Jakob Johnson hatte eine ziemlich klare Vorstellung davon, wie seine nahe Zukunft aussehen sollte.
"In Deutschland war mein ursprünglicher Plan, eine Ausbildung als Rettungshelfer zu machen, ja, und irgendwie Medizin zu studieren."
Das war vor knapp einem Jahr. In der Zwischenzeit musste der Stuttgarter umplanen - sitzt nun nicht über Fachbüchern und in Vorlesungen, sondern studiert die Spielzüge der New England Patriots. Denn Johnson ist Profi beim Meister der National Football League - und von seinem Werdegang selbst ein wenig überrascht.
"Ich hätte auf jeden Fall nicht gedacht, dass das Ganze so schnell geht."
Traum von der NFL eigentlich schon abgehakt
Denn Johnson hatte im vergangenen Sommer bereits alle Ambitionen Richtung Profi-Football aufgegeben, als sein Studium an der Universität von Tennessee vorbei war. Das College ist das Sprungbrett in die NFL - doch niemand hatte Interesse am Offensivspieler. So kehrte Johnson nach Deutschland zurück, spielte für seinen Heimatverein Stuttgart Scorpions, in der semiprofessionellen German Football League - und fokussierte sich auf seine berufliche Zukunft.
Dass er nun trotzdem in der NFL auftritt, liegt an einem speziellen Konzept, das die Liga vor zwei Jahren startete. Es nennt sich International Player Pathway Program, kurz IPP - und soll es Ausländern ermöglichen, sich unter NFL-Bedingungen für die Football-Eliteliga zu empfehlen.
"Gerade eben für Jungs, die direkt aus ihren Heimatligen gescoutet werden für dieses Programm, ist es, glaube ich, eine Riesenchance."
Von Stuttgart nach New England
Talentsichter des NFL-Büros in London wurden auf Johnsons Leistungen bei den Scorpions aufmerksam, luden ihn zu einem Probetraining ein. Johnson überzeugte. Es folgte der nächste Schritt, ein dreimonatiges Trainingcamp in Florida, mit der Aussicht auf einen NFL-Vertrag. Auch diese Herausforderung bestand er und unterschrieb im April bei den Patriots.
Und nun schaffte er es als erster Spieler des IPP-Programms in den 53 Profis umfassenden NFL-Kader und gab am Sonntag sogar sein Liga-Debüt. Eine einzigartige Entwicklung, meinte selbst Patriots-Trainer Bill Belichick.
"Wir hatten ihn nicht auf dem Radar. Aber sein College-Trainer in Tennessee sagte mir, dass er ein harter Arbeiter sei, der alles gibt, um besser zu werden. Ich glaube, niemand hätte im Frühjahr gedacht, dass Jakob es in den Kader oder sogar nur die Trainingsgruppe schaffen würde - um ehrlich zu sein."
Patriots-Coach Belichick: "Respekt von allen"
Johnson überzeugte in der Vorbereitung und den Testspielen nicht nur mit seinem Einsatz und seiner physischen Spielweise, sondern begeisterte auch mit Wissbegierde und Lernfleiß. Durch diese Einstellung, betont Belichick, habe sich Johnson den Respekt von allen verdient.
"He’s totally earned everybody’s respect for that."
Vorbild für andere Talente aus Europa
Johnson spielt auf der Position des Fullback. Da sein einziger Konkurrent auf dieser Position mehrere Wochen verletzungsbedingt fehlt, wird der Deutsche weitere Einsätze im Patriots-Trikot bekommen. Und er könnte zu einer Art Posterboy für das IPP-Programm werden:
"Ich hoffe, dass es die anderen Jungs auch noch schaffen und besonders, dass eben dieses International Programm ausgebaut wird."
Den Sichtungslehrgang für Teilnehmer des IPP-Programms 2020 gibt es am 19. Oktober in der Sportschule Hennef.