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Sure 2 Vers 127
Abraham und der Bau der Kaaba

Abraham war erst Stammvater der Juden, dann der Christen und schließlich vereinahmte ihn der Koran für den Islam. Er hat die Kaaba erbaut - also jenes heute mit schwarzem Tuch überzogene Gebäude in Mekka, das Gläubige bei der Pilgerfahrt umrunden und in dessen Richtung sie sich weltweit zum Gebet aufstellen. Abraham aber hat mit seinem Sohn noch mehr für den Islam geleistet, weiß der amerikanische Forscher Mustansir Mir - etwa um die spätere Sendung des Propheten Mohammed gebeten.

Von Prof. Dr. Mustansir Mir, Youngstown State University, Ohio, USA |
    "Abraham und Ismael legten den Grundstein des Heiligen Hauses und beteten: 'Unser Herr, nimm es von uns an! Du bist der Allhörende, der Allwissende."
    Dieser Vers ist Teil der islamischen Darstellung Abrahams und befasst sich mit dem Bau der Kaaba in Mekka - lange Zeit vor dem Islam. Die Kaaba sollte als Ort für einen monotheistischen Kult und als Pilgerstätte dienen. Bei dem Bau wurde Abraham von seinem Sohn Ismael unterstützt.
    Die Sendereihe Koran erklärt als Multimediapräsentation
    Während der Grundsteinlegung sprachen beide ein Gebet. Dieses wird in den Versen 128 und 129 weiter ausgeführt. Abraham und Ismael erbitten fünf Dinge: Gott möge die Errichtung der Kaaba als Akt der Ergebenheit annehmen. Er möge aus ihnen Muslime machen, sprich, dem einen Gott ergebene Menschen. Er möge aus ihren Nachkommen eine Gemeinde von Muslimen entstehen lassen. Er möge sie die Riten der Pilgerfahrt lehren und er möge aus ihrer Mitte einen Gesandten erwählen, der seine Verse vorträgt, der sie die Heilige Schrift lehrt, der sie Weisheit lehrt und der sie reinigt.
    Prof. Dr. Mustansir Mir.
    Mustansir Mir, amerikanischer Koranwissenschaftler mit pakistanischen Wurzeln. (priv.)
    Die Koranstelle vereinnahmt die für Juden und Christen so wichtige Figur Abraham auch für den Islam. Dazu werden er und Ismael zunächst als "Muslime" bezeichnet – wörtlich als Gottergebene. Damit wird nahe gelegt, dass es falsch sei, Abraham in einem konfessionellen Sinn nur mit Judentum oder Christentum zu assoziieren. Das korrespondiert mit Koranvers 3:67, der explizit sagt: "Abraham war weder Jude noch Christ. Er war vielmehr ein Gott ergebener Hanif [ein Gottsucher] und kein Heide."
    Indem Abraham als Erbauer der Kaaba präsentiert wird, wird der Kaaba ein gewisser Vorrang vor dem Tempel in Jerusalem zugeschrieben. Als Mohammed und seine Anhänger anfänglich in Mekka das Gebet verrichteten, taten sie das mit Blick gen Jerusalem gerichtet. Auch nach der Auswanderung nach Medina 622 behielten sie dies zunächst so bei. Erst zwei Jahre später forderte eine Offenbarung, dass die Kaaba in Mekka die neue Gebetsrichtung vorgeben solle. Da die Kaaba nun älter als der Tempel in Jerusalem ist, ist die Änderung genau genommen eine Rückkehr zur ursprünglichen Gebetsrichtung. Das wiederum korrespondiert mit Sure 3:96, wo es unter Verwendung von Mekkas altem Namen, nämlich Bakka, heißt: "Das erste Gotteshaus, das den Menschen aufgestellt worden ist, ist dasjenige in Bakka, (aufgestellt) zum Segen und zur Rechtleitung für die Menschen in aller Welt."
    Die hier erläuterte Koranstelle besagt noch etwas: Mohammad wurde als Antwort auf das Gebet Abrahams von Gott gesandt, um die Menschen auf der Arabischen Halbinsel rechtzuleiten.
    Das Gebet, das Abraham und Ismael verrichteten, ist gewissermaßen ein Modell-Gebet. Die Koranstelle lehrt die Etikette einer demütigen Anrede Gottes. Dazu wird die Ansprache "Unser Herr" - auf Arabisch: "rabbana" - viermal wiederholt.
    Das Gebet enthält zudem Hinweise auf die Eigenschaften Gottes: Er wird ersucht, das Flehen zu erhören, weil er der "Allhörende, der Allwissende" ist; er wird um Vergebung und Gnade gebeten, weil er der "Allvergebende, der Barmherzige" ist, wie es in Vers 128 heißt. Und er wird darum gebeten, einen Propheten zu den Menschen zu schicken, weil er laut Vers 129 der "Allmächtige, der Allweise" ist.
    Diese Eigenschaft "allmächtig" umfasst, dass Gott durch Offenbarungen Gesetze und Regelungen herabsendet, um seine Verfügungen auf Erden umzusetzen. Und da er nicht nur allmächtig, sondern zugleich allweise ist, sind seine Gesetze und Regelungen auch voller Weisheit.
    Bei der Audioversion handelt es sich um eine aus Gründen der Sendezeit leicht gekürzte Fassung dieses Textes.