Nach zehn Jahren wird ZDF-Intendant Thomas Bellut sein Amt im März 2022 niederlegen. Er werde sich nicht mehr um eine dritte Amtszeit bewerben, es sei "Zeit für einen neuen Lebensabschnitt", so Bellut in einer Pressemitteilung des ZDF. Nun läuft die Suche nach einem neuen Intendanten oder einer Intendantin.
Wie das ZDF im Juni mitteilte, wird die Intendantenwahl bei der nächsten regulären Sitzung des ZDF-Fernsehrates am 2. Juli 2021 stattfinden. Laut ZDF-Staatsvertrag wählt dieses Gremium den Intendanten oder die Intendantin für die Dauer von fünf Jahren in geheimer Wahl. Für die Wahl sind mindestens drei Fünftel der Stimmen der gesetzlichen Mitglieder des Fernsehrates erforderlich.
Man wolle die Wahl in einer Präsenzsitzung abhalten, weil der unmittelbare persönliche Eindruck der Kandidatinnen und Kandidaten in einem Vorstellungsgespräch wichtig sei, so ZDF-Fernsehratsvorsitzende Marlehn Thieme gegenüber dem epd-Mediendienst.
Der Sender suche eine Person mit umfassender Erfahrung in der Medienbranche und einer ausgeprägte Werteorientierung, heißt es im Anforderungsprofil des ZDF.
Zwei Personen stehen laut dem Fernsehratsmitglied Leonhard Dobusch bereits zur Wahl: Schon länger im Gespräch für den Posten ist ZDF-Programmdirektor Norbert Himmler.
Ende Mai 2021 wurde außerdem die Kandidatur der Leiterin des ARD-Hauptstadtstudios, Tina Hassel, bekannt. Rechtlich gesehen könnten auch noch in der Sitzung zur Wahl Vorschläge eingereicht werden.
Laut Informationen der "Süddeutschen Zeitung" soll ARD-Journalistin Hassel auf Wunsch des SPD-nahen "roten Freundeskreises" gegen Himmler antreten. Die 57-Jährige sei "so ziemlich das Gegenteil von Himmler, nicht nur, weil sie eine Frau ist", so SZ-Journalistin Claudia Tieschky. Der 50-jährige Himmler soll Favorit des CDU-nahen "schwarzen Freundeskreis" sein.
Man spreche nur inoffiziell vom "roten und schwarzen Freundeskreis", so Dobusch. Ersterer werde vom Verdi-Vorsitzenden und SPD-Mitglied Frank Wernecke angeführt, zweiterer von Franz Josef Jung, CDU-Politiker und ehemaliger Bundesverteidigungsminister.
Mitglieder des ZDF-Fernsehrates könnten sich frei aussuchen, ob sie einem der beiden "Freundeskreise" beitreten wollen oder nicht: "Man bekommt am Anfang eine Einladung aus beiden Freundeskreisen und da, wo man dann hingeht, ist man dann dabei. Die Freundeskreise tagen parallel – man kann also nur zu einem hingehen oder auch zu keinem." Er habe sich zu Beginn für den "roten Freundeskreis" entschieden, so Dobusch. Zwei Drittel der Mitglieder des ZDF-Fernsehrates seien seit seiner neuen Zusammensatzung 2016 nicht von vornherein klar parteipolitisch zuzuordnen.
Mitglieder der "Freundeskreise" würden jedoch nicht automatisch einen bestimmten Kandidaten wählen – anders als in Parlamenten gebe es im Fernsehrat keinen Fraktionszwang.
Doch warum gibt es die Freundeskreise überhaupt? "Wenn es diese Freundeskreise gar nicht gäbe, würde zumindest nach innen noch weniger Transparenz herrschen", so Dobusch, denn dann würden viele Dinge im Geheimen ablaufen. Schon jetzt würden viele Vorabsprachen außerhalb des Freundeskreise getroffen. "Es ist unrealistisch zu glauben, dass in einem Gremium wie dem Fernsehrat, wo 60 Mitglieder Entscheidungen treffen, dass es da nicht zu Vorgesprächen und Absprachen kommt. Das ist normal und üblich."
Er wünsche sich jedoch, dass man als Fernsehrat dazu stehe, dass es so etwas wie Fraktionen gebe, die nicht entlang klassischer parteipolitischer Linien verlaufen müssten. "Es wäre beispielsweise interessant neben einem roten und schwarzen auch einen digitalen Freundeskreis zu haben."