Karin Fischer: Der Appell nennt sich "Eigentum verpflichtet!" und ist ein Appell an die Vernunft. An die Vernunft beider Seiten im Suhrkamp-Streit, die Existenz des "wichtigsten Forums für kritische Geistes- und Sozialwissenschaft in Deutschland" nicht aufs Spiel zu setzen, das "einzigartige Gebilde" Suhrkamp und sein kulturelles Vermächtnis nicht den Risiken eines fortgesetzten Rechtsstreits auszuliefern. 166 Suhrkamp-Autoren haben ihn unterzeichnet, einer von diesen vielen, der Philosoph Matthias Vogel, hat ihn auch mit verfasst. Herr Vogel, nicht nur zwischen den Zeilen ist da zu lesen, dass beide Seiten sich verlagsgefährdend eventuell verhalten haben. Nehmen Sie bewusst nicht Partei – oder ist gerade das die Parteinahme?
Matthias Vogel: Der Aufruf ist Ausdruck unseres Wunsches, dass der Verlag, so wie er im Moment besteht, fortbestehen möge. Er ist nicht Ausdruck irgendeiner Distanzierung; er ist Ausdruck der Sorge, dass der Verlag gefährdet ist, und wir wollen beide Parteien daran erinnern, dass sie hier eine spezifische Verantwortung haben, und zwar für ein kulturelles Gebilde.
Fischer: Andere Suhrkamp-Autoren wie zum Beispiel Rainald Goetz haben ja durchaus Partei ergriffen und allerdings mit der Vermischung von moralischer Argumentation (also mit dieser einzigartigen Verlagsgeschichte) und den juristischen Fragen die Sache nicht befriedet, sondern eher Öl ins Feuer gegossen. Was sollte Ihrer Ansicht nach passieren, damit es produktiv weitergehen kann?
Vogel: Wir wünschen uns eigentlich, dass das Unternehmen und seine Kultur nicht durch eine gerichtliche oder durch fortgesetzte gerichtliche Auseinandersetzungen gefährdet wird. Wir stellen uns vor, dass, selbst wenn es Konflikte gibt – und dafür gibt es ja mehr als Indizien -, dass hier eine Lösung gefunden werden kann, etwa dadurch, dass ein kompetenter Vermittler zwischen den Parteien vermittelt und eine Perspektive entwickelt werden kann.
Fischer: Aber, Herr Vogel, darüber, dass Suhrkamp einzigartig ist und nicht zerschlagen werden sollte, sind sich im Grunde alle von Anfang bis Ende einig gewesen, alle jedenfalls aus der kulturellen Welt. Sie formulieren das trotzdem sehr vorsichtig jetzt gerade?
Vogel: ... , aber mit keinem Hintergedanken. Der Punkt scheint mir einfach der zu sein, dass man doch unterscheiden muss zwischen Auseinandersetzungen, die man haben kann angesichts der Tatsache, dass man ein gemeinsames Investment hat, oder dass man eben etwas in Händen hält, das tatsächlich einfach eine kulturelle Verpflichtung bedeutet. Das ist ja auch der Hintergrund dafür, dass wir den Artikel 14 des Grundgesetzes über die Erklärung geschrieben haben.
Fischer: "Eigentum verpflichtet"!
Vogel: "Eigentum verpflichtet" – genau. Beide Parteien müssen sich hier dazu durchringen, im Bewusstsein der Kostbarkeit dessen, was sie in Händen halten, eine Lösung zu finden.
Fischer: Der Streit beschäftigt Gerichte und Feuilletons seit lange vor Weihnachten. Warum kommt dieser Appell so spät?
Vogel: Es hat ein bisschen gedauert, eine Formulierung zu finden, die mit einer großen Zustimmung rechnen konnte. Dann war es ungünstig, unmittelbar vor den Weihnachtsfeiertagen an die Presse zu gehen. Und wir haben auch ein bisschen Zeit gebraucht, um Unterschriften zu sammeln. Aber Sie sehen: Es sind in zwei Wochen 166 Unterschriften zusammengekommen. Das ist eigentlich mehr, als wir zunächst erwartet haben.
Fischer: Matthias Vogel, die Angriffe von Suhrkamp-Autoren und auch die aus der Kulturwelt richteten sich hauptsächlich gegen Hans Barlach. Haben Sie ihn mit gemeint, oder speziell auch gemeint, oder eigentlich gemeint?
Vogel: Der Aufruf ist dezidiert an beide Parteien gerichtet, aber die Geschichte der wirtschaftlichen Engagements von Herrn Barlach ist natürlich auch nicht gerade ermutigend, sodass man hier noch mal einen besonderen Anlass zur Sorge hat.
Fischer: Dank an den Philosophen Matthias Vogel für Erläuterungen zum Appell der Suhrkamp-Autoren, 166 von ihnen, der unter www.hinsichten.de auch im Netz zu lesen ist.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
Matthias Vogel: Der Aufruf ist Ausdruck unseres Wunsches, dass der Verlag, so wie er im Moment besteht, fortbestehen möge. Er ist nicht Ausdruck irgendeiner Distanzierung; er ist Ausdruck der Sorge, dass der Verlag gefährdet ist, und wir wollen beide Parteien daran erinnern, dass sie hier eine spezifische Verantwortung haben, und zwar für ein kulturelles Gebilde.
Fischer: Andere Suhrkamp-Autoren wie zum Beispiel Rainald Goetz haben ja durchaus Partei ergriffen und allerdings mit der Vermischung von moralischer Argumentation (also mit dieser einzigartigen Verlagsgeschichte) und den juristischen Fragen die Sache nicht befriedet, sondern eher Öl ins Feuer gegossen. Was sollte Ihrer Ansicht nach passieren, damit es produktiv weitergehen kann?
Vogel: Wir wünschen uns eigentlich, dass das Unternehmen und seine Kultur nicht durch eine gerichtliche oder durch fortgesetzte gerichtliche Auseinandersetzungen gefährdet wird. Wir stellen uns vor, dass, selbst wenn es Konflikte gibt – und dafür gibt es ja mehr als Indizien -, dass hier eine Lösung gefunden werden kann, etwa dadurch, dass ein kompetenter Vermittler zwischen den Parteien vermittelt und eine Perspektive entwickelt werden kann.
Fischer: Aber, Herr Vogel, darüber, dass Suhrkamp einzigartig ist und nicht zerschlagen werden sollte, sind sich im Grunde alle von Anfang bis Ende einig gewesen, alle jedenfalls aus der kulturellen Welt. Sie formulieren das trotzdem sehr vorsichtig jetzt gerade?
Vogel: ... , aber mit keinem Hintergedanken. Der Punkt scheint mir einfach der zu sein, dass man doch unterscheiden muss zwischen Auseinandersetzungen, die man haben kann angesichts der Tatsache, dass man ein gemeinsames Investment hat, oder dass man eben etwas in Händen hält, das tatsächlich einfach eine kulturelle Verpflichtung bedeutet. Das ist ja auch der Hintergrund dafür, dass wir den Artikel 14 des Grundgesetzes über die Erklärung geschrieben haben.
Fischer: "Eigentum verpflichtet"!
Vogel: "Eigentum verpflichtet" – genau. Beide Parteien müssen sich hier dazu durchringen, im Bewusstsein der Kostbarkeit dessen, was sie in Händen halten, eine Lösung zu finden.
Fischer: Der Streit beschäftigt Gerichte und Feuilletons seit lange vor Weihnachten. Warum kommt dieser Appell so spät?
Vogel: Es hat ein bisschen gedauert, eine Formulierung zu finden, die mit einer großen Zustimmung rechnen konnte. Dann war es ungünstig, unmittelbar vor den Weihnachtsfeiertagen an die Presse zu gehen. Und wir haben auch ein bisschen Zeit gebraucht, um Unterschriften zu sammeln. Aber Sie sehen: Es sind in zwei Wochen 166 Unterschriften zusammengekommen. Das ist eigentlich mehr, als wir zunächst erwartet haben.
Fischer: Matthias Vogel, die Angriffe von Suhrkamp-Autoren und auch die aus der Kulturwelt richteten sich hauptsächlich gegen Hans Barlach. Haben Sie ihn mit gemeint, oder speziell auch gemeint, oder eigentlich gemeint?
Vogel: Der Aufruf ist dezidiert an beide Parteien gerichtet, aber die Geschichte der wirtschaftlichen Engagements von Herrn Barlach ist natürlich auch nicht gerade ermutigend, sodass man hier noch mal einen besonderen Anlass zur Sorge hat.
Fischer: Dank an den Philosophen Matthias Vogel für Erläuterungen zum Appell der Suhrkamp-Autoren, 166 von ihnen, der unter www.hinsichten.de auch im Netz zu lesen ist.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.