Elektrochemiker Abdilbari Shifa Mussa von der Königlichen Universität Stockholm hat untersucht, wie sich Lithium-Ionen-Akkus chemisch verändern, wenn man sie schnell oder langsam lädt. Von solchen Untersuchungen waren im Eurogress-Zentrum in Aachen viele zu hören und auf den Poster-Sessions zu sehen. Sie alle betrachten den Lithium-Ionen-Akku als ein Wunderwerk, dessen innere Vorgänge man noch lange nicht verstanden hat, wo man aber durch viel Erfahrung immerhin zu einem Konsens fürs Aufladen gekommen ist: Langsam laden ist immer besser. Wenn man schnell laden muss, dann auf keinen Fall ganz vollladen, höchstens 80 Prozent.
Oliver Bohlen, früher bei BMW, heute Professor für Elektrotechnik in München, stellte eine Studie vor, bei der er Akkus jeweils 600 Ladezyklen eines bestimmten Typs unterwarf – in der Batterietechnik spricht man von Lade-Algorithmen. Bohlens Versuche stellten fest, dass ein großer Ladestrom immer schlecht für Batterie ist, dass aber auch ein niedrigerer Ladestrom, wenn er konstant ist, das Altern beschleunigt.
Auch Temperaturunterschiede mindern Leistung
Der beste Kompromiss scheint ein zweistufiger Schnelllade-Algorithmus zu sein, wobei man mit konstantem Ladestrom beginnt und dann gepulst mit höheren Stromstärken weitermacht. Nebenbei stellte Bohlen fest, dass auch die Homogenität der Batterien – gleiche Zelltypen – eine entscheidende Rolle für die Lebensdauer spielt. Selbst Temperaturunterschiede zwischen einzelnen Zell-Elementen, wie sie in der Praxis, etwa bei einem Elektroauto eigentlich dauernd auftreten, mindern die Leistung. Die Kühlaggregate fangen das ab. Sie müssen bei jedem Wetter über die ganze Fläche eine sehr gleichmäßige Temperatur halten.
Mit der Güte des Materials beschäftigten sich mehrere Aussteller in Aachen, darunter auch die Maschinenfabrik Gustav Eirich, die eigentlich bekannt für grobe Materialverarbeitung ist, etwa von Kies. Der Diplom-Ingenieur Wolfgang Michels stellte eine Art Küchenmaschine vor, mit der man "Slurrys" für Akkus herstellt; das sind Brei-ähnliche, mehr oder weniger zähe Flüssigkeiten aus Grafit-, Nickel-, Kobalt und anderen Pulvern, die man dann in bei der Lithium-Ionen-Batterie-Herstellung in Schichten ausgießt.
Die Maschine rührt und knetet nicht nur, sondern sie tut das auch im Vakuum, erklärt Michels: "Vakuum dient dazu, um möglichst porenfrei herstellen zu können. Luftporen, Einschlüsse, die beim Mischen unter normaler Atmosphäre entstehen würden, sind unerwünscht. Aus dem Grund setzt man die ganze Maschine unter Vakuum. Die bekommt dazu eine zweite Hülle, um dann ein porenfreies Gemisch herzustellen."
Autoindustrie nutzt Lithium-Ionen-Akkus
Die Zielgruppe für diese Maschinen sind Batteriehersteller, die dann selbst dafür sorgen müssen, dass die blasenfreie Paste blasenfrei auf die Trägerschicht aufgetragen wird. Diese Paste stellt dann je nach Zusammensetzung die Kathode oder Anode dar. Die meisten Batterien fertigt man gerollt in Zylinderform oder in flach aufeinandergelegten Schichten.
Die deutsche Automobilindustrie war auf dem Batteriekongress gut vertreten. Horst Mettlach von Opel stellte die zweite Generation des Elektroautos Ampera vor. Statt wie bisher 80 Kilometer fährt das neue Modell 500 Kilometer weit. Man hat dafür – vergleichbar mit dem amerikanischen Tesla – den Bodenbereich mit Lithium-Ionen-Akkus vollgepflastert. Der neue Wagen wird kein Verbrennungsaggregat mehr haben, dafür drei Lademodi bieten. Nach einer halben Stunde an der Haushaltssteckdose kann man dann sechs Kilometer weiterfahren, bei der 4,6 KW-Ladestation in der eigenen Garage werden daraus 12 Kilometer, und die öffentliche Schnellladestation bringt in der halben Stunde 150 Kilometer Reichweite.
In Münster mehr Forschung als ganz Skandinavien
Zu den provokativsten Rednern gehörte der Finne Kai Vuorilehto. Er leitet die Forschungsabteilung beim Batteriehersteller EAS in Thüringen. Dort werden Lithium-Ionen-Batterien für Schiffe und für die Raumfahrt hergestellt, die meisten übrigens in Handarbeit. Denkt man in Nordhausen auch über Alternativen zu Lithium-Ionen nach? "Denken soll man natürlich insbesondere, wenn man an der Uni ist. Da kann man auch gucken, was nach 50 Jahren passieren wird. Aber Lithium-Ionen-Batterien sind so gut, dass es sehr schwierig ist, etwas anderes zu machen, was besser funktionieren würde."
Kai Vuorilehto blickt mit Sorge die Dominanz der asiatischen Batteriehersteller LG, Panasonic und Samsung auf dem Batterie-Weltmarkt und schont nicht mit Kritik an der deutschen Industrie: "In Deutschland gibt es viele sehr große Institute, die Lithium-Ionen-Batterieforschung machen. Typisch: Allein Münster hat so viel Forschung, dass in ganz Skandinavien insgesamt weniger ist als in Münster. Also wirklich hervorragende Forschung.
Diese Forschung wird auch von ausländischen Firmen benutzt. Das ist sehr günstig für ganz Europa. Aber irgendwie ist es den Deutschen nicht gelungen, das zur Praxis zu führen. Es ist ein bisschen wie die Magnetschwebebahn: Man hat die beste Technik, aber man benutzt sie nicht."