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Südafrika
Erfolge im Kampf gegen HIV

Kein anderes Land ist so stark von der Aids-Epidemie betroffen wie Südafrika. Mehr als sieben Millionen Menschen leben dort mit dem HI-Virus. Dank einer massiver Aufklärungskampagne und kostenloser Kondome gibt es einen Hoffnungsschimmer.

Von Adrian Kriesch |
Ein Mann zeichnet "die rote Schleife" für die Präventionsarbeit gegen HIV/AIDS in Kapstadt in Südafrika, Afrika.
Präventionsarbeit gegen HIV/AIDS, hier in Kapstadt in Südafrika (picture alliance / Imagebroker)
Nompile Mdeletshe ist unterwegs zum Gesundheitszentrum auf ihrem Campus. Studenten können sich hier kostenlos auf HIV testen lassen – und im Wartezimmer wirbt ein Video mit PrEP: einer Vorsorge-Medizin, die vor dem HI-Virus schützt.
Die angehende Elektroingenieurin hat sich längst dafür entschieden. Täglich muss die 20-Jährige nun eine Tablette nehmen, alle zwei Monate zur Untersuchung kommen. Nompile Mdeletshe, Studentin:
"HIV und AIDS verbreitet sich noch immer rasant, gerade bei Jugendlichen. Darum denke ich, dass ich mich so gut schützen kann. Ich bin stolz darauf und denke, jeder sollte das machen. Das ist der einfachste Weg, die HIV-Ausbreitung zu stoppen."
"Die meisten jungen Leute mögen keine Kondome"
Mdeletshe versucht auch immer wieder Kommilitoninnen zu überzeugen, sich mit der Medizin zu schützen – auch wenn sie keinen 100-prozentigen Schutz garantieren kann. Mit ihren Eltern kann sie darüber nicht sprechen – unter Freundinnen sei HIV mittlerweile aber kein Tabu-Thema mehr.
"Ehrlich gesagt: Die meisten jungen Leute mögen keine Kondome. Diese Tabletten schützen uns also, auch wenn wir mal keine Kondome benutzen."
Die Fachhochschule von Mdeletshe ist eine der ersten, die ein HIV-Gesundheitszentrum auf dem Campus anbietet. Es ist Teil eines Projektes von Ärzte ohne Grenzen, das in letzten Jahren große Erfolge erzielte. So wurde in Eshowe das sogenannte 90-90-90 Ziel der Vereinten Nationen ein Jahr früher als geplant erreicht: 90 Prozent der Menschen mit HIV wissen von ihrer Infektion, mehr als 90 Prozent von ihnen nehmen Medikamente – und bei mehr als 90 Prozent davon ist das Virus nicht mehr nachweisbar. Musa Ndlovu von Ärzte ohne Grenzen ist zufrieden:
"Seit dem Projektstart 2011 haben wir wortwörtlich die Kurve gekriegt. Der Erfolg hat viel mit dem Ansatz zu tun, die Gemeinden vom Anfang an einzubeziehen. Vor allem die traditionellen Oberhäupter haben eine wichtige Rolle."
Oberhäupter ermutigen zu Beschneidung von Jungen
Viele traditionelle Oberhäupter ermutigen aktiv die freiwillige Beschneidung von Jungen, die das HIV-Risiko drastisch senkt. Der König der Zulu lädt einmal im Jahr alle neu beschnittenen Jungen zu einem großen Fest ein.
Auch Mbhekeni Mayise unterstützt den Kampf gegen HIV. Er ist ebenfalls ein traditionelles Oberhaupt – groß, kräftig, und noch ziemlich jung. Und: Er steht öffentlich zu seiner HIV-Erkrankung.
"Als ich mich das erste Mal als HIV-positiv geoutet habe, hat das viele Leute geschockt. Sie haben mich angeschaut und gesagt: Man kann HIV haben und trotzdem nicht krank aussehen oder Gewicht verlieren?! Niemand hat etwas geahnt, bis ich es gesagt habe. Und erst dann haben es mir einige geglaubt - und selbst auch einen Test gemacht."
Mayise will so Vorbild sein, vor allem für andere junge Männer. Denn trotz der Erfolge: Gerade sie sind schwierig zu erreichen – und wollen sich häufig nicht testen lassen. Atmo Busbahnhof Direkt am Busbahnhof haben Ärzte ohne Grenzen deshalb ein Test-Zentrum aufgebaut – nur für Männer. Mitarbeiter sprechen wartende Reisende an und versuchen sie zu überzeugen, sich kostenlos testen zu lassen.
Oft ohne Erfolg, gibt Siphamandla Hlophe zu, während er mit einer Handvoll Flyern von Minibus zu Minibus geht. Mehr als jeder zweite infizierte männliche Jugendliche nimmt keine Medikamente.
"Ich glaube, viele haben vorwiegend ungeschützten Sex – und haben deshalb Angst vor dem Testergebnis. Aber wir geben ihnen zumindest Flyer. Manche schauen hoffentlich zu Hause rein und entscheiden sich dann, für einen Test zurückzukommen."
Gerade als er aufgeben wollte, stimmt dann doch noch ein junger Mann zu, sich testen zu lassen. Hlophe führt ihn zum Testzentrum, gleich neben einem CD-Verkaufs-Stand, an dem laute Reggea-Musik aus den Lautsprechern dröhnt.
Der 22-Jährige bekommt erst mal ein Aufklärungsgespräch, dann wird ihm Blut abgenommen – und 20 Minuten später bekommt er das Ergebnis.
"Ich glaube es ist einfach, wichtig seinen Status zu wissen. Habe ich HIV? Kann ich die Krankheit übertragen? Vielen haben aber Angst das zu erfahren oder wissen nicht, wie groß das Problem ist."
Werben für mehr Aufklärung
Krankenpfleger Cebo Ngobese trifft nicht viele Männer, die das so sachlich und entspannt sehen. Denn im Schnitt bekommen sieben von zehn Männern in der Klinik die Diagnose HIV-positiv.
"Die meisten hier sagen vorher: Hey, ich habe wirklich seit Jahren Angst diesen Test zu machen. Aber erst als ich gehört habe, dass ich hier nur von Männern behandelt werde, traue ich mich hierher zu kommen. Manche kommen trotzdem alkoholisiert her, direkt aus der Bar. Sie sehen HIV als so ein großes Problem an, dass sie sich erst mal Mut antrinken müssen. Ich glaube wir müssen noch eine Menge Aufklärungsarbeit leisten."
30 bis 40 Männer testet Krankenpfleger Ngobese jeden Tag. Das hier die Männer hier nur von Männern behandelt werden, habe viele ermutigt, sich testen zu lassen.
"Frauen wissen genau, wo sie hingehen müssen, wenn sie ein Problem haben, das ihr Geschlecht betrifft. Wenn sie beispielsweise Probleme haben Kinder zu kriegen, Fruchtbarkeitsprobleme, gehen sie zum Gynäkologen. Das wissen alle sofort, selbst im abgeschiedenen Dorf. Aber für viele Männer hier ist das nicht so klar. Einige fühlen sich vernachlässigt."
Zurück an der Fachhochschule von Nompile Mdeletshe. Die angehenden Elektroingenieurin ist überzeugt, dass ihr Land auf dem richtigen Weg ist. Sie will ihren Beitrag leisten – und weiter unter Freunden und Kommilitoninnen für mehr Aufklärung werben. Und eines Tages, hofft sie, dass HIV in Südafrika endlich kein Thema mehr sein wird.