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Superstar erfindet sich neu
Christine and the Queens wird Chris

Héloïse Letissier alias Christine and the Queens wird schwer gehypt, nicht nur in ihrer französischen Heimat. Seit ihrem letzten Album hat sie sich stark verändert: Aus dem tanzenden Pop-Mädchen Christine ist eine androgyne Chris geworden - die Haare kurz, die Schuhe klobig. Sie hat sich neu erfunden.

Von Barbara Kostolnik |
    Héloïse Letissier alias Christine and the Queens blickt noch oben
    Héloïse Letissier alias Christine and the Queens (Jamie Morgan)
    Der französische Star erscheint pünktlich auf die Minute - keine Selbstverständlichkeit, weder für Franzosen, noch für Stars. Und Héloïse Letissie, der Kopf von Christine and the Queens, ist sogar ein Superstar. Auch wenn sie das aktiv weglächelt: "Keine Ahnung, nein. Ich denke nicht, oder?"
    Ein Knaller, diese Frau
    Guillaume, der Keller, ist auf jeden Fall schwer beeindruckt. Die ganze Zeit schon starrt er in genau eine Richtung und - rumms! - saust das Tablett zu Boden. Ein Knaller, diese Frau. Chris beruhigt den sehr nervösen Guillaume."Kein Problem." Eher ein akustischer Farbtupfer. Es passiert natürlich auch in Paris nicht so oft, dass ein Superstar nachmittags in der Brasserie auftaucht.
    Sehr entspannt sitzt sie da im Café La-Haut - "dort oben" -, passt sehr gut für die Durchstarterin des französischen Elektro-Pop, die vor vier Jahren in Frankreich, den USA und Großbritannien als Christine and the Queens schwer abgeräumt hatte. Damals. "Heute bin ich Chris. Ganz einfach. Und einfacher."
    "Ich mag Künstler, die mutieren"
    Sie heißt jetzt Chris - und wer eine maskuline, bullig muskulöse Frau erwartet haben sollte, wird schwer enttäuscht. Klar hat sie sich verändert. Jenes adrette Mädchen, das mit dem ersten Album viele verzückt hat, ist sie nicht mehr.
    "Ja, es gab diese Veränderung, ich habe die Haare abschneiden lassen", sagt sie. "Ich mag Künstler, die mutieren. Auf diese Weise arbeite ich auch meine Musik heraus. Sie wird klarer dadurch. "Chris" - das neue Album, das so heißt wie sie genannt werden möchte - ist dann auch recht klar: aggressiver Minimalismus im Grenzbereich des Funk.
    "Dieses Album erzählt auch die Geschichte einer Befreiung. Ich wollte immer frei sein - frei von den Erwartungen, wollte niemandem gefallen müssen. So eine Art Freiheit der Straße, verstehst Du?"
    Die Gewalttätigkeit des Patriarchats entdecken
    Das Rebellische brennt vollends durch, als wir über #MeToo sprechen. "#MeToo - das ist erst der Anfang einer enormen Unterhaltung, die wir führen müssen. Für mich bedeutet #MeToo, das Männer die Gewalttätigkeit des Patriarchats entdecken. Wir Frauen erleben das ständig. Wir sind darin geboren."
    So klein und fragil sie da sitzt, spürt man, wie wichtig ihr dieses Thema ist. Sie vibriert richtig, die Stimme grollt. Auf ihre Weise führt sie diesen Kampf - über die Musik und den Tanz. "Es wird langsam besser. Aber dieses Album hier, meine neue Existenz, das mochten nicht alle. Das war jenseits des weiblichen Konzepts. Es gibt noch einiges zu tun."
    Sie hat keine Zeit zu verlieren.