"Ein gelber schmutziger Himmel, ein gelber schmutziger Himmel ein gelber schmutziger Himmel, ein mieser gelber dreckiger, schmutziger Kölner Himmel, ein mieser Himmel, ein verdammter Scheißdreck von Himmel, ein mieser gelber schmutziger Kölner verfluchter elender Kackhimmel, ein von Lichtfetzen verkackter Himmel."
Autor dieses "instant composing". authentische Stimme der wortmusikalischen Schmährede, ist der Kölner Schriftsteller Rolf Dieter Brinkmann. Mit sprachgewaltiger Wut rannte er in seinen Gedichten und Texten an gegen die Grenzen der Sprache und an gegen die Hässlichkeit der Welt. Worte waren für ihn wie Brechstangen, mit denen er auf die Realität eindrosch. Zorn war sein Generator zur Wortproduktion, mit der er den Worten entkommen wollte und doch nicht konnte. Rolf Dieter Brinkmann hatte sich im Herbst 1973 vom Westdeutschen Rundfunk ein Reportagetonband ausgeliehen für ein O-Ton-Hörspiel über seine Heimatstadt Köln. Das von Brinkmann gesprochene Originaltonmaterial sowie Super-Acht-Filme und Fotos aus Brinkmanns Nachlass diente Regisseur Harald Bergmann als Fundus seines experimentellen Spielfilms "Brinkmanns Zorn", der auf dem Festival des deutschen Films in Ludwigshafen uraufgeführt wurde.
Der Schriftsteller und Schauspieler Eckhard Rohde verleiht der Originalstimme Rolf Dieter Brinkmanns eine bis in die Atemzüge lippensynchrone körperliche Präsenz. Er zeigt ihn als Getriebenen, der seine Wahrnehmungen als extreme Sprechakte ins Mikrophon flüstert, spricht, schreit, brüllt. Er tastet Räume, Menschen und Dinge bis zur akustischen Schmerzgrenze mit seinem Mikrophon ab, um den Dingen - vergeblich - eine Wahrheit jenseits der Sprache zu entlocken. Köln in Brinkmanns Sprachoptik das sind: verpisste Ecken, verdreckte Plätze, spießige Kleinbürger. Elfi Mikeschs Kamera findet dafür kongeniale Bilder, bleibt atemlos und zugleich unglaublich detailpräzise dem Brinkmann-Text auf der Spur. Die in den Farben aufgerauhten, jeden Realismus aufhebenden Filmbilder verwandeln Brinkmanns Textbild Kölns in einem kongenialen Bildtext. "Brinkmanns Zorn" hinterließ den filmisch stärksten Eindruck auf dem Festival des deutschen Films in Ludwigshafen.
Der mit 50.000 Euro dotierte Filmkunstpreis ging an "Sehnsucht," einen eher unspektakulären, fast wortlosen, mit Laiendarstellern in der brandenburgischen Provinz gedrehten kleinen Film über ein großes Thema: die Liebe und einen jungen Mann zwischen zwei Frauen. Markus ist Schlosser und Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr. Seine Ehefrau kennt er schon aus Kindertagen. Bei einem Trainingswochenende lernt er im Nachbardorf die Kellnerin Rose kennen. Ein Blick und die Liebe bricht aus - mit fatalen Konsequenzen.
Der Regisseurin Valeska Grisebach gelang in ihrem zweiten Spielfilm ein realistisches Melodram über die Macht und Ohnmacht der Gefühle. Ein Heimatfilm über dörfliche Geborgenheit und Enge zugleich, mit präzisem Zeit- und Raumgefühl für das Leben und die Atmosphäre dörflicher Abgeschiedenheit. Man wird ihm demnächst im Kino sehen können.
"Das Wort Familienbande hat einen Beigeschmack von Wahrheit": Der sarkastische Doppelsinn des Diktums von Karl Kraus trifft in der Rückschau auf viele Spielfilme des Dutzend neuer deutscher Produktionen zu, die auf der Ludwigshafener Parkinsel um den Filmkunstpreis konkurrierten; sei es die Landkommune von "Hartz-IV-Positiven" in Olaf Wehlings Regiedebüt "Futschicato", oder der Möchtegern-"Swingerclub" in Jan Georg Schüttes Improvisationskomödie gleichen Titels über zeitgenössische Beziehungsverwirrungen und Lebenslügen saturierter Enddreißiger.
Das erzählerisch interessanteste Beispiel lieferte Dietrich Brüggemanns erster langer Spielfilm "Neun Szenen". Nach dem Abiball sitzen die Protagonisten am Tresen zusammen. Das Abitur ist geschafft - und nun also hinaus ins Leben! Doch das Leben - so erfahren wir in diesem intelligent erzählten und inszenierten Reigen, in diesen Puzzleteilen, die sich doch zu einer Geschichte zusammenfügen - das Leben entpuppt sich als Kreisverkehr aus Grabenkriegen, strategischen Allianzen, Kollisionen und fragilen Koalitionen zwischen Söhnen, Töchtern, Müttern, Vätern, Großvätern, Ex- und zukünftigen Ehepartnern. Dietrich Brüggemann inszeniert in "Neun Szenen" gekonnt neun Generationenkonflikte einer sich tolerant gebenden Gesellschaft, die dann doch nicht so offen und nett zueinander ist, wie es auf den ersten Blick scheint.
Es wird viel geredet in diesen "Neun Szenen". Die Kamera schaut den Beteiligten dabei ebenso ungerührt wie unbewegt in langen ungeschnittenen Einstellungen zu, bis auf eine brillante Echtzeit-Kamerafahrt, die alle Protagonisten noch einmal rückblickend passieren lässt. Selten hat man in einem deutschen Film so intelligenten und witzig pointierten Dialogen zugehört und zugesehen.
Gemeinsam mit seiner Schwester Anna, die auch als Darstellerin mitwirkt, schrieb Dietrich Brüggemann auch das Drehbuch zu diesem bemerkenswerten Regieerstling. Mit nahezu Robert Altmann’scher Souveränität navigiert er sein Dutzend Protagonisten in immer neuen Konstellationen durch den Film. "Short Cuts" in Berlin: ein gelungenes Familien-Unternehmen, das zu Recht in Ludwigshafen mit dem Publikumspreis des Festivals ausgezeichnet wurde.
Autor dieses "instant composing". authentische Stimme der wortmusikalischen Schmährede, ist der Kölner Schriftsteller Rolf Dieter Brinkmann. Mit sprachgewaltiger Wut rannte er in seinen Gedichten und Texten an gegen die Grenzen der Sprache und an gegen die Hässlichkeit der Welt. Worte waren für ihn wie Brechstangen, mit denen er auf die Realität eindrosch. Zorn war sein Generator zur Wortproduktion, mit der er den Worten entkommen wollte und doch nicht konnte. Rolf Dieter Brinkmann hatte sich im Herbst 1973 vom Westdeutschen Rundfunk ein Reportagetonband ausgeliehen für ein O-Ton-Hörspiel über seine Heimatstadt Köln. Das von Brinkmann gesprochene Originaltonmaterial sowie Super-Acht-Filme und Fotos aus Brinkmanns Nachlass diente Regisseur Harald Bergmann als Fundus seines experimentellen Spielfilms "Brinkmanns Zorn", der auf dem Festival des deutschen Films in Ludwigshafen uraufgeführt wurde.
Der Schriftsteller und Schauspieler Eckhard Rohde verleiht der Originalstimme Rolf Dieter Brinkmanns eine bis in die Atemzüge lippensynchrone körperliche Präsenz. Er zeigt ihn als Getriebenen, der seine Wahrnehmungen als extreme Sprechakte ins Mikrophon flüstert, spricht, schreit, brüllt. Er tastet Räume, Menschen und Dinge bis zur akustischen Schmerzgrenze mit seinem Mikrophon ab, um den Dingen - vergeblich - eine Wahrheit jenseits der Sprache zu entlocken. Köln in Brinkmanns Sprachoptik das sind: verpisste Ecken, verdreckte Plätze, spießige Kleinbürger. Elfi Mikeschs Kamera findet dafür kongeniale Bilder, bleibt atemlos und zugleich unglaublich detailpräzise dem Brinkmann-Text auf der Spur. Die in den Farben aufgerauhten, jeden Realismus aufhebenden Filmbilder verwandeln Brinkmanns Textbild Kölns in einem kongenialen Bildtext. "Brinkmanns Zorn" hinterließ den filmisch stärksten Eindruck auf dem Festival des deutschen Films in Ludwigshafen.
Der mit 50.000 Euro dotierte Filmkunstpreis ging an "Sehnsucht," einen eher unspektakulären, fast wortlosen, mit Laiendarstellern in der brandenburgischen Provinz gedrehten kleinen Film über ein großes Thema: die Liebe und einen jungen Mann zwischen zwei Frauen. Markus ist Schlosser und Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr. Seine Ehefrau kennt er schon aus Kindertagen. Bei einem Trainingswochenende lernt er im Nachbardorf die Kellnerin Rose kennen. Ein Blick und die Liebe bricht aus - mit fatalen Konsequenzen.
Der Regisseurin Valeska Grisebach gelang in ihrem zweiten Spielfilm ein realistisches Melodram über die Macht und Ohnmacht der Gefühle. Ein Heimatfilm über dörfliche Geborgenheit und Enge zugleich, mit präzisem Zeit- und Raumgefühl für das Leben und die Atmosphäre dörflicher Abgeschiedenheit. Man wird ihm demnächst im Kino sehen können.
"Das Wort Familienbande hat einen Beigeschmack von Wahrheit": Der sarkastische Doppelsinn des Diktums von Karl Kraus trifft in der Rückschau auf viele Spielfilme des Dutzend neuer deutscher Produktionen zu, die auf der Ludwigshafener Parkinsel um den Filmkunstpreis konkurrierten; sei es die Landkommune von "Hartz-IV-Positiven" in Olaf Wehlings Regiedebüt "Futschicato", oder der Möchtegern-"Swingerclub" in Jan Georg Schüttes Improvisationskomödie gleichen Titels über zeitgenössische Beziehungsverwirrungen und Lebenslügen saturierter Enddreißiger.
Das erzählerisch interessanteste Beispiel lieferte Dietrich Brüggemanns erster langer Spielfilm "Neun Szenen". Nach dem Abiball sitzen die Protagonisten am Tresen zusammen. Das Abitur ist geschafft - und nun also hinaus ins Leben! Doch das Leben - so erfahren wir in diesem intelligent erzählten und inszenierten Reigen, in diesen Puzzleteilen, die sich doch zu einer Geschichte zusammenfügen - das Leben entpuppt sich als Kreisverkehr aus Grabenkriegen, strategischen Allianzen, Kollisionen und fragilen Koalitionen zwischen Söhnen, Töchtern, Müttern, Vätern, Großvätern, Ex- und zukünftigen Ehepartnern. Dietrich Brüggemann inszeniert in "Neun Szenen" gekonnt neun Generationenkonflikte einer sich tolerant gebenden Gesellschaft, die dann doch nicht so offen und nett zueinander ist, wie es auf den ersten Blick scheint.
Es wird viel geredet in diesen "Neun Szenen". Die Kamera schaut den Beteiligten dabei ebenso ungerührt wie unbewegt in langen ungeschnittenen Einstellungen zu, bis auf eine brillante Echtzeit-Kamerafahrt, die alle Protagonisten noch einmal rückblickend passieren lässt. Selten hat man in einem deutschen Film so intelligenten und witzig pointierten Dialogen zugehört und zugesehen.
Gemeinsam mit seiner Schwester Anna, die auch als Darstellerin mitwirkt, schrieb Dietrich Brüggemann auch das Drehbuch zu diesem bemerkenswerten Regieerstling. Mit nahezu Robert Altmann’scher Souveränität navigiert er sein Dutzend Protagonisten in immer neuen Konstellationen durch den Film. "Short Cuts" in Berlin: ein gelungenes Familien-Unternehmen, das zu Recht in Ludwigshafen mit dem Publikumspreis des Festivals ausgezeichnet wurde.