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Syrien-Konferenz
Diplomatische Sackgasse

Bei den Verhandlungen in Genf scheint eine Lösung der Syrienkrise in weite Ferne gerückt, die UNO-Konferenz droht zu scheitern. Und die Lage im Land bleibt dramatisch: Das größte Problem sei der Hunger, klagt ein niederländischer Jesuitenpater in einer Onlinebotschaft.

28.01.2014
    Viele Menschen sitzen an einer langen Tafel bei den Syrien-Friedensgesprächen in Montreux
    Kein Weiterkommen bei den Friedengesprächen (picture-alliance / dpa / Arnd Wiegmann)
    "Die Menschen finden nichts zu essen", heißt es in Frans van der Lugts YouTube-Appell um Hilfe für die Menschen in der Stadt Homs. Die Echtheit der Botschaft wurde von den Jesuiten-Gemeinden in den Niederlanden und in Flandern bestätigt. Das knapp dreiminütige Video zeigt den 75-jährigen Pater offenbar in einer Kirche zwischen gelben Pappschildern. Darauf ist zu lesen: "Acht Fälle von Hungertoten", "100 Fälle von Menschen, die dringender Operationen bedürfen", "250 Familien kurz vor dem Hungertod" und "An Hunger zu sterben ist viel schmerzhafter als an Chemiewaffen". Erst kürzlich hatten Rebellen mit ebensolchen gelben Schildern auf die Lage in Homs aufmerksam gemacht.
    Die Region von Homs ist seit bald zwei Jahren Schauplatz von Kämpfen. In von Rebellen eingenommenen Vierteln der Stadt, die von der syrischen Armee belagert und beschossen werden, leben nach Angaben der in London ansässigen Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte 3.000 Zivilisten unter fürchterlichen Bedingungen, häufig ohne ausreichend Nahrung und Medikamente.
    Der Pater Frans van der Lugt, undeutlich zu erkennen in einem dunklen Raum
    Frans van der Lugt: An Hunger zu sterben ist viel schmerzhafter als an Chemiewaffen (youtube)

    "Es ist unmöglich, so weiterzumachen, wir brauchen eine echte Hilfe", fährt van der Lugt fort und verweist auf die seit anderthalb Jahren andauernde Belagerung der Stadt. Der Pater und Psychotherapeut ist seit 1966 in Syrien. Am Montag teilte das Internationale Komitee vom Roten Kreuz mit, dass die syrische Regierung bislang keine humanitären Maßnahmen für Frauen und Kinder in Homs ergriffen habe, obwohl Regierungsvertreter am Wochenende zugesagt hatten, Frauen und Kindern das Verlassen der Stadt im Westen des Landes zu ermöglichen und Hilfskonvois zu den dort notleidenden Menschen durchzulassen.
    Ein neuer Anlauf im Februar?
    Bei ihren Verhandlungen über humanitäre Fragen haben die syrischen Konfliktparteien derweil keine Fortschritte erzielt. "Ich fürchte, ich habe nicht viel zu berichten", sagte der internationale Sondergesandte Lakhdar Brahimi in Genf. Auch Brahimi betonte, dass die Menschen in Homs noch immer auf ihren freien Auszug warteten.
    Vor allem wegen des anhaltenden Streits um die politische Zukunft von Präsident Baschar al-Assad drohen die Gespräche zu scheitern. Trotz erheblicher Differenzen in dieser Frage sollen sie aber zunächst bis Freitag fortgesetzt werden, wie Brahimi sagte. Der algerische Diplomat vermittelt im Auftrag der Vereinten Nationen und der Arabischen Liga. Die verfeindeten Parteien trafen sich nur am Dienstagmorgen, eine ursprünglich für den Nachmittag angesetzte Sitzung wurde von Brahimi abgesagt.
    Ein westlicher Diplomat, der mit dem Verhandlungsstand vertraut ist, sagte der Nachrichtenagentur dpa: "Die Gespräche sind praktisch in einer Sackgasse." Westliche Beobachter seien darauf eingestellt, dass die Gespräche spätestens am Freitag "ohne nennenswertes politisches Ergebnis ausgesetzt werden". Ein neuer Anlauf wäre im Februar denkbar.
    "Leichte Waffen" aus den USA?
    Der frühere UN-Generalsekretär Kofi Annan rief die internationale Gemeinschaft auf, alles zu tun, um den "Albtraum" des syrischen Volkes zu beenden. "Wir alle, auch unsere iranischen Gastgeber, sind zutiefst besorgt über die tragische Situation in Syrien", sagte Annan nach einem Treffen mit dem iranischen Außenminister Mohammed Dschawad Sarif in Teheran. Der Iran, einer der stärksten Verbündeten Assads, war im letzten Moment wieder von der Friedenskonferenz in der Schweiz ausgeladen worden. In einem Interview mit der "Neuen Zürcher Zeitung" bestritt Sarif, dem Verbündeten mit eigenen Soldaten unter die Arme zu greifen.
    Laut "Reuters" haben die USA leichte Waffen an syrische Rebellen im Süden des Landes geliefert. Die Finanzierung der Rüstungslieferungen seien vom US-Kongress in geheimen Abstimmungen gebilligt worden. Die Nachrichtenagentur beruft sich auf Informationen aus amerikanischen und europäischen Sicherheitskreisen. Zu den Waffen gehören demnach leichte Infanteriewaffen, aber auch Panzerabwehr-Raketen. Im vergangenen Jahr hatte der US-Kongress Waffenlieferungen an syrische Rebellen noch blockiert.