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Sure 37 Verse 99-113
Abraham soll seinen Sohn opfern

Muslime feiern von heute an drei Tage lang. Im Zentrum steht die Figur des Abraham oder Ibrahim, wie er im Arabischen heißt. Höhepunkt in der Erzählung über den Stammvater von Juden, Christen und Muslimen ist in allen drei Religionen die Aufforderung Gottes, er solle seinen Sohn opfern. Darum geht es auch in Sure 37, genauer in den Versen 99 bis 113.

Von Dr. Ali Aghaei, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften |
    "Und er sagte: ‚[…] Mein Herr, gewähre mir einen von den Rechtschaffenen!‘ Dann gaben wir ihm einen sanftmütigen Sohn. Als er alt genug war, um mit ihm zu arbeiten, sagte er: ‚Mein Sohn, ich sehe im Traum, dass ich dich schlachte. So schau, was meinst du dazu?‘ Er sagte: ‚Mein Vater, tu was dir befohlen wird; du wirst mich - so Gott will - unter den Geduldigen finden.‘ Als sie sich beide (Gottes Willen) ergeben hatten und er ihn mit der Stirn auf den Boden hingelegt hatte, da riefen wir ihn an: ‚Abraham, du hast den Traum erfüllt. […]‘ Dies ist in der Tat eine deutliche Prüfung. Und wir lösten ihn durch ein gewaltiges Schlachtopfer aus. […] Und wir verkündeten ihm Isaak, einen Propheten, einen von den Rechtschaffenen. Und wir segneten ihn und Isaak."
    Hier wird die Geschichte der Opferung von Abrahams Sohn aus dem 1. Buch Mose wiedergegeben. Die koranische Version unterscheidet sich von der biblischen in mehreren Punkten. Unter anderem wird der Sohn, der geopfert werden soll, im Koran nicht explizit genannt. Und es ist unmöglich, aus dem Text endgültig zu bestimmen, welcher Sohn Abrahams gemeint ist, Isaak oder Ismael.
    Die Sendereihe Koran erklärt als Multimediapräsentation
    Die frühen muslimischen Exegeten hatten verschiedene Meinungen dazu. Die Nennung von Isaak am Ende der Geschichte wird durch zwei gegensätzliche Interpretationen als Beweis jeweils für die eine oder für die andere Auffassung herangezogen. Die einen sagen, Ismael sei gemeint, weil die frohe Botschaft von der Ankündigung Isaaks zeige, dass dessen Geburt zeitlich erst nach der Opferung erfolgte. Die anderen sagen, Isaak sei gemeint, da er in der Ankündigung als Prophet bezeichnet werde, was als Belohnung für seinen unerschütterlichen Gehorsam im Angesicht des Todes zu verstehen sei.
    In einem weiteren Gegensatz zur biblischen Version erscheint Abrahams Sohn im Koran nicht als passive Figur. Abraham berichtet ihm von dem Traum, in welchem er ihn opfert, und befragt ihn nach seiner Meinung.
    Ali Aghaei vor einem Bücherregal.
    Ali Aghaei forscht im Rahmen des renommierten Projekts Corpus Coranicum der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften. (priv. )
    Dadurch wird zunächst klar, dass der Sohn höheren Alters gewesen ist, sodass er seine eigenen rationalen Entscheidungen treffen konnte. Er ist mithin für seine Taten verantwortlich und entscheidet sich aus freiem Willen. Dass er geopfert werden soll, ist ihm voll bewusst, und es soll mit seiner Zustimmung erfolgen.
    Der Ablauf der Geschichte ließe sich auch als Zeichen der Ungewissheit Abrahams deuten. Abraham weiß nicht, was er tun soll. Der Sohn indes hat keinen Zweifel daran, dass der Traum ein göttlicher Befehl ist. Durch seine bereitwillige Akzeptanz fordert er Abraham heraus, seinen eigenen Glauben zu zeigen. Folglich befördert erst der Sohn, dass sich sein Vater und er dem Willen Gottes ergeben. Man könnte die Prüfung daher als Doppelopfer von Vater und Sohn ansehen. Entsprechend sagt der Koran im eingangs zitierten Vers, dass "sie sich beide ergeben hatten".
    Der Koran stellt aber auch nicht eindeutig klar, wer hier getestet wird. Man könnte auch schlussfolgern, dass sich die Episode primär um Abraham dreht. Denn es ist Abraham, dem die Opferung seines Sohnes befohlen wird und den Gott anspricht, wenn er sagt: "Du hast den Traum erfüllt". Frühe muslimische Exegeten betrachteten die beinahe Opferung als eine von mehreren Prüfungen, die Abraham bestehen musste, um zum Patriarchen und zum Vorbild der Menschen zu werden. So wie es Sure 2 Vers 124 verkündet: "Und als Abraham von seinem Herrn auf die Probe gestellt wurde durch gewisse Gebote, die er erfüllte, sagte er: ‚Ich will dich zu einem Vorbild für die Menschen machen.‘"