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Syrien-Flüchtlingskonferenz
Zusätzliche Hilfen gefordert

Sieben Millionen Kinder und Jugendliche sind in Syrien von der humanitären Katastrophe betroffen und auf der Flucht – das wäre in Deutschland jedes zweite Kind. Entwicklungshilfeminister Gerd Müller spricht mit Blick auf die Flüchtlingskonferenz in Berlin von einer "Jahrhundert-Katastrophe".

Von Dirk-Oliver Heckmann |
    Syrische Kurden überqueren am 20. September 2014 die Grenze nahe der Stadt Suruc die Grenze von Syrien zur Türkei.
    Der nahenden Winter wird ihre Situation der Flüchtlinge noch verschärfen. (AFP / BULENT KILIC)
    "Wir können uns nicht wegducken, und wir können uns das Problem auch nicht einfach wegwünschen" - das meinte Außenminister Frank-Walter Steinmeier bereits am Sonntag, mit Blick auf die Konferenz, die am Dienstag in Berlin stattfinden wird. Vertreter von über 40 Ländern und Organisationen kommen da im Auswärtigen Amt zusammen.
    Und das scheint auch dringend nötig. Denn - nicht nur, aber auch – aus Sicht der Millionen betroffenen Kinder kann keine Entwarnung gegeben werden; im Gegenteil. Die Lage wird im vierten Jahr des Bürgerkriegs, vor dem neuerlichen Winter-Einbruch, eher schwieriger.
    Meinte heute, im Vorfeld der Konferenz, Christian Schneider, Geschäftsführer von Unicef Deutschland, mit Blick auf die Situation etwa im Norden des Irak:
    "Während wir hier sprechen und die Syrien-Konferenz bald beginnt, hat der Winter eingesetzt. Die Familien leiden unter schweren Regenfällen, unter schweren Stürmen und sitzen dort jetzt - und zwar Zigtausende Familien. Sie warten dringend darauf, dass es eben ein Camp gibt, dass es irgendwelche Möglichkeiten gibt, den Winter zu überstehen."
    Sieben Millionen Kinder und Jugendliche sind von der humanitären Katastrophe betroffen und auf der Flucht – das wäre in Deutschland jedes zweite Kind. 1,5 Millionen Kinder sind in die Nachbarländer Syriens geflohen; in den vergangenen Jahren kamen 70.000 syrische Kinder auf der Flucht zur Welt.
    Entwicklungshilfeminister spricht von "Jahrhundert-Katastrophe"
    Der Bürgerkrieg in Syrien, der jetzt noch durch den Terror des sogenannten Islamischen Staats gesteigert wird – Entwicklungshilfeminister Gerd Müller spricht von einer "Jahrhundert-Katastrophe":
    "Und dies ist alles auch ein Anschlag auf uns. Und deshalb kann uns dies einfach nicht unberührt lassen."
    Bei der Konferenz, zu der das Auswärtige Amt, das Entwicklungshilfeministerium und der Hohe Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen, Guterres, eingeladen haben, handelt es sich aber ausdrücklich nicht um eine der zahlreichen Geberkonferenzen. Ziel der Konferenz ist es, Solidarität mit den Nachbarländern Syriens unter Beweis zu stellen, die Millionen Flüchtlinge aufgenommen haben und deren Lage konkret zu verbessern.
    Hilfe aber muss langfristig sichergestellt werden – darin sind sich alle Beteiligten einig.
    Lage der Flüchtlinge soll verbessert werden
    Konkret geht es darum, winterfeste Unterkünfte für die Millionen Flüchtlinge zur Verfügung zu stellen, ebenso wie Nahrung und sauberes Wasser. Aber auch dafür zu sorgen, dass die Kinder Zugang zu Schulen und Unterrichtsmaterial erhalten – damit nicht eine verlorene Generation heranwächst.
    Offen ist, ob die Konferenz konkrete Beschlüsse zur Folge hat. Matthias Mogge von der Welthungerhilfe – er ist zugleich Vorstandsmitglied eines Verbands deutscher Nicht-Regierungsorganisationen – hofft jedenfalls, dass das Treffen nicht zur puren Show-Veranstaltung verkommt:
    "Sondern, dass die Weltgemeinschaft Verantwortung zeigt. Dass sie zeigt, dass das Problem, dass wir dort in der Region haben, letzten Endes alle Länder in der Welt betrifft und dass wir nicht wegschauen können, sondern, dass wir uns dieses Problems annehmen müssen und beherzt handeln müssen. Und zwar jetzt."
    Es dürfe nicht sein, dass jener Mann recht behält, der der Terror-Miliz Islamischer Staat mit seiner Familie entkommen konnte, und den Christian Schneider von Unicef wie folgt zitierte:
    "Wir haben den Terror überlebt, sagte dieser Mann, aber wir wissen nicht, ob wir auch den Winter überstehen."