, vonseiten des Gesetzgebers, werden an dieser Stelle nichts verändern.

    Götzke: Heute beginnen die Koalitionsgespräche im Bereich Bildung und Wissenschaft. Da geht es unter anderem um das Kooperationsverbot, das momentan noch besteht zwischen Bund und Ländern im Bildungsbereich. Möglicherweise wird es fallen, was versprechen Sie sich davon?

    Bauer: Im Hochschulbereich wird zum Glück auch heute schon kooperiert, und ich erwarte mir, dass dies in Zukunft auch der Fall sein wird. Wir brauchen die gemeinsame Verantwortung von Bund und Ländern im Hochschulbereich, um Wissenschaft zu finanzieren. Sowohl im Forschungsbereich als auch zur Finanzierung von ausreichend Studienplätzen. Wir brauchen ganz dringend die weitere gemeinsame Verantwortung für den Hochschulpakt 2020, mit dem zusätzliche Studienplätze finanziert werden, wir brauchen die gemeinsame Verantwortung für die Fortsetzung der Exzellenzinitiative, die 2017 ausläuft. Für all das brauchen wir den Bund, damit er die Länder unterstützt beim Realisieren von besten Chancen für unsere Wissenschaft.

    Götzke: Sagt Baden-Württembergs Wissenschaftsministerin Theresia Bauer von den Grünen. Danke schön!

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