Emma Craig steht an einer Straßenkreuzung und schaut auf den Platz vor dem Café: "Was passiert ist, ist entsetzlich und zerstörerisch. Man geht nur zur Arbeit und will noch einen Kaffee trinken, und dann passiert so etwas Tragisches. Es ist furchtbar für alle, auch für die Angehörigen, die Familien."
In der Nacht hatte die Polizei das Café gestürmt, in dem der Geiselnehmer noch 17 Menschen gefangen hielt. Das australische Fernsehen übertrug die Befreiung live: Die Geiseln rennen in Panik aus dem Café, rennen um ihr Leben, nicht alle schaffen es. Schüsse sind zu hören, Explosionen. Der Geiselnehmer sei nervös geworden, habe die Geiseln angeschrien, sagt der Leiter der Polizei von New South Wales, Andrew Scipione, deswegen habe man eingegriffen:
"Es waren auch Schüsse zu hören, daher mussten die Einsatzkräfte einschreiten, es wurde ein Notfallplan ausgelöst."
Seit dem Morgen hatte der 50-Jährige anfangs mehr als 20 Menschen in dem Café in seiner Gewalt. Er zwang zwei Frauen, eine Fahne mit dem islamischen Glaubensbekenntnis an die Fensterscheibe zu halten, forderte später eine Flagge der Terrorgruppe Islamischer Staat – ein islamistischer Hintergrund schien wahrscheinlich.
Der 50-Jährige lebte seit Jahren in Australien, genoß Asyl, nannte sich selber Prediger und Heiliger, war der Polizei aber vor allem bekannt, weil er am Mord an seiner Ex-Frau beteiligt gewesen sein soll und sexueller Übergriffe beschuldigt wurde - auf freiem Fuß nur gegen Kaution. Auch wenn er islamistische Parolen verbreitete, der Mann war offenbar ein Einzeltäter, ohne Hintermänner aus der Terrorszene.
Australien ist durch die Geiselnahme in der Sorge bestätigt, dass im Land Anschläge mit islamistischem Hintergrund drohen, seit 600 Soldaten an der Seite der USA im Irak gegen die Terrorgruppe Islamischer Staat kämpfen. Australiens Premier Tony Abbott: "Das Geschehene zeigt, dass auch ein Land, das als frei, offen für alle und sicher gilt, verletzbar ist durch Akte politisch motivierter Gewalt. Es zeigt aber auch, dass die Australier bereit sind, darauf zu reagieren."
In Sydney wurde heute Morgen der Opfer mit einem Gottesdienst gedacht, die Stadt wird Zeit benötigen, um zum Alltag zurückzukehren.