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Sturmschäden
"Sie sollten Fotos machen"

Erst kommt der Sturm, dann droht Streit mit der Versicherung. Damit es dazu nicht kommt, rät der Ombudsmann für Versicherungen, Günter Hirsch, den Verbrauchern, Schäden schnell zu melden und sie gut zu dokumentieren. Aufräumarbeiten sollte man umgehend durchführen, damit der Schaden nicht noch größer wird.

Günter Hirsch im Gespräch mit Stefan Römermann |
    Ein Feuerwehrmann läuft am 31.03.2015 in Weilheim (Bayern) an einem stark beschädigtem Auto vorbei
    Wie hier im bayerischen Weilheim hat Sturmtief "Niklas" Schäden angerichtet. (picture alliance / dpa / Peter Kneffel)
    Stefan Römermann: Inzwischen ist es in Deutschland wieder etwas ruhiger geworden. Das Sturmtief Niklas ist in der Nacht abgeflaut. Doch für die Betroffenen geht die Arbeit jetzt erst richtig los, denn die Sturmschäden müssen aufgenommen und der Versicherung gemeldet werden. Dabei gibt es oft Streit, denn nicht selten weigern sich Versicherungen zu bezahlen.
    Darüber möchte ich jetzt sprechen mit Günter Hirsch, er ist Ombudsmann für Versicherungen, eine Art Schlichtungsstelle, die solche Streitfälle kostenlos schlichtet. Herr Hirsch, um welche Punkte gibt es denn bei solchen Sturmschäden besonders oft Streit?
    Günter Hirsch: Das sind im Regelfall zwei Bereiche. Das ist einmal die Frage, ob überhaupt ein Versicherungsfall vorliegt, ob also der Schaden, der eingetreten ist, auf einem Versicherungsfall beruht. Wenn man das bejaht, dann ist der zweite Bereich, bei dem es Streit gibt, häufig die Frage, wie hoch der Schaden ist, wie hoch dann auch die Versicherungsleistung zu sein hat.
    Römermann: Was sind denn typische Fälle von Eigenverschulden, wo Versicherungen sich weigern?
    Hirsch: Versicherer weigern sich - das hängt natürlich auch davon ab, welche Versicherung jetzt genau betroffen ist. Nach Sturmschäden kann es ja eine Deckung durch die Gebäudeversicherung geben, es kann Hausratversicherung sein, wenn das Fahrzeug beschädigt ist, kann es eine Kaskoversicherung sein oder Ähnliches. Das hängt davon ab, die Leistungspflicht, welche Versicherungsart jetzt geltend gemacht wird.
    Ab Windstärke acht liegt erst ein Sturm vor
    Die Versicherer weigern sich zum Teil, weil sie bestreiten, dass überhaupt ein gedecktes Risiko dieser Versicherung sich verwirklicht hat. Nehmen wir mal an, wenn ich jetzt die Sturmlage in den Blick nehme, dann leistet die Versicherung erst ab einer Windstärke acht. Das ist der einfachste Fall. Wenn dann die zuständigen Stellen sagen, das war nur 7,5, dann liegt kein Versicherungsfall vor.
    Römermann: Auch wenn da jetzt ein schwerer Ast durch einen Wind oder wie auch immer auf mein Auto geknallt ist?
    Hirsch: Voraussetzung ist nach den Versicherungsbedingungen, ab Windstärke acht liegt erst ein Sturm vor. Vorher ist qua Definitionen kein Sturm gegeben.
    Römermann: Aber das hatten wir jetzt in dem Fall dann doch gehabt?
    Hirsch: Ja, das ist klar. - Dann geht es in der Sache häufiger darum, ob der Schaden, der gegeben ist, unmittelbar zurückzuführen ist auf den Sturm. Ich darf mal ein Beispiel nehmen: Wenn der Sturm ein Fenster zerstört, dann ist das natürlich ein Sturmschaden. Wenn durch das Fenster jetzt Wasser in die Wohnung kommt und den Teppich oder das Parkett beschädigt, und dieses Wasser dringt in die Wohnung, weil das Fenster beschädigt ist, dann ist auch der Wasserschaden gedeckt von der Versicherung.
    Wenn dagegen der Sturm nur ein offenes Fenster noch weiter öffnet und der Wasserschaden dadurch entsteht, das Fenster also nicht beschädigt wurde, dann liegt kein Schaden vor, der von dieser Versicherungsart gedeckt ist. Das wäre so ein typischer Streitfall: Wurde das Fenster beschädigt und es drang dann Wasser ein - oder stand das Fenster offen und drang dadurch Wasser ein.
    Schadensminderung ist Pflicht
    Römermann: Worauf sollte ich denn achten, wenn ich jetzt meinen Versicherungsschaden aufnehme? Gibt es da auch typische Fehler, die man als Verbraucher machen kann und die man tunlichst vermeiden sollte?
    Hirsch: Wenn Sie einen Schaden haben, dann sollten Sie den in der Tat sehr schnell melden, gegebenenfalls auch telefonisch. Sie sollten Fotos machen. Sie sollten aber auch sehr schnell Schadensminderungsaktivitäten sozusagen entwickeln.
    Römermann: Was heißt das?
    Hirsch: Wenn etwa der Keller überflutet ist, dann können Sie, ohne das Plazet der Versicherung zu haben, mit der Trocknung beginnen. Sie sollen sofort dann das, was dort liegt auf dem Boden des Kellers, wegräumen, denn wenn Sie das nicht tun, dann verletzen Sie eine Obliegenheit der Schadensminderung und dann kann sich später der Versicherer darauf berufen.
    Römermann: Günter Hirsch, Ombudsmann für Versicherung, ich sage ganz vielen Dank für das Gespräch.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.