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Sucht im Alter

Sucht im Alter! Niemand weiß genau, wie viele Menschen es wirklich sind, die hier zu Lande in einer Abhängigkeit leben. Alkoholstudien sprechen von einem Anteil zwischen 0,5 und 3,7 Prozent. In Alten- und Pflegeheimen – so eine Hamburger Untersuchung aus den 90er Jahren – liegt die Rate bei sechs Prozent. In geriatrischen Kliniken soll sogar jeder fünfte Patient alkoholabhängig sein – das entspricht einem Anteil von 20 Prozent. Neben Alkohol spielen auch Tabletten eine herausragende Rolle als Suchtmittel – insbesondere ärztlich verordnete Benzodiazepine – Schlafmittel – mit einem hohen Abhängigkeitspotential. Fünf Prozent der alten Menschen jenseits von 60 Jahren nehmen täglich Tabletten: Beruhigungsmittel, Schmerzmittel, Anti-Depressiva.

Michael Engel |
    "Sucht im Alter" – das Problem wird sich in Zukunft wesentlich verschärfen, urteilen die Experten. Bis zum Jahre 2030 steigt in Deutschland der Anteil der über 60jährigen auf bis zu 40 Prozent, verbunden mit einer millionenfachen Vereinsamung: schon heute lebt jeder zweite Rentner als Single allein in seiner Wohnung. Aber auch Alten- und Pflegeheime verschärfen das Problem: Beruhigungstabletten statt Zuwendung sind das Ergebnis eines grassierenden Personalmangels. Die Politik läßt das Thema bisher immer noch links liegen: Suchtpräventionsprogramme konzentrieren sich ausschließlich auf junge Leute – mit Aufklärungskampagnen über die Gefahren des Tabakkonsums, über Heroin und Haschisch. "Sucht im Alter" – nur wenige Wissenschaftler interessieren sich für diese Fragestellung. Noch immer fehlt es an wichtigen wissenschaftlichen Erkenntnissen als Voraussetzung für eine wirksame Prophylaxe. Die Suchtforschung steht vor ganz neuen Herausforderungen.

    Zusätzliche Informationen:

    www.eav.admin.ch/d/n_alt.htm

    http://www.aerztekammer-bw.de (PDF-Datei)

    www.suchthilfe.de/Indikationsliste/alter.PDF (PDF-Datei)