Kurkonzert auf der Passerpromenade vor dem Meraner Kurhaus. Heute ist es leider immer seltener zu hören, obwohl das Jahr 2014 in Meran ganz besonders im Zeichen des Kurhauses steht, da es vor 100 Jahren in seiner jetzigen Form eingeweiht wurde.
Es waren im 17.und 18. Jahrhundert bayerische Klöster, die an den Südhängen der Alpen, so auch in der Gegend von Meran, ihre Weingüter hatten. Die Mönche kamen regelmäßig zur Weinlese, und sie waren auch die ersten, die die Traubenkur zum Wohlbefinden erfunden haben. In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurden Kuren in Europa populär. Die wegen ihrer heilenden Quellen bekannt gewordenen böhmischen Kurorte Marienbad, Karlsbad und Franzensbad, die aber nur einen Sommerbetrieb hatten, suchten einen Nachkurort für den Winter. Meran bot sich dafür an: Das südliche Klima konnte man dort auf deutsche Weise genießen - zitiert aus einem zeitgenössischen Fremdenführer die Südtiroler Historikerin Renate Abram.
"Nicht die deutsche Sprache war das Interessante, sondern dass es da Kachelöfen gab in den Zimmern, was weiter im Süden nicht mehr der Fall war, dass es Doppelfenster gab, also im Falle eines Kälteeinbruchs konnten man so leben, wie man es nördlich der Alpen gewohnt war. Und auch die Kost, die Nahrungszubereitung war viel ähnlicher. Und es war dann so beliebt, dass Österreich-Ungarn sagte, es sei der Südbalkon der Donaumonarchie."
Die ersten Kurgäste
Die anfänglichen Kurgäste kamen vor allem aus den Adelshäusern. Die erste wissenschaftliche Schrift über die Eignung von Meran als klimatischem Kurort und über die dort angebotenen Milch-, Molken- und Traubenkuren publizierte der Leibarzt der Fürstin Mathilde von Schwarzenberg. Auch die Herrscherfamilie in Wien hat davon gehört, und als das letztgeborene Kind der Kaiserin Elisabeth, Marie Valerie, sehr schwach auf die Welt kam, empfahlen die Ärzte Meran als besten Erholungsort.
"Was Meran sozusagen die Weihe gegeben hat, war der Besuch der Kaiserin Elisabeth. Die zwei Jahre blieb, wenn man großzügig denkt, denn den Sommer muss man ausklammern, da war sie mit ihrem Mann in Bad Ischl. Sie kam ihres kleinen Kindes, der jüngsten Tochter Marie Valerie wegen. Und da stand dann jeden Tag in der Meraner Zeitung wie es dem Kind geht, und als es dann am Ende der Kur hieß ja, jetzt kann sie zwei, drei Stunden schon wandern, dann war das natürlich ein Erfolg für Meran und man las es in der ganzen Welt in der Presse."
Die Kaiserin liebte ausgedehnte Spaziergänge. Auf dem mittlerweile gut ausgeschilderten Sissiweg kann man heute zwischen herrschaftlichen Villen, alten Parkanlagen und verwunschenen Ansitzen auf ihren Spuren wandeln, sagt Florian Ellmenreich, Direktor des Hotels Adria, in dem die Kaiserin mit ihrer Hofdame zum Tee eingekehrt ist, wie dort vergilbte Fotos beweisen.
"Das Hotel Adria, vormals Hotel Austria, ist eines der ältesten Gästehäuser in Meran. Das Hotel hat eine sehr wechselvolle Geschichte hinter sich. Vor dem Ersten Weltkrieg war das alles K.-und-K.-Monarchie. Das Hotel Adria war, als Kaiserin Elisabeth hier in Meran war, nicht unbedingt die erste Adresse, aber doch sehr beliebt. Nicht umsonst heißt zum Beispiel oder hieß besser gesagt, die Straße, an der das Hotel liegt, Elisabethstraße, der kleine Park, der heute als Parkplatz verwendet wird, war die Elisabeth-Kuranlage."
Der Sissiweg
Der vor einigen Jahren für die Besucher angelegte Sissiweg beginnt am Schloss Trautmannsdorf, dem ehemaligen Feriendomizil der Kaiserin und heutigen Sitz des Landesmuseums Touriseum. Die Verschmelzung der Begriffe Tourismus und Museum im Namen ist Programm: Das Touriseum ist das erste Museum des Alpenraums, das im großem Stil die Geschichte und Gegenwart des Tourismus zum Thema macht, sagt sein Direktor Paul Rösch.
"Wir haben die Aufgabe, Menschen zum Denken anzuregen, Menschen neugierig zu machen. Wenn der Besucher aus dem Touriseum rausgeht und sagt wie interessant, dass der Tourismus nicht nur ein Wirtschaftszweig ist, das Wirtschaftliche nur eine ganz kleine Schnitte des Kuchens ist, was das alles bewegt hat Tourismus in einem Land wie Südtirol. Und das wollen wir eben zeigen."
2003 hat das Touriseum die wunderbar restaurierten Räume von Schloss Trauttmansdorff bezogen. Die Dauerausstellung in den historischen Räumen widmet jedem seiner illustren Bewohner ein leuchtendes Monument. So auch der österreichischen Kaiserin mit bayerischen Wurzeln. Der nach ihr benannte Spazierweg fängt hier an und endet im Stadtzentrum am Kurhaus, das damals allerdings völlig anders aussah.
Das Kurhaus
Nachdem der noch im 19. Jahrhundert gebaute alte Kursaal nicht mehr dem stetig wachsenden Tourismus standhalten konnte, wurde der Bau eines neuen, zeitgemäßen Kurhauses beschlossen. Dem Thronfolger Franz Ferdinand, der mit seiner Frau Meran mehrmals besuchte, schien der Plan des neuen Kursaals jedoch viel zu modern.
"Er war ein Traditionalist. Er wollte in den Alpen nur Tiroler Bauweise. Die Meraner hatten schon den Vertrag unterschrieben und haben angefangen zu bauen, da kam der Brief vom Thronfolger. Und da stand, der Thronfolger wäre bereit, auf eigene Kosten für Meran einen neuen Plan ausarbeiten zu lassen, damit sie ein Kurhaus bekommen, das sich sehen lassen kann. Und das war sehr peinlich, denn wie sollte Meran reagieren? Kann nicht den Thronfolger beleidigen, der ja selber mehrmals da war, und sie haben sich gewunden, bis sie ihm erklären konnten, sie hätten schon so viel Geld ausgegeben und seien vertraglich gebunden", erzählt Renate Abram vom Bau des Meraner Kurhauses.
So wurde der Plan des aus Galizien stammenden Architekten Friedrich Ohmann ausgeführt. Zwar ist es nicht so riesig geworden wie vor 1914 geplant, aber auch so bietet es in seinem Pavillon des Fleurs und großen Kursaal einen stilvollen und technisch sehr gut ausgestatteten Rahmen für Veranstaltungen von internationalem Flair.
Moderne und elegante Hotels
Zur selben Zeit, als das neue Kurhaus gebaut wurde, entstanden moderne und elegante Hotels.
"Das Hotel war der Palast für den Bürger, wenn er kam. Er wollte wie der Adel leben und versuchte manchmal die Ansprüche des Adels zu übertreffen in seinen Anforderungen. Und dieses Großbürgertum, das im Laufe des 19. Jahrhunderts durch die industrielle Revolution zu Geld und Ansehen gekommen war, das traf sich hier."
Auch das Hotel Adria, in dem die Kaiserin Sissi mit ihrer Hofdame zum Tee eingekehrt war, hat sich seit seiner Gründung vor fast 130 Jahren immer wieder verschönernden Erneuerungen unterzogen um den steigenden Ansprüchen seiner Gäste gerecht zu werden. An der Fassade durfte allerdings nichts verändert werden, weil das Gebäude unter Denkmalschutz steht, berichtet Florian Ellmenreich:
"Das Hotel, als Gebäude hat eine sehr interessante architektonische Geschichte: Es hat begonnen mit einer Etagendusche und einer Etagentoilette, das Ganze ist dann peu à peu ausgebaut worden, in den beiden Weltkriegen war das Hotel Lazarett, weil ganz Meran große Hotelkapazitäten hatte, und die wurden während der Kriegsjahre beschlagnahmt und als Lazarette verwendet. Heute ist das Publikum sehr international geworden: ungefähr gleichviel deutsche wie italienische Gäste, aber auch Gäste aus England."
Das Haus gehört einer renommierten Meraner Hoteliersfamilie, deren Doyen Zenzi Glatt gerade ihren 100. Geburtstag feiert, ebenso wie das Kurhaus an der Promenade und der Mahagoniaufzug im Hotel Adria. Zenzi Glatt fing als Serviererin in einem eleganten Hotel an, später heiratete sie einen Metzger in Meran, und als das Geschäft nach dem Zweiten Weltkrieg immer besser ging, haben sie ihr erspartes Geld in den Kauf eines Hotels mit dem Namen "Mignon" gesteckt.
Dieses mittlerweile Fünfsternehaus führt schon lange ihre Tochter. Als auch ihre Enkelin ähnliche Ambitionen zeigte, wurde für sie das "Adria" gekauft. Zenzi Glatt widmet sich seit Jahren ihrer Passion, der Malerei. Ihrem Wesen entsprechend haben ihre Werke - mal völlig abstrakt mal mit leichten Anklängen an eine bunte Natur - eine positive Strahlkraft und Energie. Anderen zu helfen ist für Zenzi Glatt Lebenselixier. Ein Zeichen ihres sozialen Engagements ist es, dass der Erlös aus Verkäufen ihrer Werke immer wohltätigen Zwecken diente.
"Ich nehme nie ein Pfennig Geld, ich habe noch nie ein Bild gekauft, immer nur Spenden. Ich habe eine Schule und eine kleine Kapelle in Afrika, wir haben in Tschernobyl ein Krankenhaus mit Betten und Decken versorgt, Peter-Pan, das haben wir sogar hier gegründet, jetzt haben wir Licht ins Dunkle, für die Alten, da habe ich voriges Jahr eine große Ausstellung gehabt, und jetzt habe ich einen großen Termin, am 17. Dezember im schönen Museum in Bozen und da kriege ich einen Raum und da hängen einen Monat meine Bilder."