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Stuttgart
Vorbereitungen auf die jüdischen Kulturwochen

Anfang November beginnen in Stuttgart zum sechzehnten Mal die Jüdischen Kulturwochen. Als Reaktion auf den Anschlag in Halle stellt die Landesregierung mehr Geld für Sicherheit bereit. Auch die Israelitische Religionsgemeinschaft trifft ihre Vorkehrungen.

Von Uschi Götz |
Baden-Württemberg, Stuttgart: Ein Zaun steht vor der Synagoge der Israelitischen Religionsgemeinschaft, auf deren Wand die ersten Worte der zehn Gebote in hebräisch geschrieben sind.
Jüdische Gemeinde in Stuttgart (picture alliance /dpa / Sebastian Gollnow)
Vor der Tür steht ein Polizeiauto, den Eingangsbereich kontrollieren Sicherheitsbeamte. Nach dem Anschlag in Halle wurden die Sicherheitsvorkehrungen auch an der Synagoge in Stuttgart und dem angrenzenden Gemeindezentrum der Israelitischen Religionsgemeinschaft Württembergs verschärft.
"Ich würde sagen, eine erhöhte Wachsamkeit war schon in den vergangenen Monaten, eigentlich kann man sagen, in den letzten Jahren. Denn es war ja in Europa nach mehrfachen Anschlägen, vor allem in Frankreich, aber auch in anderen Ländern. Das heißt, man war nicht völlig überrascht über den Vorfall in Halle. Allerdings ist die Besorgnis jetzt noch einmal gestiegen. Auf der anderen Seite erlebe ich eine gewisse Gelassenheit und auch Zuversicht und Mut und ich glaube, das ist auch wichtig gerade in solchen Zeiten."
Barbara Traub, Honorarprofessorin an der Evangelischen Hochschule Ludwigsburg, ist Vorstandssprecherin der Israelitischen Religionsgemeinschaft Württembergs. Mit einem Team bereitet sie zurzeit die Jüdischen Kulturwochen vor, die in diesem Jahr vom 4. bis zum 17. November in Stuttgart stattfinden. Das diesjährige Motto: "1919- 2019: In Verantwortung für die Gesellschaft". Dabei geht es um die Entstehung der Weimarer Republik vor 100 Jahren:
"Damals wurde die junge Demokratie gegründet und Jüdinnen und Juden haben sich sehr engagiert in der Demokratie eingebracht, auf vielen Ebenen der Gesellschaft: Kultur, Politik. Und wurden sehr bitter enttäuscht in dem einige Jahre später der Antisemitismus immer stärker auftrat, der dann in den Holocaust geführt hat, in die Shoa."
Solidarität der Zivilgesellschaft
Diese Erinnerungen kämen natürlich wieder, wenn man den zunehmenden Antisemitismus erlebe. Doch man gehe nach draußen, dafür dienten auch die Kulturwochen in Stuttgart, die in diesem Jahr zum sechzehnten Mal stattfinden. Barbara Traub ist auch Mitglied im Zentralrat der Juden und betont, es sei jetzt wichtig den Dialog miteinander zu intensivieren:
"Es war auch für mich sehr berührend, die Solidaritätsveranstaltung am vergangenen Sonntag, wo Politiker, Vertreterinnen und Vertreter von Kirchen, Vertreter von gesellschaftlichen Institutionen aufgetreten sind und gesagt haben: ‚Hier bei uns in Stuttgart darf das nicht passieren.‘ Gerade weil es eben Bürgerinnen und Bürger waren, die da spontan gekommen sind, das ist etwas, das einen auch trägt und das einem auch das Vertrauen in die Demokratischen Instrumente der Demokratie nochmal stärkt."
Strobl: "Bereiten uns auf schlimmste Anschlagsszenarien vor"
Zum Schutz jüdischer Einrichtungen stellt die grün-schwarze Landesregierung außerplanmäßig eine Million Euro zur Verfügung. Einen entsprechenden Beschluss hatte der Ministerrat Anfang der Woche als Reaktion auf den Anschlag in Halle gefasst. CDU Innenminister Thomas Strobl: "Das war in den letzten Tagen ein Kraftakt gewesen, aber ich glaube, das ist sehr wichtig, dass wir hier jetzt schnell - nicht reden, sondern handeln."
Strobl wies darauf hin, dass es für alle israelitischen Religionsgemeinschaften im Land bereits seit dem vergangenen Jahr vor Ort Ansprechpartner bei der Polizei gäbe: "Die für alle Fragen zum Thema Sicherheit, den jüdischen und israelitischen Gemeinschaften zur Seite stehen."
Regelmäßig und bereits seit längerer Zeit werde über die Absicherung jüdischer Einrichtungen in Sicherheitskreisen beraten. Denn, so Strobl: "Wir bereiten uns auf schlimmste Anschlagsszenarien vor, von denen wir hoffen, dass sie niemals eintreten."
"Vielfältige Unterstützung der Sicherheitsbehörden"
Bei einer Landtagsdebatte am Mittwoch warfen Redner von Grünen, CDU, SPD und FDP der AfD vor, sich nicht klar genug von Antisemiten und Rechtsextremisten abzugrenzen. Die AfD trage eine Mitverantwortung an dem gesellschaftlichen Klima, in dem antisemitische Attentate wie in Halle möglich sind, so der Tenor. "Wir erleben eine Enthemmung der politischen Debatte" konstatierte Baden-Württembergs grüner Ministerpräsident Winfried Kretschmann:
"Wer Ausgrenzung betreibt und gar Hass sät, wird Gewalt ernten. Und so nehmen auch die antisemitischen Straftaten zu. Das zeigt der Bericht unseres Antisemitismusbeauftragten eindrücklich."
Man fühle sich im Kampf gegen Antisemitismus nicht allein, betonte der Vorsitzende der Israelitischen Religionsgemeinschaft Baden, Rami Suliman, nach der Debatte im Landtag. Es sei zu schaffen, das Sicherheitsgefühl der jüdischen Gemeindemitglieder in Baden und in Württemberg zu verbessern und Antisemitismus anzugehen. Die Vorstandssprecherin der Israelitischen Religionsgemeinschaft Württemberg sagt auch mit Blick auf die kommenden Jüdischen Kulturwochen, man lasse sich nicht einschüchtern. Das Vertrauen in die Sicherheitsbehörden sei groß:
"Also ich glaube schon, dass in Baden-Württemberg die Landesregierung besonders sensibel ist. Aber nicht nur die Landesregierung, sondern natürlich auch die Kirchen und Religionsgemeinschaften mit denen wir im stetigen Austausch sind. Die Sicherheitsbehörden, da erleben wir einfach, dass wir vielfältige Unterstützung erfahren und dafür sind wir auch sehr dankbar."