Kaum ein Gläubiger passt mehr rein in die Kathedrale von Olinda im Nordosten Brasiliens. Die Menschen feiern einen Dankgottesdienst, nachdem Rom die Seligsprechung von Dom Helder Cámara eingeleitet hat. Dom Helder war über 20 Jahre Erzbischof in Olinda, er wurde bekannt als Bischof der Armen. Die Gläubigen feiern den legendären Priester.
Noch vor einigen Jahren war das anders. Da wurde Dom Helder als roter und kommunistischer Bischof beschimpft, weil er für die Armen eintrat, das Establishment wegen der Ungleichheit in der Gesellschaft angriff. Dom Helder galt als prominenter Vertreter der sogenannten Befreiungstheologie, die Rom lange Zeit kritisch sah. Die Befreiungstheologen prangerten die Gewalt und das Elend in Lateinamerika an und forderten eine radikale Unterstützung der Armen.
"Die Mentalität hat sich gewandelt"
Doch der Wind hat sich gedreht, unter Papst Franziskus hat der Prozess der Seligsprechung Dom Helders Fahrt aufgenommen, und auch die katholische Kirche bewege sich, seitdem ein südamerikanischer Papst ihr vorsteht, meint der Erzbischof von Olinda, Antonio Fernando Saburido.
"Die Mentalität hat sich gewandelt, die Kirche hat sich dem Volk zugewandt, sie ist pastoraler und missionarischer geworden. Und die Menschen wissen inzwischen, dass Franziskus eine Kirche der Begegnung will, die auf die Armen zugeht. Franziskus hat da viel bewegt, und zwar in der ganzen Welt."
Die sozial Schwachen stehen auch mit im Mittelpunkt der Südamerikareise von Papst Franziskus. In den drei Stationen Ecuador, Bolivien und Paraguay besucht er Armenviertel, aus seiner vorab verbreiteten Grußbotschaft wird deutlich, dass sich Franziskus auf dem von sozialer Ungleichheit gebeutelten Kontinent prononciert als "Stimme der Armen" sieht.
"Ich will Zeuge sein der Freude, die das Evangelium vermittelt, und ich möchte allen die Zärtlichkeit Gottes, unseres Vaters näherbringen. Vor allem jenen, die sie am nötigsten haben. Den Älteren unter uns, den Kranken, den Gefangenen, den Armen. All jenen, die die Opfer unserer Wegwerf-Kultur sind."
Katholische Kirche hat durch Franziskus Zulauf
Der Besuch von Papst Franziskus in Südamerika wird mit großer Spannung erwartet. Es ist nach seiner Wahl zum Papst 2013 erst der zweite Besuch von Franziskus auf seinen Heimatkontinent. Fast die Hälfte der Katholiken weltweit leben in Lateinamerika. Noch bis vor Kurzem ging hier die Zahl der Gläubigen allerdings stark zurück. Franziskus hat der katholischen Kirche auf dem Kontinent indes einen mächtigen Schub gegeben. Das sieht auch José Evaldo Gomes so. Der 83-Jährige war ein enger Weggefährte von Dom Helder.
"Die katholische Kirche durchlebt derzeit einen außergewöhnlichen Moment. Ich bin seit 57 Jahren Priester, und ich kann ihnen garantieren, das ist der fruchtbarste Moment der katholischen Kirche, an den ich mir erinnern kann."