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Synthie-Puristen aus Düsseldorf

Die Wurzeln elektronischer Musik in Deutschland liegen in Düsseldorf. Seit ein paar Jahren erleben die elektronischen Klänge dort eine Renaissance: Zu den Bands, die aus dem Dunstkreis des "Salon des Amateurs" hervorgegangen sind, gehört das Trio "Stabil Elite". Derzeit ist es auf Tour.

Von Jan-Martin Altgeld |
    So klingt sie also: die wiederbelebte Elektro-Avantgarde aus Düsseldorf. Die jubelnde Musikpresse bezeichnet die Klänge von "Stabil Elite" als "Neo-Krautrock." Dabei möchte sich die Band selber nur ungern auf eine bestimmte Musikrichtung einschießen.

    "Im Zweifelsfalle Pop – ansonsten: gut!",

    skizziert Synthie-Schrauber Kolja Szymanski den Sound der "Stabil Elite."
    Verglichen werden er und seine Bandkollegen Lucas Croon und Martin Sonnensberger mit Pionieren der elektronischen Musik: Düsseldorfer Bands wie "Neu!", "DAF!" oder auch mit den Übervätern von "Kraftwerk".

    "Zunächst mal ist das ein Vergleich, der okay ist, weil es eine tolle Band ist, die wir alle drei gut finden – Kraftwerk. Andererseits: Die Musik, die Kraftwerk gemacht hat, ist so ein bisschen zu eng gegriffen, wenn man von unserer Musik spricht. Wir sind auch ein bisschen poppiger als Kraftwerk",

    sagt Stabil-Elite-Mitglied Lucas Croon.

    Am besten klingt das Trio, wenn man die Debüt-LP "Douze Pouze" als Ganzes hört – nicht jeden einzelnen Track isoliert bewertet. Dann fügen sich knarzende Bässe und Synthie-Leads auf der einen und leicht psychedelische Gitarren-Riffs auf der anderen Seite zu einem stimmigen Gesamtkunstwerk. Die Zitate der Düsseldorfer Musikgeschichte fallen aber auch schon früher ins Ohr. Verweise auf Bands wie "la düsseldorf", "Rheingold" oder eben auch Kraftwerk, Gruppen also, die stilprägend waren für die Entwicklung der modernen elektronischen Musik – ohne die es wohl auch den Techno nicht gäbe. Eine musikalische Geschichtsklausur wollen die drei Mittzwanziger aber nicht abliefern.

    Kolja Szymanski:

    "Wenn jetzt ein Stück eben so einen sehr starken DAF-Einschlag hat oder so, dann darf es das auch einfach haben. Aber es ist nicht so, dass wir es darauf anlegen. Also das liegt dann wahrscheinlich einfach eher daran, dass es halt alles Musik ist, die wir im Laufe der Jahre gehört haben."

    Generell erlebt elektronische Musik aus Düsseldorf gerade eine Renaissance. Viele Einzelmusiker und Gruppen tauschen sich untereinander aus, schließen Kooperationen, bilden sich um und neu. Kurzum: Es brodelt in der Szene. Großen Anteil an dieser Wiederbelebung hat der Club "Salon des Amateurs" unter der Düsseldorfer Kunsthalle, der neuen aber auch alten Elektrokünstlern ein breites Forum bietet. Neben "Stabil Elite" sind es Musiker wie Jantronix Schulte, die Gruppe "To Rococo Rot" oder auch "Tam Tam Delia" mit der Theremin-Spielerin Lena Willikens, die sich im Umfeld des "Salons" bewegen, wie der Klub in Düsseldorf meist nur genannt wird.

    Stabil-Elite-Mitglied Lucas Croon gibt ein Beispiel für die Vernetzung des Düsseldorfer Elektro-Kreises:

    "Also als wir zum Beispiel unser Album aufgenommen haben, brauchten wir jemanden, der die Drumlinien noch mal live einspielt, weil wir die halt im Studio vorprogrammiert haben, aber auf dem Album quasi ein echtes Schlagzeug haben wollten – und haben dann den Thomas Klein angerufen von Kreidler und der hat dann auch sofort zugesagt."

    Die auf deutsch gesungenen Texte der "Stabil Elite" sind meist fragmentarisch, klingen dadaesk, machen aber gerade deshalb Lust auf mehr. Während der Tour wird das Trio durch einen Schlagzeuger und einen Bassisten unterstützt. Auch immer mit dabei: Ein echter Minimoog.

    Das vollanaloge Gerät war der erste Synthesizer in kompakter Bauart und ist sowas wie der heilige Gral unter den Tasteninstrumenten. Heute erzielen Gebrauchtpreise für einen Minimoog locker um die 3000 Euro. Da wundert es umso mehr, dass die Band den Moog einst geschenkt bekam – allerdings eher versehentlich. Eine frühere Lehrerin der Drei hatte das Jahrzehnte alte Schätzchen bei einer Entrümpelungsaktion im Schulkeller hergegeben, sodass es schließlich in den Händen von Stabil-Elite-Gitarrist Martin Sonnensberger landete. Lucas Croon erinnert sich noch gut:

    "Und ich bin dann in der Fünfminutenpause irgendwie bei seiner Klasse vorbei, um ihn zu besuchen, und dann stand da dieser Minimoog und ich bin dann aus den Socken gefallen, weil ich wusste, was das ist."

    Noch heute ziert das gerät ein Stempel der Stadt Düsseldorf. An die spendable Lehrerin erinnert sich Croon übrigens auch noch:

    "Das war Frau Schmitz-Siegel. Vielen Dank, Frau Schmitz-Siegel."


    Noch bevorstehende Tour-Termine von "Stabil Elite":

    17.5. Luxemburg - LUX Soultrain
    18.5. Köln - Studio672 @ Zeitgeist
    19.5. Kaiserslautern - Kammgarn
    26.5. Brüssel BE le b&b @ Kraut Marathon