Die staatliche Nachrichtenagentur Sana meldete, vier weitere Kandidaten hätten am Dienstag ihre Papiere beim Verfassungsgericht abgegeben. Damit sei die Zahl der potenziellen Bewerber für das höchste Amt auf elf gestiegen. Noch ist allerdings nicht klar, wie viele von ihnen die erforderlichen 35 Unterschriften von Parlamentariern beibringen können.
Aus Sicht der Opposition ist die für den 3. Juni geplante Wahl ohnehin nicht mehr als ein "absurdes Theater". Auch westliche Diplomaten haben dringend davon abgeraten, mitten im Bürgerkrieg wählen zu lassen.
Assads erste Wahl mit "Gegenkandidaten"
Sie kritisierten auch, dass Assad kandidieren will. Seine zehn "Herausforderer" gelten als Zählkandidaten. Der bekannteste unter ihnen ist Hassan al-Nuri, ein Ex-Staatsminister und Fabrikant für Schuhputz-Schwämme. Als Kandidatin hat sich auch Sausan al-Haddad gemeldet, die für ihre Bewerbung extra aus Assads Baath-Partei ausgeschieden war.
Assad regiert Syrien seit dem Tod seines Vaters, Präsident Hafis al-Assad, im Jahr 2000. Er ist noch nie zuvor bei einer Wahl mit Gegenkandidaten angetreten. Die Bewerbungsfrist für die Kandidaten endet am kommenden Donnerstag.
Anschläge in Damaskus und Homs
Derweil geht der Krieg weiter. Bei einem Mörserangriff auf ein Viertel im Zentrum der Hauptstadt Damaskus am Dienstag wurde von bis zu 18 getöteten Menschen berichtet. Die oppositionsnahe Organisation Syrischer Menschenrechtsbeobachter berichtete, bis zu 80 weitere Menschen sollen nach unterschiedlichen Berichten verletzt worden sein. Unter den Opfern seien Kinder und Jugendliche. Die vier Granaten seien in der Nähe einer Schule und des Badreddin- al-Hassani-Institutes für sunnitische Religionswissenschaften eingeschlagen.
In der Stadt Homs starben derweil 37 Menschen durch die Explosion von zwei Autobomben. Der Doppelanschlag ereignete sich im Al-Sahra-Viertel. Dort leben vor allem Angehörige der Religionsgemeinschaft der Alawiten, zu der auch die Assad-Familie gehört.
Human Rights Watch prangert Einsatz von Fassbomben an
Die Menschenrechtsgruppe Human Rights Watch wirft der syrischen Regierung zudem systematische Angriffe auf die Zivilbevölkerung mit Fassbomben vor. In einem am Dienstag veröffentlichten Bericht dokumentiert die Gruppe 85 Angriffe auf Viertel der nordsyrischen Stadt Aleppo, die von Rebellen gehalten werden. Militärische Ziele seien "nicht in der Nähe" der angegriffenen Orte gewesen.
Syria: Before/After Satellite Imagery Shows Destruction of Barrel Bombs Strikes on Aleppo http://t.co/6H4rvoZAqx pic.twitter.com/WFImkeFdhF— Human Rights Watch (@hrw) 29. April 2014
Fassbomben sind mit Sprengstoff und Splittern gefüllt und werden meist von Helikoptern abgeworfen. Human Rights Watch bezog sich auf einen Zeitraum vom 22. Februar bis zum 2. April. Die Gruppe zitierte Informationen von Zeugen und analysierte Satellitenfotos sowie Fotos und Videos.
OPCW untersucht Giftgasangriff in Kafarsita
Die Organisation für das Verbot von Chemiewaffen (OPCW) geht zudem Vorwürfen über einen Giftgasangriff in Syrien Mitte April nach. Eine Mission werde bald nach Syrien aufbrechen, kündigte OPCW-Chef Ahmet Üzümcü an. Assads Regierung und die syrischen Rebellen beschuldigten sich gegenseitig, in der Ortschaft Kafarsita zwischen Homs und Aleppo Giftgas eingesetzt zu haben. Das US-Außenministerium teilte mit, es gebe Hinweise auf den Einsatz einer "giftigen Industriechemikalie, wahrscheinlich Chlor".
Im vergangenen August wurden bei einem Chemiewaffenangriff in Ghuta nahe der syrischen Hauptstadt Damaskus 1.400 Menschen getötet, der Westen machte Assad dafür verantwortlich. Nachdem die USA und Frankreich ihm mit einem Militäreinsatz drohten, stimmte der syrische Staatschef der Vernichtung des kompletten Giftgasarsenals zu.
Eine Vernichtung von Chlorgas, das in der Regel für industrielle Zwecke eingesetzt wird, ist zwischen der Weltgemeinschaft und der syrischen Führung nicht vereinbart. Gemäß dem Zeitplan soll die Zerstörung des Arsenals unter Kontrolle der OPCW bis zum 30. Juni abgeschlossen sein.
Wohnen in Damaskus wird teuer
Während in anderen Regionen des Bürgerkriegslandes also täglich Dutzende von Menschen bei Gefechten und Luftangriffen sterben, bleibt es im Stadtzentrum von Damaskus, das von den Truppen des Regimes von Präsident Baschar al-Assad kontrolliert wird, dagegen meist ruhig.
Viele Menschen, die nicht in Nachbarländern, sondern in Damaskus Zuflucht suchen, finden dort jedoch keine bezahlbare Bleibe. Ein möbliertes Haus kostet 75.000 bis 100.000 syrische Pfund (etwa 365 bis 487 Euro), eine Vervierfachung der Preise wird beklagt. Fast ein Drittel der syrischen Bevölkerung befindet sich auf der Flucht vor dem Krieg, 150.000 Menschen sind Schätzungen zu Folge bereits ums Leben gekommen.
(nch/ach)