Eine typisch italienische Bar im Don Bosco-Viertel von Bozen. In einer Ecke die Spielautomaten, in der anderen der Fernseher. Die wenigen runden Tische mit Papierdecken sind nicht besetzt, man steht lieber am "Banco", dem großen Tresen, trinkt seinen Café im Stehen. So wie Maria Theresa, deren Eltern aus Kalabrien nach Südtirol kamen und nach der Pensionierung wieder dorthin zurückgekehrt sind. Maria Theresa hat 22 Jahre lang der Liebe wegen in der Nähe von Reggio Calabria gelebt. Nach der Scheidung ist sie wieder in ihre Geburtsstadt gezogen. Warum? Ein Schulterzucken.
"Hier gibt es Arbeit, Sauberkeit und Ordnung."
Dieser Beitrag gehört zur fünfteiligen Reportagereihe Wind von rechts in Südtirol.
Die Arbeitslosigkeit bewegt sich in Südtirol seit Jahren um die drei Prozent-Marke. Kein Vergleich zum Rest Italiens. Maria Theresa rät ihren arbeitssuchenden Verwandten in Süditalien daher auch, nach Südtirol zu kommen, Arbeit gebe es hier genug. Der Einwand sei dann meist, sie könnten kein Deutsch, doch den wischt die 56-jährige Schneiderin beiseite.
"Ich selbst spreche nur wenig Deutsch, fast gar kein Deutsch, aber man kommt hier auch ohne Deutsch zurecht. Allerdings haben viele deutschsprachigen Einwohner Mühe mit dem Italienischen und das macht mich manchmal wütend. Ich meine, wenn ich Deutsch lernen will, dann kann ich das tun, aber ich will nicht dazu gezwungen werden."
Die Lega in Südtirol ist anders
Bei der Landtagswahl 2018 hat Maria Theresa für die Lega gestimmt. Das hätten ihre Verwandten im Süden nicht verstanden, aber die Lega in Südtirol sei eine andere als die Lega auf nationaler Ebene, ist Maria Theresa überzeugt. Und Massimo Bessone, einer der vier Kandidatinnen und Kandidaten der Lega, die den Einzug in den Landtag schafften, bestätigt das.
"Wenn wir hier in Südtirol ja sagen würden zur Sezession, dann wären die Italiener, die hier leben und die ich vertrete, nicht sehr glücklich. Sie fühlen sich sowieso schon unerwünscht und an den Rand gedrängt und wenn sie dann auch noch den Schutz aus Rom verlieren würden, dann hätten sie das Gefühl, von hier weggehen zu müssen."
Das Autonomiestatut Südtirols stellt der vor einem Jahr gewählte Landrat nicht in Frage: "Mehr Autonomie ist mir auch recht. Wenn man Kompetenzen vor Ort lässt und dezentralisiert, kann man viel besser arbeiten. Aber dabei darf keine Sprachgruppe zurückbleiben. Mit einem italienischen Nachnamen kommst du nicht so leicht an die Spitze eines Unternehmens hier in Südtirol oder machst Karriere. Da musst du schon besonders gut sein. Ein italienischer Nachname ist immer noch eine Behinderung, das muss man auch klar sagen."
Wut richtet sich gegen die Zuwanderer
Massimo Bessone, der mit einer deutschsprachigen Lehrerin verheiratet ist, hat seinen Sohn ermuntert, sich bei der Sprachgruppenzugehörigkeitserklärung für Deutsch zu entscheiden, der besseren Chancen auf dem Arbeitsmarkt wegen. Doch die Wut der italienischsprachigen Bevölkerung Südtirols richtet sich oftmals gar nicht gegen die deutsche Sprachgruppe, sondern gegen die Zuwanderer aus Südamerika, Asien und Afrika. Und beim Thema Zuwanderung ist die Lega in ihrem Element.
"Wenn Du massenweise Leute aufnimmst, ihnen aber keine Arbeit gibst, keine Zukunft, dann werden sie kriminell. In den Städten ist das Problem der Zuwanderung stärker zu spüren, als auf dem Land." Und in den Städten Bozen, Meran und Brixen lebt die große Mehrheit der italienischsprachigen Bevölkerung Südtirols. "Aber das verstehen auch immer mehr deutschsprachige Südtiroler und auch die SVP, die das Thema vorher vernachlässigt hat."
So hat die Lega mit dem Thema auch innerhalb der deutschen Sprachgruppe punkten können. "Man hat ja keine Ruhe mehr vor diesen Ausländern." Sagt beispielsweise dieser Mann um die 50, der nahe dem historischen Zentrum von Bozen wohnt.
"Die Kriminalität, was die gebracht haben, nicht nur in der Stadt hier, sondern auch in den Tälern. Schlägereien noch und nöcher. Und natürlich die Kinder von den Ausländern, wenn die zwei Gläser Bier trinken, dann spinnen sie schon. Und dann fangen sie Schlägereien mit unseren Jugendlichen an, alle Freitag, Samstag ist das gewaltig hier."
Annäherung von Lega und SVP
Hat sich die SVP vielleicht auch deshalb für die Lega als Regierungspartner entschieden, weil sie so einen schärferen Kurs beim Thema Zuwanderung rechtfertigen kann? Fakt ist, dass die SVP sich noch nie so weit nach rechts bewegt hat wie 2018. Massimo Bessone hält SVP und Lega für politisch gar nicht so weit auseinander.
"Die Lega ist politisch der SVP sehr nah. Die SVP ist konservativ und die Lega auch. Deshalb sind wir der ideale Partner. Wenn wir es schaffen, nicht untereinander zu streiten und langsam unsere Themen einzubringen, dann können wir ein dauerhafter Partner der SVP werden." Er gibt aber auch zu, dass machtstrategische Aspekte eine Rolle gespielt haben. Zum Zeitpunkt der Regierungsbildung hier in Südtirol war glücklicherweise die Lega an der Regierung in Rom und für die SVP war es von Nutzen, einen Partner zu haben, der auch in Rom über Minister und politische Schwergewichte verfügt. Auch deshalb sind wir ausgewählt worden."