"In dieser ernsten Zeit kann es keine Halbheiten mehr geben. Jetzt heißt es: bekennen. Wer den roten Umsturz nicht will, muss sich mit seiner Person für die Autorität dieser Regierung einsetzen,"
forderte Alfred Hugenberg, Reichswirtschaftsminister und Vorsitzender der Deutschnationalen Volkspartei, auf einer Kundgebung vor der Reichstagswahl am 5. März 1933. Die Neuwahl war notwendig geworden, weil Adolf Hitler sofort nach seiner Ernennung zum Reichskanzler am 30. Januar die Auflösung des Reichstags durchgesetzt hatte. Nach einem Rückgang des Stimmenanteils von 37 auf 33 Prozent bei den vorherigen Wahlen im November 1932 wollten die Nationalsozialisten nun die absolute Mehrheit erringen, um ihre Macht auszubauen. Den fünfwöchigen Wahlkampf nutzte das NS-Regime zu einem propagandistischen Feldzug gegen die verhasste Weimarer Republik.
"Ausbrennen wollen wir die Fäulniserscheinungen unserer Kultur, ausbrennen dieses ganze Gift, das in diesen 14 Jahren in unser Leben hineingeflossen ist,"
drohte Adolf Hitler auf einer Wahlkundgebung der NSDAP Mitte Februar in Stuttgart. Die Nationalsozialisten, denen neben den parteieigenen Mitteln nunmehr auch Ressourcen der Reichsregierung zur Verfügung standen, betrieben einen hohen propagandistischen Aufwand.
Im Schatten der NSDAP versuchten sich die mit ihr in der Regierung stehenden rechtskonservativen Kräfte zu behaupten. Die Deutschnationale Volkspartei und der Wehrverband "Stahlhelm" traten als "Kampffront Schwarz-Weiß-Rot" mit Vizekanzler Franz von Papen als Spitzenkandidaten zur Wahl an:
"Mit Pazifismus kann man keinen Staat retten und erhalten. An dieser unfähigen und innerlich erweichten Haltung ist das Weimarer System zugrunde gegangen."
Während Papen und Hugenberg als "Steigbügelhalter des Nationalsozialismus" ungehindert auftreten konnten, sabotierte das NS-Regime den Wahlkampf der Kommunisten und Sozialdemokraten, aber auch der katholischen Zentrumspartei massiv. Zeitungen wurden verboten, Versammlungen aufgelöst, Rundfunkübertragungen verhindert. SA-Trupps provozierten Saalschlachten, Hermann Göring wies als preußischer Innenminister die Polizei an, die "nationale Propaganda" mit allen Kräften zu unterstützen, und, wenn nötig, gegen den politischen Gegner rücksichtslos von der Schusswaffe Gebrauch zu machen.
Die Entwicklung radikalisierte sich durch den Reichstagsbrand in der Nacht zum
28. Februar. Die Brandstiftung, wahrscheinlich das Werk des holländischen Einzelgängers Marinus van der Lubbe, wertete Propagandaminister Joseph Goebbels als kommunistischen Umsturzversuch:
"Noch steht ganz Berlin unter dem gewaltigen und furchtbaren Eindruck des riesenhaften Reichstagsbrandes, der am Montagabend die ganze deutsche Bevölkerung in Panik und in Schrecken versetzt hat."
Der Brand lieferte den Nazis den Vorwand, den Terror gegen Regimegegner zu verschärfen und wesentliche Grundrechte durch die "Verordnung zum Schutz von Volk und Staat" außer Kraft zu setzen. Mit der Notverordnung vom 28. Februar herrschte faktisch der Ausnahmezustand in Deutschland. Die KPD wurde in die Illegalität getrieben, Tausende von Sozialdemokraten und Kommunisten wurden verschleppt und misshandelt oder ermordet. Trotz der brutalen Repression und der immensen Propaganda erzielte die NSDAP bei der Wahl am 5. März nicht die absolute Mehrheit der Stimmen.
"Von über 22 Millionen Stimmen entfielen auf die Nationalsozialisten 9,6 Millionen, das sind 43,5 Prozent; Sozialdemokraten: 4 Millionen, das sind 17,9 Prozent; Kommunisten: 2,7 Millionen, das sind 12 Prozent; Zentrum: 2,2 Millionen, das sind 9,8 Prozent."
(Die in diesem Rundfunkbericht genannten Zwischenergebnisse nach Auszählung von mehr als der Hälfte der abgegebenen Stimmen wichen vom Endergebnis nur unwesentlich ab.)
Allein mit dem siebenprozentigen Stimmenanteil der "Kampffront Schwarz-Weiß-Rot" verfügten die Nationalsozialisten im Reichstag über eine Mehrheit. Doch das Ergebnis hatte nur symbolische Bedeutung: Knapp drei Wochen später peitschte die NS-Regierung das "Ermächtigungsgesetz" durch, ein weiterer entscheidender Schritt auf dem Weg zur totalitären Herrschaft. Bis zum Sommer 1933 waren alle anderen Parteien verboten oder hatten sich selbst aufgelöst.
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forderte Alfred Hugenberg, Reichswirtschaftsminister und Vorsitzender der Deutschnationalen Volkspartei, auf einer Kundgebung vor der Reichstagswahl am 5. März 1933. Die Neuwahl war notwendig geworden, weil Adolf Hitler sofort nach seiner Ernennung zum Reichskanzler am 30. Januar die Auflösung des Reichstags durchgesetzt hatte. Nach einem Rückgang des Stimmenanteils von 37 auf 33 Prozent bei den vorherigen Wahlen im November 1932 wollten die Nationalsozialisten nun die absolute Mehrheit erringen, um ihre Macht auszubauen. Den fünfwöchigen Wahlkampf nutzte das NS-Regime zu einem propagandistischen Feldzug gegen die verhasste Weimarer Republik.
"Ausbrennen wollen wir die Fäulniserscheinungen unserer Kultur, ausbrennen dieses ganze Gift, das in diesen 14 Jahren in unser Leben hineingeflossen ist,"
drohte Adolf Hitler auf einer Wahlkundgebung der NSDAP Mitte Februar in Stuttgart. Die Nationalsozialisten, denen neben den parteieigenen Mitteln nunmehr auch Ressourcen der Reichsregierung zur Verfügung standen, betrieben einen hohen propagandistischen Aufwand.
Im Schatten der NSDAP versuchten sich die mit ihr in der Regierung stehenden rechtskonservativen Kräfte zu behaupten. Die Deutschnationale Volkspartei und der Wehrverband "Stahlhelm" traten als "Kampffront Schwarz-Weiß-Rot" mit Vizekanzler Franz von Papen als Spitzenkandidaten zur Wahl an:
"Mit Pazifismus kann man keinen Staat retten und erhalten. An dieser unfähigen und innerlich erweichten Haltung ist das Weimarer System zugrunde gegangen."
Während Papen und Hugenberg als "Steigbügelhalter des Nationalsozialismus" ungehindert auftreten konnten, sabotierte das NS-Regime den Wahlkampf der Kommunisten und Sozialdemokraten, aber auch der katholischen Zentrumspartei massiv. Zeitungen wurden verboten, Versammlungen aufgelöst, Rundfunkübertragungen verhindert. SA-Trupps provozierten Saalschlachten, Hermann Göring wies als preußischer Innenminister die Polizei an, die "nationale Propaganda" mit allen Kräften zu unterstützen, und, wenn nötig, gegen den politischen Gegner rücksichtslos von der Schusswaffe Gebrauch zu machen.
Die Entwicklung radikalisierte sich durch den Reichstagsbrand in der Nacht zum
28. Februar. Die Brandstiftung, wahrscheinlich das Werk des holländischen Einzelgängers Marinus van der Lubbe, wertete Propagandaminister Joseph Goebbels als kommunistischen Umsturzversuch:
"Noch steht ganz Berlin unter dem gewaltigen und furchtbaren Eindruck des riesenhaften Reichstagsbrandes, der am Montagabend die ganze deutsche Bevölkerung in Panik und in Schrecken versetzt hat."
Der Brand lieferte den Nazis den Vorwand, den Terror gegen Regimegegner zu verschärfen und wesentliche Grundrechte durch die "Verordnung zum Schutz von Volk und Staat" außer Kraft zu setzen. Mit der Notverordnung vom 28. Februar herrschte faktisch der Ausnahmezustand in Deutschland. Die KPD wurde in die Illegalität getrieben, Tausende von Sozialdemokraten und Kommunisten wurden verschleppt und misshandelt oder ermordet. Trotz der brutalen Repression und der immensen Propaganda erzielte die NSDAP bei der Wahl am 5. März nicht die absolute Mehrheit der Stimmen.
"Von über 22 Millionen Stimmen entfielen auf die Nationalsozialisten 9,6 Millionen, das sind 43,5 Prozent; Sozialdemokraten: 4 Millionen, das sind 17,9 Prozent; Kommunisten: 2,7 Millionen, das sind 12 Prozent; Zentrum: 2,2 Millionen, das sind 9,8 Prozent."
(Die in diesem Rundfunkbericht genannten Zwischenergebnisse nach Auszählung von mehr als der Hälfte der abgegebenen Stimmen wichen vom Endergebnis nur unwesentlich ab.)
Allein mit dem siebenprozentigen Stimmenanteil der "Kampffront Schwarz-Weiß-Rot" verfügten die Nationalsozialisten im Reichstag über eine Mehrheit. Doch das Ergebnis hatte nur symbolische Bedeutung: Knapp drei Wochen später peitschte die NS-Regierung das "Ermächtigungsgesetz" durch, ein weiterer entscheidender Schritt auf dem Weg zur totalitären Herrschaft. Bis zum Sommer 1933 waren alle anderen Parteien verboten oder hatten sich selbst aufgelöst.
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