Wenn man lang genug drin ist in diesem Laden, wird's einem ganz anders. Man könnte Halluzinationen bekommen, Angstzustände oder womöglich sogar einen Schreikrampf: Assad, überall Assad, an den Wänden, in den Regalen, im Großformat, im Kleinformat, in Uniform oder im Anzug, mit Generälen oder mit syrischem Volk oder allein, nachdenklich, entschlossen, zugewandt in allen nur denkbaren Posen. Nur gut, dass da noch ein lebendiger Mensch hinter der Auslage ist: Shafid Hamdi Mesalla, ein zarter, schon etwas älterer Herr. Seit einer halben Stunde präsentiert er uns seine Assad-Kollektion.
Shafid Hamdi Mesalla hat sein Geschäft in Hamidija, dem Basarviertel von Damaskus, das auch in Kriegszeit noch belebt wirkt. Seit zwei Generationen ist der Familienbetrieb auf Vertrieb und Verkauf von Präsidentenporträts spezialisiert. Man könnte sagen: Shafid Mesallas Schicksal ist aufs Engste mit dem Baschar al-Assads verknüpft. "Das ist das zuletzt gemachte Bild, das wir von unserem Führer haben, es wird sehr gern genommen. Das ganze Land steht ja hinter unserem Präsidenten."
Auch Putin ist im Angebot
30 Jahre lang hatte, von 1970 bis 2000, hatte Shafid nur Bilder von Hafis al-Assad geführt. Als der dann starb und sein Sohn die Macht in Syrien übernahm, musste umgestellt werden. Neidische Zungen der damaszener Geschäftswelt behaupten, Shafid hätten das Monopol auf die Präsidentenfamilie. Aber das stimmt nicht. Die Hauswände von Damaskus - überhaupt alle zugänglichen Gebäude der syrischen Hauptstadt haben einen derart großen Bedarf an Baschar-Porträts und -Plakaten, dass auch noch andere gut davon leben können.
Allerdings reagieren nur wenige so schnell und so flexibel auf politische Entwicklungen wie Shafid. Seit Neustem hat er auch Putin im Angebot. Bislang nur als Postkarte. Aber die kommt gut an: "Russland", sagt plötzlich ein Mann, der uns die ganze Zeit aus einer Ladenecke heraus ein wenig misstrauisch beobachtet hat. "Wir danken Russland. Wir danken dem russischen Volk und seinem großen Führer Putin."
Bei Assads Sturz hätten einige viel zu verlieren
"Hier, ich habe noch ein Bild", sagt Shafid: Scheich Nasrallah, der Führer der libanesischen Hisbollah-Miliz. Auch sie kämpft in Syrien für den Erhalt des Assad-Regimes. Putin, Narsallah und letztlich auch der Geschäftsmann Shafid hätten viel zu verlieren, würde es stürzen. Allein schon die Vorstellung sei nicht zu ertragen, sagte uns letzter unter Tränen.
Übrigens haben wir am selben Tag noch einen Mann in Damaskus getroffen, der sich niemals ein Assad-Porträt aufhängen würde. Einer, der trotz allem noch davon träumt, dass irgendwann in Syrien andere Zeiten anbrechen. Und was wäre mit Assad, fragten wir ihn? "Wenn wir frei wählen könnten", sagte er, "würde sich hier alles ändern. Aber schon der Gedanke ist lebensgefährlich. Sie sind gnadenlos."