Beim Sturm auf das Kapitol am 6. Januar habe es sich ganz klar um inländischen Terrorismus gehandelt, so die Einschätzung des Direktors der Bundespolizei, Chris Wray. Gleichzeitig verteidigte er den Umgang des FBI mit Information, die auf mögliche Gewalt an dem Tag hindeuteten. Das FBI habe einen Bericht mit unverifizierten Informationen erhalten und sofort an andere Behörden weitergeleitet.
Der ehemalige Chef der Polizei des Kapitols hatte vor einer Woche gesagt, ihm habe dieser Report nicht vorgelegen. FBI-Chef Wray erklärte dagegen, er habe den Bericht zwar erst nach den Krawallen gesehen, aber das Dokument sei ordnungsgemäß übermittelt worden.
"Keinerlei Belege für Gewalt von Anarchisten oder Antifa-Aktivisten"
Offensichtlich schieben sich die Sicherheitsbehörden gegenseitig den schwarzen Peter dafür zu, dass keine ausreichenden Vorkehrungen getroffen wurden.
Und immer wieder verbreiten Trump-Unterstützer wie der republikanische Senator Ron Johnson die Verschwörungstheorie, unter den Angreifern hätten sich viele linksextreme Provokateure befunden. Dafür gebe es keine Hinweise, so der FBI-Direktor: "Wir haben bis heute keinerlei Belege für Gewalt von Anarchisten oder Antifa-Aktivisten. Das heißt nicht, dass wir das nicht untersuchen, aber wir haben dafür bislang keinerlei Belege."
Da der Vorwurf, es habe sich zumindest bei einigen Gewalttätern um Linksextremisten gehandelt, immer wieder von republikanischen Politikern erhoben wird, stellte Wray klar, die Ermittlungen des FBI gingen in alle Richtungen.
"Wir untersuchen zunächst Gewalttaten und die Verletzung von Bundesrecht. Die Ideologie der Täter kommt ins Bild, wenn wir den Fall ausermitteln. Wie Justizminister Garland gesagt hat, wir ermitteln, egal, ob es links, rechts oder anders motiviert ist. Wenn eine Ideologie Gewalt rechtfertigt, dann ermitteln wir gegen sie."
Rechtsextreme Gruppe "Proud Boys" im Fokus
Klar ist bislang, dass Rechtsextremisten wie die sogenannten "Proud Boys" an den Gewaltexzessen teilgenommen haben. Der Anführer dieser Gruppe, Enrique Tarrio, war bei den Krawallen nicht anwesend. Einen Tag danach twitterte er ein Bild von Kongressabgeordneten, die nach Deckung suchten. Dazu der Text: "Wenn das Volk die Regierung fürchte, herrsche Tyrannei, wenn die Volksvertreter das Volk fürchteten, herrsche Freiheit".
Tarrio behauptet jetzt, er lehne die Gewalt am und im Kapitol ab. Aber: Auch in einem Interview mit einer CNN-Reporterin äußert er unverhohlene Sympathie für die Gewalttäter: "Ich vergieße keine Träne über Leute, die sich keinen Deut um ihre Wähler scheren. Ich feiere den Moment, in dem die Regierung das Volk fürchtet. Ich bereue nichts, was ich gesagt habe. Und ich mache mir keinerlei Sorgen um Leute, deren einziges Anliegen ist, wiedergewählt zu werden."
Tarrio hat enge Kontakte zum Trump-Vertrauten Roger Stone. Er hat mehrfach für diesen Inhalte im Internet gepostet. Stone war im Zusammenhang mit den Russland-Ermittlungen des Sonderermittlers Robert Mueller wegen Falschaussage und Behinderung der Justiz zu 40 Monaten Haft verurteilt worden. Kurz bevor Stone seine Gefängnisstrafe antreten musste, wurde er von Trump begnadigt.
Viele offene Fragen
Es gibt immer noch keine zufriedenstellende Antwort darauf, warum mehrere Sicherheitsbehörden so schlecht auf die gewaltsame Erstürmung des Kongressgebäudes vorbereitet waren. Rechtsextreme Aktivitäten haben in den vergangenen Jahren in den USA deutlich zugenommen.
Die ehemalige FBI-Agentin und jetzige juristische Expertin des Nachrichtensenders CNN, Asha Rangappa dazu: "Es gab keine Erklärungen dafür, warum die Sicherheitsbehörden so schlecht vorbereitet waren. Denn das kam nicht aus heiterem Himmel. Das FBI hat vor dem 6. Januar Menschen überall im Land aufgefordert, nicht nach Washington zu reisen, weil man besorgt war, sie könnten Gewalttaten ausüben."
Viele Fragen bleiben offen: War die schlechte Vorbereitung auf die Gewalt auf Inkompetenz zurückzuführen, gab es Reibungsverluste zwischen den Sicherheitsdiensten, gab es politischen Druck aus der Trump-Administration? Der Senat wird in den kommenden Wochen und Monaten weitere Zeugen aus den Bundesbehörden und der Trump-Regierung dazu befragen.