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Syrien-Gespräche in Genf
Machtpoker um Minimalkompromisse

Bei den Syrien-Gesprächen in Genf kristallisieren sich die Strategien beider Seiten heraus: Die Opposition erhöht den Druck auf die Gegenseite, um in humanitären Fragen Fortschritte zu erzielen. Der Regierungsdelegation aus Damaskus geht es darum, Machthaber Assad zu stärken und die Oppositionellen als Terroristen zu verunglimpfen.

Von Hans-Jürgen Maurus |
    Der Sprecher des Hohen Verhandlungskomitees der Assad-Gegner, Salem al-Meslet, gibt nach seiner Ankunft bei den Syrien-Gesprächen in Genf ein Pressestatement ab.
    Der Sprecher des Hohen Verhandlungskomitees der Assad-Gegner, Salem al-Meslet, nach seiner Ankunft in Genf (afp / Fabrice Coffrini)
    Der UNO-Vermittler Staffan de Mistura will die Delegation des syrischen Oppositionsbündnisses bereits heute empfangen, ein genauer Terminplan liegt nicht vor, doch es handelt sich ohnehin nur um ein Vorbereitungstreffen, wie de Mistura schon am Freitagabend ankündigte. Das sei eine ganz normale Prozedur, dass man beim Auftakt der intrasyrischen Gespräche vorbereitend die Agenda abklären wolle, um dann weitere Schritte anzugehen.
    Opposition stellt humanitäre Fragen in den Vordergrund
    Die Oppositionsvertreter, die ursprünglich gar nicht anreisen wollten, haben vor der Begegnung den Druck erhöht. Man wolle als erstes über die humanitären Fragen mit dem UNO-Sondergesandten sprechen, erklärte ein Sprecher des Hohen Verhandlungskomitees der Assad-Gegner. Wenn nur ein Lastwagen durchkomme, erleichtere das die Verhandlungen. Sollten die Gespräche in diesem Punkt scheitern, gebe es auch keinen Grund, sie fortzusetzen. Man werde Tage warten, aber nicht Wochen.
    Doch damit stößt die Opposition auf offene Türen beim UNO-Sondergesandten de Mistura. Denn gerade er hat ja die humanitären Fragen wie ein Ende der Blockaden von Städten und Ortschaften an die oberste Stelle seiner Prioritätenliste gesetzt, außerdem will de Mistura einen Gefangenenaustausch sowie eine Feuerpause arrangieren. Die Opposition habe einen wichtigen Punkt gemacht, erklärte de Mistura bereits am Freitag. Sie möchte eine Geste der Regierung sehen, die die Lage der syrische Zivilbevölkerung während der Gespräche verbessert, etwa die Freilassung von Gefangenen oder eine Aufhebung der Blockaden.
    Vertretern aus Damaskus geht es um Anti-Terror-Kampf
    Die syrische Regierungsdelegation versuchte gleichzeitig am Freitag bei ihrem Treffen mit dem UNO-Vermittler die Agenda zu ihren Gunsten zu beeinflussen. Die Vertreter aus Damaskus wollen den Anti-Terror-Kampf in den Vordergrund stellen, was de Mistura allerdings zurückwies. Damit werden langsam die Strategien klarer, die beide Seiten verfolgen. Die Opposition versucht, den Druck auf die Gegenseite zu erhöhen, um in humanitären Fragen Fortschritte zu erzielen, dies umso mehr als in den belagerten Städten wie Madaya, aber auch Douma, Moadamiyah, Foua, Kefraya und Deir Ezour furchtbare Zustände herrschen und gehungert wird.
    Nach Angaben der Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen sind trotz einer ersten Hilfslieferung in Madaya seit Mitte Januar weitere 16 Menschen verhungert, insgesamt soweit bekannt 46 Männer, Frauen und Kinder. Die Regierungsdelegation aus Damaskus hat ihrerseits ein Primärziel, den Diktator Baschar al-Assad an der Macht zu halten und alle Oppositionellen als Terroristen zu verunglimpfen. Es wird ein Machtpoker in Genf, bei dem Minimalkompromisse als erster Schritt denkbar, sogar möglich, aber alles andere als garantiert sind. Dem UNO-Vermittler de Mistura steht eine Herkulesaufgabe bevor.