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Sturmschäden
"Erst ab Windstärke acht ein Versicherungsfall"

Abgedeckte Dächer, umgeknickte Bäume, eingestürzte Gartenhäuser: Schäden durch den starken Sturm, der über Deutschland gezogen ist, zahlt die Versicherung. Allerdings muss der Versicherte nachweisen, dass mindestens Windstärke acht vorlag, erklärt Michael Bruns von der Stiftung Warentest. Und er muss schnell handeln.

Michael Bruns im Gespräch mit Ursula Mense |
    Ein Feuerwehrmann läuft am 31.03.2015 in Weilheim (Bayern) an einem stark beschädigtem Auto vorbei
    Wie hier im bayerischen Weilheim hat Sturmtief "Niklas" Schäden angerichtet. (picture alliance / dpa / Peter Kneffel)
    Ursula Mense: Einer der stärksten Stürme zieht zurzeit über Deutschland hinweg. Der Wetterdienst gab Unwetterwarnungen für große Teile Deutschlands heraus, denn der Sturm hat bereits Bäume entwurzelt und schwere Schäden verursacht. Die Versicherungen stellen sich schon darauf ein, dass sie zahlen müssen. Fragt sich allerdings, wofür und in welchen Fällen Versicherte, sprich die meisten Verbraucher Ansprüche haben. Darüber habe ich kurz vor der Sendung mit Michael Bruns von der Stiftung Warentest gesprochen und ihn zunächst gefragt, ab wann Versicherungen bei Sturmschäden überhaupt zahlen.
    Michael Bruns: Auch wenn es noch so sehr weht und sich die Äste biegen, für die Versicherer ist ein Sturm erst ab Windstärke acht wirklich ein Sturm, ein Versicherungsfall. Das muss der Kunde nachweisen. In der Praxis ist das aber sehr einfach. Möglich ist, dass zum Beispiel in der Nachbarschaft ähnliche Schäden entstanden sind, oder man ruft einfach bei der Hotline des Deutschen Wetterdienstes an. Die findet man im Internet. Die können einem dann bestätigen, dass in der Gegend, wo man wohnt, tatsächlich mindestens Windstärke acht war.
    Gebäudeversicherung
    Mense: Reden wir zunächst mal über das Haus, und da würde ja wohl in erster Linie die Gebäudeversicherung in Anspruch genommen werden können. Was ist denn dadurch alles versichert?
    Bruns: Die größten Schäden entstehen am Gebäude. Das sind etwa 70 Prozent der Schadenssumme nach Stürmen, die auf die Versicherer zukommen. Das sind in erster Linie abgedeckte Dächer, auch wenn Dachziegel runterfallen und das Dach wieder ausgebessert werden muss, oder wenn Bäume umstürzen, wenn Schornsteine abgeknickt werden, oder wenn das Gartenhaus Schaden nimmt. Das sind die Hauptprobleme dabei.
    Mense: Und in den Fällen kann man einfach davon ausgehen, dass die Versicherung auch bezahlt?
    Bruns: Wenn es Windstärke acht war, ist die Versicherung bei Schäden am Gebäude tatsächlich dran.
    Hausratversicherung
    Mense: Was ist jetzt mit Dingen, die im Haus kaputt gehen?
    Bruns: Da ist die Hausratversicherung der Ansprechpartner. Im Haus: Das kann zum Beispiel passieren, wenn der Sturm das Dach abgedeckt hat und es reinregnet und dadurch die Möbel oder auch die Fußböden Schaden nehmen, oder wenn der Sturm ein Fenster eingedrückt hat und dadurch zum Beispiel eine Vase oder ein Spiegel dahinter umkippt und es zu Schäden kommt. Was natürlich nicht versichert ist, wenn jemand das Fenster offen stehen lassen hat, denn dass man bei so einem starken Sturm die Fenster schließt, am besten auch noch die Rollläden runterlässt, das versteht sich von selbst.
    Mense: Kommen wir mal zu vielleicht etwas schwierigeren Fällen. Was ist denn, wenn der Baum in meinem Garten auf das Nachbarhaus fällt?
    Haftpflichtversicherung
    Bruns: Das wäre ein Fall für die Haftpflichtversicherung. Grundsätzlich sind Grundstückseigentümer, Baumbesitzer verpflichtet, den Baum regelmäßig zu kontrollieren, am besten zweimal im Jahr, einmal im belaubten und einmal im unbelaubten Zustand. Da ist nicht jeder gleich ein Forstexperte, man ist Laie, das reicht auch. Man darf auch mit laienhaften Augen draufschauen. Aber wenn man zum Beispiel sieht, dass der Baum morsch ist, oder dass Pilzbefall ist, oder dass es Äste gibt, wo das Laub gar nicht mehr grün wird, sondern braun bleibt, dann ist das klar, dass da irgendwo ein Schaden ist, und dann muss der Baum näher untersucht werden. Denn wenn es solche Probleme gibt, dann kann zum Beispiel vor allen Dingen die Standfestigkeit in Gefahr sein und dann wäre man in der Haftung.
    Kaskoversicherung
    Mense: Wie sieht das aus bei Autos? Auch da können Bäume fallen, entweder vorm eigenen Haus, oder auch, wenn man das Auto irgendwo geparkt hat, oder das Auto des Nachbarn zerstört wird. Ist das auch ein Haftpflichtfall?
    Bruns: In dem Fall kann sich der Autobesitzer zunächst mal an seine Kaskoversicherung wenden, wenn er denn eine hat. Die Teilkasko zahlt in dem Fall. Die Teilkasko hat auch den Vorteil, dass man keine Höherstufung bekommt. Man muss dann nicht im nächsten Jahr einen höheren Beitrag zahlen. Das liegt einfach daran, dass die Teilkasko Schäden versichert, für die der Autofahrer gar nichts kann.
    Mense: Vielleicht noch ganz kurz zum Schluss. Wie lange habe ich Ansprüche? Ist es wichtig, schnell zu handeln?
    Bruns: Ganz wichtig ist, dass man schnell der Versicherung Bescheid sagt. Ganz wichtig ist auch, dass man, solange es noch stürmt, den Schaden mindert. Es trifft den Geschädigten eine Schadenminderungspflicht, so nennen das die Versicherer. Man muss dann zum Beispiel das Dach erst mal notdürftig abdecken. Aber man darf nicht die Spuren des Schadens, den Schaden an sich selbst beseitigen, denn der Versicherer schickt ja eventuell einen Sachverständigen, der sich davon überzeugen will, dass tatsächlich ein Schaden vorgelegen hat.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.