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Syrien
IS-Terroristen haben Palmyra offenbar erobert

Nach heftigen Kämpfen mit Truppen des syrischen Staatschefs Assad haben die IS-Terroristen offenbar die Oasenstadt Palmyra weitgehend eingenommen. Dort steht eine der berühmtesten antiken Stätten des Nahen- und Mittleren Ostens - ein UNESCO-Weltkulturerbe. Es ist nun in akuter Gefahr.

    Die antike Oasenstadt Palmyra - der IS rückt näher an das Welterbe heran.
    Die antike Oasenstadt Palmyra (imago stock & people)
    Kämpfer der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) haben nach Angaben von Aktivisten die Oasenstadt Palmyra im Westen des Landes unter ihre Kontrolle gebracht. Wie die in Großbritannien ansässige Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte mitteilte, zogen sich die syrischen Regierungstruppen aus der Stadt zurück. Am Montag war der IS dort noch zurückgedrängt worden.
    Die Erkenntnisse der Beobachtungsstelle stammen aus einem Informantennetzwerk in Syrien, sie können von unabhängiger Seite kaum überprüft werden. Ein Vertreter der syrischen Sicherheitskräfte hatte zuvor zumindest den Vormarsch der Dschihadisten bestätigt.
    Historisch wertvolle Bauten in Gefahr
    Die historisch wertvollen Bauten liegen im Südwesten der Stadt. Der IS-Vormarsch bringt die gut erhaltenen Ruinen aus den ersten Jahrhunderten nach Christus in Gefahr. Die ehemalige Handelsmetropole gilt als einer der bedeutendsten Komplexe antiker Bauten im Nahen Osten.
    Falls Palmyra vom IS zerstört werden sollte, wäre dies "ein unersetzlicher Verlust für die Menschheitsgeschichte" und auch für das syrische Volk, sagte der Direktor des Vorderasiatischen Museums Berlin, Markus Hilgert. Schließlich sei die Oasenstadt nicht nur "Identitätsort" für die Bevölkerung, sondern potenziell auch ein zentrales touristisches Ziel in dem Land.
    Im Nordirak hatten IS-Anhänger im Frühjahr schon einmalige Kulturstätten zerstört, darunter die Ruinen der Jahrtausende alten Stadt Nimrud und die Grabungsstätte Ninive. Außerdem ist der Verkauf von archäologischen Fundstücken und Kunstschätzen ein Mittel zur Finanzierung des Terrors, wie der Archäologe Kay Kohlmeyer im Deutschlandfunk berichtete.
    Nicht nur historisch, sondern auch strategisch wichtig
    Auch strategisch ist Palmyra für die Terroristen attraktiv. Die Stadt liegt in der Mitte Syriens zwischen Raqqa und Damaskus und verfügt zudem über einen Flughafen. Mit einer Eroberung Palmyras wäre für die IS-Kämpfer auch der Weg Richtung Westen in die größtenteils vom Regime gehaltene Stadt Homs frei.
    Ein ehemaliger General der syrischen Armee mit Kontakten zu den Streitkräften sagte, Assad wolle weitere Kämpfer nach Palmyra schicken, um die demoralisierten Truppen vor Ort zu verstärken. Nach Berichten der Beobachtungsstelle starben bei den anhaltenden und erbitterten Gefechten zahlreiche Kämpfer auf beiden Seiten. Die syrische Luftwaffe fliege Angriffe auf IS-Stellungen. Bereits vor einer Woche hatte der IS östlich von Palmyra den Ort Al-Suchna eingenommen.
    Kämpfe auch im Norden Syriens
    Auch in Nordsyrien verlor das Regime nach Angaben der Deutschen Presse-Agentur in Kämpfen gegen Islamisten an Boden. In der Provinz Idlib rückte das Rebellen-Bündnis Dschaisch al-Fatah nach Berichten von Oppositionsmedien auf die Stadt Aricha vor. Die radikale Al-Nusra-Front, der syrische Ableger des Terrornetzwerks Al-Kaida, und ihre Verbündeten hatten am Dienstag den letzten großen Militärstützpunkt des Regimes in der Region, eingenommen. Bei Luftangriffen der Regierung starben in Idlib mehr als 70 Menschen, darunter 22 Zivilisten. Am Montag hatte der IS im Irak die Stadt Ramadi westlich von Baghdad eingenommen.
    (nch/tgs)