Die John Marshall Highschool in Los Angeles ist riesig mit mehr als 2.300 Schülern von der neunten bis zur zwölften Klasse. Die Schule ist in einem Viertel mit vielen gering verdienenden Familien. Das zeigt sich unter anderem daran, dass zwei Drittel der Schüler nichts fürs Mittagessen in der Schule zahlen müssen.
Finanzielle Schwierigkeiten sind nur ein Grund für sie, sich Sorgen zu machen. Stacey Fonseca stressen vor allem die Bewerbungen fürs College, die vielen Hausaufgaben und das Fußballtraining. Manchmal ist es einfach zu viel.
Bei Allison Min hat die Trennung der Eltern Depressionen ausgelöst, auch weil sie jetzt ihre Geschwister kaum noch sieht. Dann ist da noch die unterschwellige Angst vor Folgen des Klimawandels und davor, dass ein Amok-Schütze auf den Campus kommt.
Bianca Ramirez erzählt, dass eine Lehrerin mit einem Countdown die Tage seit dem letzten Massaker in den USA zählt. Momentan seien das acht Tage.
Suizide zweithäufigste Todesursache für Zehn- bis 24-Jährige
Depressionen und Angstzustände wachsen unter Highschool-Schülern in den USA. Mehr und mehr flüchten davor in den Selbstmord. 17 Prozent von ihnen hatten im Jahr 2016 Selbstmordgedanken. Das ergab eine Studie der US-Gesundheitsbehörde. Sieben Prozent versuchten, sich selbst zu töten. Selbstmord war mit 18 Prozent die zweithäufigste Todesursache für Zehn- bis 24-Jährige.
Soziale Isolierung und das Schweigen über psychische Leiden sind Hauptgründe für diese Entwicklung, erklärt die US-Akademie für Kinderheilkunde.
Auch Schüler der John Marshall High School in Los Angeles nahmen sich das Leben. Ehemalige Mitschüler gründeten danach mit Unterstützung der Schulpsychiaterin das "Wellness Center". Hier können alle offen über ihre Ängste reden und bekommen Unterstützung, sagt Zwölftklässlerin Mayan Alvarado-Goldberg:
"Das Zentrum organisiert außerdem jeden Monat eine Veranstaltung mit Organisationen von außerhalb der Schule. Wir sprechen über Hilfs-Hotlines, über Meditation und Achtsamkeit. Therapie-Hunde sind da und jemand für Zeichensprache. Wir wollen das Stigma rund um psychische Krankheiten reduzieren."
Erste Bundesstaaten wurden tätig
In Kalifornien müssen seit zwei Jahren alle Schulen Programme zur Vorbeugung gegen Selbstmord haben. Andere Bundesstaaten gehen weiter. In Oregon können Schüler seit diesem Schuljahr fünf Tage wegen mentaler Krankheiten fehlen. In Utah gilt psychisches Unwohlsein seit einem Jahr als Entschuldigung für Abwesenheit.
Das hilft Eltern, die sehen, dass sich ihre Kinder mit etwas herumquälen, was nicht mit Grippe oder Magenschmerzen zu erklären ist, sagt Corby Eason von der Bildungsbehörde des Bundesstaates:
"Psychische Gesundheit ist ein sehr sensibles Thema für viele Familien. Wir machen es den Eltern leichter, es anzusprechen. Wenn sie dann den Lehrern diesen Grund für die Abwesenheit mitteilen, können sie gemeinsam überlegen, wie sie dem Kind am besten helfen."
Es sei noch zu früh, um zu erkennen, wie erfolgreich die Gesetzesänderung ist, sagt Corby Eason. Daten werden noch gesammelt. Im Wellness Zentrum von der High School in Los Angeles stößt sie jedenfalls auf große Zustimmung. Sophia Olivares:
"Das ist eine fantastische Idee. (Lachen im Hintergrund) Wir brauchen manchmal eine Pause, einen Tag für uns selbst, um im Gleichgewicht zu bleiben. Ich finde, jeder Schulbezirk sollte das in Erwägung ziehen."
Schweigen über psychische Gesundheit ist gebrochen
Umfragen zeigen, dass auch die Wellness-Arbeit an Marshall High Früchte trägt. 73 Prozent der Schüler sagten im Herbst 2018, dass sie sich wohl fühlen an der Schule, zehn Prozent mehr als im Jahr davor. Die Zahl derer, die sich einsam fühlen, ist gesunken. Aber da ist eine andere Zahl, die dem zu widersprechen scheint: Die Zahl der Schüler mit Selbstmordgedanken ist gestiegen. Sie ist eine der höchsten im ganzen Schulbezirk von Los Angeles. Aus Sicht von Schulpsychologin Karla Alvarado-Goldberg ist das ein gutes Zeichen. Das Schweigen über psychische Gesundheit sei gebrochen.
"Die Schüler trauen sich nun, um Hilfe zu bitten, bei uns, bei Freunden und Eltern. Es ist jetzt ok zu sagen, dass sie nicht ok sind. Sie müssen das alles nicht mehr in sich hinein fressen. Und so können wir ihre Gesundheit fördern."
Hilfsangebote für Menschen mit Depressionen, Suizidgefährdete und ihre Angehörigen: Wenn Sie sich in einer scheinbar ausweglosen Situation befinden, zögern Sie nicht, Hilfe anzunehmen.
Hilfe bietet unter anderem die Telefonseelsorge in Deutschland unter 0800-1110111 (kostenfrei) und 0800-1110222 (kostenfrei) oder online unter https://www.telefonseelsorge.de.
Eine Liste mit bundesweiten Beratungsstellen gibt es unter https://www.suizidprophylaxe.de/hilfsangebote/adressen.
Hilfe bietet unter anderem die Telefonseelsorge in Deutschland unter 0800-1110111 (kostenfrei) und 0800-1110222 (kostenfrei) oder online unter https://www.telefonseelsorge.de.
Eine Liste mit bundesweiten Beratungsstellen gibt es unter https://www.suizidprophylaxe.de/hilfsangebote/adressen.