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Syrien-Gipfel in Ankara
Alles unter dem Label des Friedens

In der türkischen Hauptstadt Ankara kommen heute die Staatschefs der Türkei, Russlands und des Irans zusammen, um über die Stabilisierung Syriens zu beraten. Die drei Länder verfolgen dabei unterschiedliche Interessen. Insbesondere über die Rolle von Machthaber Baschar al-Assad herrscht Uneinigkeit.

Von Isabel Gotovac |
    Die drei sitzen nebeneinander an Mikrofonen. Putin in der Mitte sieht man scharf, die beiden anderen an den Seiten unscharf. Erdogan scheint zu reden.
    Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan (von rechts), Russlands Präsident Wladimir Putin und der iranische Präsident Hassan Ruhani: Der Einfluss der drei Länder in Syrien könnte bald weiter wachsen. (Mikhail Klimentyev / POOL SPUTNIK KREMLIN /AP / dpa)
    Einen Tag lang wollen sich die drei Staatschefs in der türkischen Hauptstadt Ankara an einen Tisch setzen: Recep Tayyip Erdoğan, Wladimir Putin und Hassan Rohani. Alle drei mischen mit im Syrien-Konflikt und alle drei haben unterschiedliche Interessen.
    Russland gilt mit dem Iran als militärische Schutzmacht der syrischen Regierung. Die Türkei hingegen unterstützt syrische Rebellen und gilt als erbitterter Gegner von Syriens Machthaber Baschar al-Assad.
    Der Krieg in Syrien – seit sieben Jahren dauert er schon an. Und ein Ende ist nicht in Sicht. Die Waffenruhe ist brüchig, immer wieder gibt es Gefechte. Umso wichtiger ist auch dieses Treffen in Ankara, meint der türkische Journalist Deniz Zeyrek von der Zeitung Hürriyet:
    "Dieses Treffen ist wichtig, insbesondere, um eine Grundlage für eine erneute Waffenruhe in Syrien zu erwirken. In der Türkei werden sich die Vertreter jener Mächte an den Tisch setzen, die zumindest den Westen Syriens kontrollieren. Das ist angesichts einer nachhaltigen Stabilität und einer neuen Verfassung für Syrien wichtig."
    Gibt es eine Lösung mit oder ohne Assad?
    Syrien stabilisieren. Keine leichte Aufgabe. Über ihr schwebt die Frage: Gibt es eine Lösung mit oder ohne Assad? Und dabei gehen die Sichtweisen der Länder, die sich heute treffen, auseinander: Teheran will den Sturz von Assad verhindern. Denn er ist Irans einziger Verbündeter in der arabischen Welt. Vor seiner Reise nach Ankara machte der iranische Präsident Rohani klar:
    "Der Punkt ist, dass es aus unserer Sicht keine militärische Lösung für Syrien gibt. Es müssen diplomatische Wege gefunden werden und durch einen allumfassenden freien, und gerechten Dialog eine Lösung erreicht werden, die die Zustimmung der gesamten Bevölkerung von Syrien findet."
    Die Gespräche heute in Ankara sind nicht die ersten. Die drei Staaten sind die Garantiemächte im sogenannten Astana-Prozess. Bei den Verhandlungen in der kasachischen Hauptstadt Astana geht es vor allem um Waffenruhen in Syrien. Eine vierte Schutzzone wurde vereinbart – in der Provinz Idlib im Nordwesten Syriens. Dort hat die Türkei mehrere Beobachtungsposten eingerichtet, um die Einhaltung einer Waffenruhe zu überwachen, sie war mit Russland und dem Iran vereinbart worden. Der Hürriyet-Journalist Zeyrek sieht dort aber Probleme:
    "Beispielsweise hat Staatspräsident Erdoğan beklagt, dass die Türkei zur Überwachung der Waffenruhe in der Sicherheitszone um Idlib bislang sieben Posten eingerichtet habe, Russland und das Assad-Regime aber dennoch Pläne schmiedeten, Idlib zu erobern."
    "Die interessante Position der Türkei"
    Auch Idlib könnte deshalb möglicherweise ein wichtiges Thema auf der Tagesordnung der Gespräche in Ankara sein. Wenn Erdogan heute in Ankara auf Putin und Rohani trifft, dann trifft er auf zwei Lager in dem Konflikt. Zwei besonderen, meint Hakan Çelik von CNN Türk:
    "Zwei Staatschefs, die der Westen in Beschuss nimmt, werden in der Türkei sein. Die USA stellen Rohani derzeit ins Zielvisier wegen des Atom-Deals. Und Putin wird ja auch stark bedrängt. Hier zeichnet sich die interessante Position der Türkei ab: Die Türkei, einerseits Bestandteil des westlichen Bündnisses, Nato-Mitglied - auf der anderen Seite hält sie enge Beziehungen zu Russland und den Iran aufrecht. Staatspräsident Erdogan ist wohl ohne Übertreibung jener Leader, den Putin am meisten kontaktiert."
    Das war nicht immer so: Das Verhältnis zwischen Putin und Erdogan war durch den Abschuss eines russischen Kampfjets durch die Türkei im Jahr 2015 schwer angekratzt. Inzwischen ist man sich wieder nah. Zuletzt kaufte die Türkei das russische Raketensystem S-400. Und auch bei der Offensive gegen die Kurdenmiliz YPG im nordsyrischen Afrin hatte Putin Erdogan gewähren lassen.
    Der Einfluss der drei Länder in Syrien könnte bald weiter wachsen, nachdem US-Präsident Donald Trump angekündigt hatte, den Einsatz seiner Armee in Syrien bald zu beenden. Bei dem Treffen heute werden sich die Türkei, Russland und der Iran wieder neu sortieren – mit ihren jeweiligen Interessen. Alles unter dem Label des Friedens in Syrien. Denn genau darum wird es auch weiterhin gehen.