Eine Guckkastenbühne verengt die riesig breite Bühne des Großen Salzburger Festspielhauses und die Wiener Philharmoniker, die angehoben und mitsamt Maestro Muti davor postiert wurden. Sieben Damen mit Leiern dienen sich dem zur heiteren Musik sichtlich im Elysium schwebenden Künstlerpaar Orpheus und Eurydike als Begleiter an, der Chor tritt als Partygesellschaft durch die Öffnungen im Rundhorizont, um in einem lichten, in Weiß und Hellblau gehaltenen Niemandsland dem jungen Glück zu gratulieren. Doch dann bricht jäh der Schrecken herein: Orpheus, der die Gattin umfangen hält, entgleitet diese durch einen Schacht nach unten. Nur ihr rotes Kleid bleibt in seinen Händen. Und da liegt es dann auf der weiten Fläche, wird von den nun rasch mit schwarzen Mänteln versehenen Choristen erst mit Steinen bedeckt und dann durch Blumen, Kerzen und Porträts zu einer jener Gedenkstätte aufgestockt, die sich heute dort einfinden, wo Katastrophenopfer zu beklagen sind.
Die in ihren Amouren, Schulden und Lastern verlebte herrschende Kaste hatte Katzenkammer, als Glucks "Orfeo" erstmals auf die Bühne kam: der Friedensschluss am Ende des Siebenjährigen Kriegs schmerzte Österreich so sehr wie Frankreich – Maria Theresias Imperium musste endgültig auf das Musterland Schlesien verzichten, Louis auf die meisten ostasiatischen Besitzungen und sämtliche Kolonien in Nordamerika zwischen Louisiana und Kanada. Und da kam dieses Werk wie gerufen: Es pries die Kraft der singulären Liebe und forderte, es solle "die ganze Welt der Schönheit dienen". Gluck komponierte dem Regime, das bald nur noch als das überlebte alte angesehen wurde, noch einmal einen prächtigen Triumphgesang.
Drei Frauen führen ihn in Salzburg aus: zuvorderst Christiane Karg mit einem nicht nur in der Höhe strahlenden Sopran ist der Götterbote Amore. Genia Kühmeier gefällt mit warmer intensiver Tongebung als Euridice. Und insbesondere Elisabeth Kulman mit ihrem modulationsfähigen, elegisch austarierten schlanken Mezzo erweist sich als Garantin der sängerischen Qualitäten dieses Gluck-Abends.
Dieter Dorn lässt die von Jürgen Rose jeweils in passendes Licht getauchten Weiten der Unterwelt genau und angemessen bespielen: Ein Sextett der alabasterfahlen olympischen Götter fährt auf einem fliegenden Teppich herein, die längeren Strecken der eigentlich dem Ballett vorbehaltenen Musik werden abgeschritten, später für eine Pantomime über die grundsätzliche Unvereinbarkeit der männlichen und der weiblichen Interessen und Wünsche genutzt. Riccardo Muti lässt in einem Sitz durchmusizieren. Warum er zu diesem Zweck dann nicht die zwischen der Wiener und der Pariser Version entstandene, von Gluck selbst geschaffene kurze Fassung für eine Fürstenhochzeit in Parma wählte, bleibt unverständlich – wahrscheinlich kennt der Mailänder Kapellmeister dieses Kleinod nicht und wurde auch musikologisch nicht kompetent beraten. Das Dirigat geriet alles andere als perfekt – aber es wäre beckmesserisch, sich an den ganzen kleinen Reibereien zwischen Orchester, Chor und Solisten aufzuhalten.
So bekam das Salzburger Premierenpublikum (zu Preisen von bis zu 370 Euro pro Sitzplatz) Liebesgrüße aus vergangenen Zeiten – aus der des Ancien Régime, das mit der französischen Revolution unterging, und der des guten alten Stadttheaters, dem das Regietheater die Grube grub.
Die in ihren Amouren, Schulden und Lastern verlebte herrschende Kaste hatte Katzenkammer, als Glucks "Orfeo" erstmals auf die Bühne kam: der Friedensschluss am Ende des Siebenjährigen Kriegs schmerzte Österreich so sehr wie Frankreich – Maria Theresias Imperium musste endgültig auf das Musterland Schlesien verzichten, Louis auf die meisten ostasiatischen Besitzungen und sämtliche Kolonien in Nordamerika zwischen Louisiana und Kanada. Und da kam dieses Werk wie gerufen: Es pries die Kraft der singulären Liebe und forderte, es solle "die ganze Welt der Schönheit dienen". Gluck komponierte dem Regime, das bald nur noch als das überlebte alte angesehen wurde, noch einmal einen prächtigen Triumphgesang.
Drei Frauen führen ihn in Salzburg aus: zuvorderst Christiane Karg mit einem nicht nur in der Höhe strahlenden Sopran ist der Götterbote Amore. Genia Kühmeier gefällt mit warmer intensiver Tongebung als Euridice. Und insbesondere Elisabeth Kulman mit ihrem modulationsfähigen, elegisch austarierten schlanken Mezzo erweist sich als Garantin der sängerischen Qualitäten dieses Gluck-Abends.
Dieter Dorn lässt die von Jürgen Rose jeweils in passendes Licht getauchten Weiten der Unterwelt genau und angemessen bespielen: Ein Sextett der alabasterfahlen olympischen Götter fährt auf einem fliegenden Teppich herein, die längeren Strecken der eigentlich dem Ballett vorbehaltenen Musik werden abgeschritten, später für eine Pantomime über die grundsätzliche Unvereinbarkeit der männlichen und der weiblichen Interessen und Wünsche genutzt. Riccardo Muti lässt in einem Sitz durchmusizieren. Warum er zu diesem Zweck dann nicht die zwischen der Wiener und der Pariser Version entstandene, von Gluck selbst geschaffene kurze Fassung für eine Fürstenhochzeit in Parma wählte, bleibt unverständlich – wahrscheinlich kennt der Mailänder Kapellmeister dieses Kleinod nicht und wurde auch musikologisch nicht kompetent beraten. Das Dirigat geriet alles andere als perfekt – aber es wäre beckmesserisch, sich an den ganzen kleinen Reibereien zwischen Orchester, Chor und Solisten aufzuhalten.
So bekam das Salzburger Premierenpublikum (zu Preisen von bis zu 370 Euro pro Sitzplatz) Liebesgrüße aus vergangenen Zeiten – aus der des Ancien Régime, das mit der französischen Revolution unterging, und der des guten alten Stadttheaters, dem das Regietheater die Grube grub.