Rund 200 Menschen sind nach UN-Angaben seit Beginn des Krieges im Sudan getötet worden. Etwa 1800 weitere verletzt. Seit dem Wochenende bekämpfen sich die sudanesische Armee und die paramilitärischen „Rapid Support Forces“ (RSF).
Laut Reporter ohne Grenzen gab es Angriffe auf Medienorganisationen und Journalisten. Ausländische Medienschaffende sind kaum vor Ort. Die Berichterstattung für die deutschen öffentlich-rechtlichen Sender kommt vor allem aus der ägyptischen Hauptstadt Kairo, etwa 2000 Kilometer von Khartum, der Hauptstadt des Sudans, entfernt.
"Angemessen zu berichten ist wirklich extrem schwierig und gelingt ganz oft auch nicht", sagt Moritz Behrendt, der für die ARD und auch den Deutschlandfunk aus Kairo über die Anfänge des Kriegs im Sudan berichtet hat.
"Als am Samstag die Gefechte begonnen haben, waren für uns die wichtigsten Quellen arabische Satellitensender, wie Al Jazeera, Sky News Arabia oder Al-Hadath. Die berichten schnell, ausführlich und haben auch eigene Korrespondenten im Land."
Wichtig sei auch der Kontakt zu Menschen im Sudan: internationale Organisationen, politische Analystinnen und Journalisten. "Denn auch, wenn der Sudan auf der Liste der Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen ziemlich weit unten steht, so gibt es doch einige wenige Zeitungen oder Internetportale, die kritisch und zum Teil sogar investigativ berichten", so Behrendt.
Restriktives Vorgehen gegen Medienschaffende
Der Sudan steht auf der Rangliste der Pressefreiheit derzeit auf Platz 151 von 180. Nach dem Sturz des langjährigen Diktators Omar al-Bashir 2019 gab es eine Liberalisierung der Medien, die allerdings durch den Putsch 2021 wieder eingeschränkt wurde.
"Die Demokratiebewegung im Land, die 2019 einen großen Erfolg hatte, sitzt tatsächlich auf dem Rücken einer ziemlich breiten Zivilgesellschaft. Und da gehören auch einige Medien dazu", sagt Moritz Behrendt.
Dennoch gibt es restriktive Gesetze gegen lokale sowie internationale Nachrichtenorganisationen. Auch der Zugang zum Internet und sozialen Medien wird beschränkt. Reporter ohne Grenzen berichtet regelmäßig über Angeriffe gegen Journalistinnen und Journalisten.
Sudanesisches Staatsfernsehen wichtiges Massenmedium
Wie die Nachrichtenagentur Reuters berichtete, hatte das sudanesische Staatsfernsehen "Sudan TV" am Sonntag seinen Sendebetrieb eingestellt, um die Ausstrahlung von Propaganda durch die „Rapid Support Forces“ zu verhindern. Die paramilitärische Gruppe soll kurz zuvor in das Hauptgebäude des staatlichen Rundfunks eingedrungen sein und es unter ihre Kontrolle gebracht haben. Die Armee hatte das bestritten.
Am Montag sendete "Sudan TV" laut Medienberichten wieder. Auf einem Banner war dort zu lesen: "Den Streitkräften ist es gelungen, die Kontrolle über den nationalen Sender wiederzuerlangen, nachdem die Milizen wiederholt versucht hatten, seine Infrastruktur zu zerstören."
"Der staatliche Rundfunk ist natürlich das zentrale Massenmedium im Land, um die Bevölkerung im Sudan selbst zu erreichen", so der Journalist Moritz Behrendt.
"Beide Seiten behaupten, sich für das Volk einzusetzen und die andere Seite natürlich gegen das Volk kämpft. Um dieses Narrativ auch an den Mann und an die Frau zu bringen, dafür ist das Staatsfernsehen viel wichtiger als einige Zeitungen, die kritisch und differenziert berichten, aber dann doch eine überschaubare Leserschaft haben."
Ist es ein "Krieg", "Kämpfe" oder "Bürgerkrieg"?
In vielen Medien ist von "Kämpfen" oder einem "Machtkampf" die Rede. Der UN-Sonderbeauftragte Volker Perthes hat im Deutschlandfunk dagegen klar von einem "Krieg" gesprochen.
Für Moritz Behrendt wird der Sachverhalt beim Blick auf die Bilder klar: "Beide Seiten setzen Panzer ein. Die reguläre Armee setzt auch die Luftwaffe ein, um Stützpunkte der 'Rapid Support Forces' zu beschießen. All diese Bilder zeigen aus meiner Sicht: Das ist Krieg und nicht irgendeine Eskalation eines Machtkampfes oder irgendwelche undefinierten Zusammenstöße, wie es manchmal in manchen Medien heißt."
Der "bequeme" Begriff des Bürgerkriegs
Von einem drohenden "Bürgerkrieg" zu sprechen sei dagegen grundfalsch, so Behrendt: "Zehntausende Bürger haben 2019 und auch seit 2021 im Sudan immer wieder gegen Diktatur und Militärherrschaft protestiert - häufig übrigens auch angeführt von Frauen - und manche der Demonstration wurden blutig niedergeschossen. Dennoch haben sie weitergemacht und übrigens auch immer mit den Militärs verhandelt, wie denn ein Übergang zu einer zivilen Regierung aussehen könnte."
Von "Bürgerkrieg" zu besprechen sei zu bequem von Medien, meint Behrendt. Dadurch entstehe der Eindruck, dass "in irgendeinem afrikanischen Land halt wieder Bürgerkrieg" herrsche und diese Bequemlichkeit führe wiederum schnell zu Desinteresse für das, was im Sudan wirklich passiere.