Sind wir allein im All? Diese Frage treibt die Menschheit schon lange um. Bisher galt der Mars als heißester Kandidat, wenn es um Leben außerhalb der Erde ging. In der aktuellen Ausgabe des Fachblatts Nature Astronomy berichtet ein internationales Team von Beobachtungen in der Gashülle des Planeten Venus. Dort hat man möglicherweise Spuren gefunden, die auf Leben hindeuten.
Was genau haben die Forscher entdeckt?
Man hat mit zwei Radioteleskopen von Hawaii und Chile aus die Venus beobachtet. Mit diesen Instrumenten lassen sich die chemischen Stoffe in der Venusatmosphäre erfassen. Dabei stießen die Forscherinnen und Forscher auf Phosphan. Das ist ein giftiger Stoff, zu dem sich ein Phosphor-Atom und drei Wasserstoff-Atome verbinden. Von dem Gas gibt es auf der Venus zwar nur verschwindend geringe Mengen, die Konzentration beträgt nur zwei Hunderttausendstel Promille. Aber das reicht, um die Fachleute in helle Aufregung zu versetzen. Denn dieser Stoff wird auf der Erde praktisch nur beim Stoffwechsel von Lebewesen hergestellt.
Heißt das, dass auch auf der Venus Mikroben das Phosphan herstellen?
Nein, nicht unbedingt. Dieser Stoff entsteht auch auf natürliche Weise, etwa durch Blitze in den Venuswolken, bei vulkanischer Aktivität oder durch Meteoriteneinschläge. Aber dabei bildet sich, so meinen die Forscherinnen und Forscher, weniger Phosphan als man jetzt beobachtet hat. Sie haben also alle möglichen anderen Quellen ausgeschlossen. Sie selbst finden bisher keine andere Erklärung dafür. Deshalb stellen sie mit ihrer Veröffentlichung nun ihre Daten bereit und bitten andere Forschende, ihnen bei der Suche danach zu helfen, was sie womöglich übersehen haben könnten.
Was spricht gegen Leben auf der Venus?
Die Venus ist zwar die Göttin der Liebe, aber auf dem nach ihr benannten Planeten geht es alles andere als liebevoll zu. Auf der Venusoberfläche ist es fast 500 Grad Celsius heiß. Zwar herrschen in gut 50 Kilometern Höhe in den Venuswolken ganz angenehme Temperaturen, was gut für das Leben wäre. Nur gibt es dort keinerlei Wasserdampf, dafür aber Wolken aus Schwefelsäure. Kurz: Die Venus ist die Hölle am Himmel, da hat es Leben ganz besonders schwer. Daher sorgt dieses Gas, das man dort entdeckt hat, erst einmal für Verwunderung.
Könnte diese Entdeckung einfach ein Messfehler sein?
Möglich, aber sehr unwahrscheinlich. Die Beobachtung stammt von zwei verschiedenen Teleskopen. Vielleicht gibt es andere unbekannte Moleküle, die ähnliche Spuren hinterlassen. Aber es spricht sehr viel für das Phosphan. Zum Ende des Fachartikels heißt es ganz klar: "Selbst wenn sich die Entdeckung des Phosphans bestätigen sollte, wäre dies kein robuster Nachweis von Leben, höchstens für ungewöhnliche und bisher nicht erklärbare chemische Prozesse."
Angenommen, es handelt sich doch um Leben: Wie könnte das auf der Venus entstanden sein?
Die plausibelste Theorie ist, dass sich vor Milliarden Jahren, als die Venus noch nicht so höllische Bedingungen hatte, Mikroben auf der Oberfläche gebildet haben, die dann in die Atmosphäre gewirbelt wurden und dort seit langer Zeit mit den Wolken um die Venus kreisen. Die Mikroben könnten sich auch mit bestimmten Molekülen "panzern", um sich vor der Schwefelsäure zu schützen. Wie sie dann aber leben und Stoffwechsel betreiben können, ist unklar. Aber trotzdem mal angenommen, es gibt auf der Venus wirklich Mikroben: Wenn sich dort Leben bilden und halten könnte, dann müsste es fast überall im Universum vorkommen. Das wäre sensationell.