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"Stuttgart ist im Moment einer der besten Bahnhöfe"

Walter Sittler, Schauspieler und bekanntestes Gesicht der Stuttgart-21-Gegner, glaubt, dass die Simulation des Stresstests auf ein bestimmtes Ergebnis ausgerichtet wurde und zwar auf das "was man haben wollte". Die Kosten, so Sittler, werden zudem "aus dem Ruder laufen".

    Jasper Barenberg: Alles wie gehabt im Streit um Stuttgart 21! Der verabredete Leistungstest für den Tiefbahnhof liegt auf dem Tisch, und doch vermag das Ergebnis den Streit nicht beizulegen, ganz im Gegenteil. Die Gräben zwischen Befürwortern und Gegnern scheinen tiefer als je zuvor.
    Und am Telefon begrüße ich Walter Sittler, den Schauspieler und Gegner von Stuttgart 21, der die Veranstaltung heute in Stuttgart verfolgt. Schönen guten Tag, Herr Sittler!

    Walter Sittler: Guten Tag!

    Barenberg: Herr Sittler, wir werden den Bahnhof nicht akzeptieren, ganz egal, was bei diesem Stresstest nun herauskommt, das hat unser Korrespondent gerade als roten Faden der Gegner des Aktionsbündnisses charakterisiert. Ist das auch Ihre Position?

    Sittler: Das vereinfacht es natürlich vollständig, weil die Voraussetzung dieses Stresstests waren ja nicht transparent. Wenn man den Stresstest anschaut und das liest - das habe ich als Laie, als gut informierter Laie auch getan -, sind so viele Unwägbarkeiten drin, die auch benannt werden, dass man den Bahnhof in dieser Form gar nicht akzeptieren kann. Es ist also nicht so, dass wir sagen, egal, egal, wir sind der Meinung, dass. So ist das nicht. Aus der Menge an Informationen und Fakten, vor allen Dingen aus den Fakten, die wir haben, die real existieren, lehnen wir den Bahnhof in dieser Form ab. Und das konnte heute Vormittag von den Beteiligten, die für Stuttgart 21 gesprochen haben, auch in keiner Weise widerlegt werden, obwohl sie wahnsinnig viel gearbeitet haben, daran zweifelt ja keiner.

    Barenberg: Nun ist es ja so gewesen, Herr Sittler, dass Gegner und Befürworter sich in der Schlichtung, die von Heiner Geißler vermittelt und moderiert wurde, auf genau diesen Versuchsaufbau, sagen wir mal, dieses Leistungstests geeinigt haben. Wieso ist jetzt wieder Streit darüber?

    Sittler: Weil ... Moment, ich muss jetzt kurz zur Seite gehen, da ist ein Mädchen verlorengegangen ... Das ist deshalb, weil es war vereinbart, dass das Aktionsbündnis bei der Erstellung der Prämissen für diesen Stresstest beteiligt wird. Was aber tatsächlich passiert, ist, dass sie nicht beteiligt wurden, dass die Simulation auf ein Ergebnis ausgerichtet wurde, was man gerne haben wollte, und nicht auf das, was möglich ist und das, was sinnvoll wäre. Man musste also 49 Züge in dieser Simulation unterbringen und hat das in einer Qualität untergebracht, die kein einziger Bahnhof der Welt sinnvoll erreicht. Es gibt keinen einzigen Durchgangsbahnhof in der Welt, der sechs Züge in der Stunde abfertigen kann in einer guten Qualität. Die Bahnhöfe in Deutschland, die vergleichbar sind - Köln und Hamburg - sind von der Betriebsqualität her die schlechtesten Bahnhöfe, die wir haben, Stuttgart ist im Moment einer der besten Bahnhöfe, die wir haben. Und da stellt sich die Frage, warum reißt man einen der besten Bahnhöfe ab und baut einen, von dem man jetzt schon weiß - wenn man mal die Realitäten anschaut, nicht nur das Computerprogramm -, von dem man jetzt schon weiß, dass die Betriebsqualität die von Hamburg oder Köln sogar noch unterschreiten wird?

    Barenberg: Herr Sittler, wie wollen Sie den Eindruck vermeiden, dass Sie nach diesem großen Verfahren, nach der großen Beteiligung der Schlichtung jetzt am Ende als die schlechten Verlierer dastehen?

    Sittler: Wissen Sie, es ist ja kein Fußballspiel, wo man sagt, es ist halt ein Verlierer und der kann nicht verlieren oder kann beim nächsten Mal wieder gewinnen. So geht das nicht, es geht um eine ganze Stadt, es geht um unglaubliche Beträge, es geht um die Lebensqualität in der ganzen Stadt, es ist von der Bahn ... Wenn man mal die Kosten anschaut, es gibt kein einziges Großprojekt in den letzten 15 Jahren, was die Kosten eingehalten hat, sie haben die Kosten künstlich runtergerechnet, damit es überhaupt noch politisch durchsetzbar ist. Das wird auf keinen Fall so bleiben, auch in dem Audit. Das ist nämlich kein Gutachten, das ist nur ein Audit, das darf man nicht vergessen, es ist nicht ein Gutachten, was sagt, dieser Bahnhof ist toll, baut den. Es sagt nur, die Voraussetzungen, die ihr genommen habt, damit geht es, wenn man folgende Verbesserungen vornimmt. Die Kosten werden dermaßen aus dem Ruder laufen, das sagt der Bundesrechnungshof, nicht wir. Wir sagen das auch, aber erst, nachdem die das machen. Und dadurch sind die Voraussetzungen für einen ordentlichen Ablauf, der ehrlich und offen mit den Bürgern diskutiert wird und akzeptiert werden soll, sind einfach nicht gegeben. Und das ist eins der großen Probleme, das war von Anfang an so, und dieses Projekt krankt von Anfang an daran, dass die Öffentlichkeit, auch der Bundestag, auch die Landesregierung Baden-Württemberg, um das freundlich zu formulieren, immer wieder hinters Licht geführt worden sind, um eine Zustimmung zu erreichen, damit man das Ding bauen kann.

    Barenberg: Unter welchen Voraussetzungen könnten Sie denn einem Bau zustimmen?

    Sittler: Also, wenn man das anschaut, was die Architekten und die Ingenieure sagen, ist es überhaupt nicht möglich, im Stuttgarter Untergrund, wie er jetzt ist, und auf den baulichen Gegebenheiten, wie sie beim Hauptbahnhof sind, einen Tiefbahnhof mit genügend Durchgangsgleisen zu bauen, der die Qualität hat, die eine Region wie Stuttgart, eine Wirtschaftsregion wie Stuttgart braucht, haben kann. Man kann nämlich - und da stimmt auch die Bahn zu -, man kann einen integralen Taktfahrplan in Stuttgart mit dem Tiefbahnhof nicht fahren. Die ganze Republik soll einen bekommen, weil es für die Bequemlichkeit und für die Netzgeschwindigkeit das Beste ist, was es gibt, es ist in vielen Untersuchungen bewiesen, in der Realität auch. Stuttgart wird, was den Taktfahrplan angeht, ein schwarzes Loch, und zwar nicht für kurz, sondern für immer. Da fragt man sich, warum sollen fünf Millionen Leute, warum sollen die keinen Taktfahrplan bekommen?

    Barenberg: Walter Sittler, der Schauspieler und Gegner des Projekts Stuttgart 21. Herr Sittler, danke Ihnen für das Gespräch!

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