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Syrien
Der Streit der Islamisten

Im Syrien-Krieg gibt es schon lange keine klaren Fronten mehr: Die Rebellen sind in viele, teils islamistisch ausgerichtete Gruppen unterteilt, die sich inzwischen gegenseitig bekämpfen. Jetzt mischt sich Al-Kaida mit einem Appell ein.

02.05.2014
    Der Aufruf stammt vom Chef des Terror-Netzwerkes, Aiman Al-Zawahiri. Es handelt sich um ein Tondokument, das auf islamistischen Seiten im Internet auftauchte. Darin wendet sich Zawahiri an die syrische Nusra-Front. Sie steht Al-Kaida nahe und gilt als deren offizieller Ableger in Syrien. Al-Zawahiri appelliert an den Chef der Nusra-Front, nicht länger gegen andere dschihadistische Gruppen vorzugehen. Stattdessen solle sich die Nusra-Front auf den eigentlichen Gegner konzentrieren. Das aber seien die "Feinde des Islam". Genauer gesagt: das syrische Regime mit der herrschenden Baath-Partei und die schiitischen Kräfte, die mit Präsident Assad verbunden sind.
    Der Hintergrund des Aufrufs von Al-Kaida ist schnell erklärt: Es gibt nämlich noch eine weitere bedeutende islamistische Gruppierung in Syrien: die ISIS. Das steht für "Islamischer Staat im Irak und Syrien", und die ISIS gilt inzwischen als radikalste Kraft im syrischen Krieg. ISIS und Nusra-Front liefern sich seit Monaten erbitterte Kämpfe - ganz ohne Beteiligung der syrischen Armee. Sprich: Die Islamisten kämpfen mittlerweile in Syrien gegeneinander.
    Al-Kaida sagt sich von ISIS los
    Das führte zu der denkwürdigen Situation, dass Al-Kaida sich eines Tages von der ISIS lossagte. Und später betonte auch die ISIS ihrerseits, dass man sich der Führung unter Al-Kaida nicht länger verpflichtet sehe. Vielmehr habe Al-Kaida sich unter ihrem Anführer Al-Zawahiri von den Grundsätzen des Heiligen Krieges entfernt. Die ISIS war 2003 im Irak entstanden, nachdem die US-Truppen dort Saddam Hussein gestürzt hatten. Später dehnte die Terrorgruppe sich nach Syrien aus.
    Al-Kaida-Chef Aiman Al-Zawahiri 2012
    Al-Kaida-Chef Aiman Al-Zawahiri 2012 (AFP / Site Intelligence Group)
    Auch heute wurden aus Syrien wieder zwei Anschläge gemeldet. Sie ereigneten sich nach staatlichen Angaben in zwei Orten in der Region Hama, das liegt zwischen Homs und Aleppo. Es soll 18 Tote gegeben haben, unter ihnen elf Kinder. Die staatliche Nachrichtenagentur SANA macht "Terroristen" für die Attentate verantwortlich, damit sind stets Regime-Gegner gemeint. Nach Angaben der in London ansässigen Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte werden die betroffenen Dörfer mehrheitlich von Alawiten bewohnt. Dieser Religion, die den Schiiten nahesteht, entstammt auch Präsident Assad. Damit könnte sich der Kreis schließen, denn es sind genau diese Bevölkerungsgruppen, die zum Beispiel von der Nusra-Front bekämpft werden. Erst vor kurzem hatte Al-Nusra sich zu einem Anschlag in einem alawitischen Viertel von Homs bekannt. Dabei starben mehr als 100 Menschen.
    (jcs/tön)