Die Sprecherin des internationalen Sondergesandten Lakhdar Brahimi teilte während des ersten Gesprächs mit: "Die beiden Delegationen treffen sich jetzt gerade mit dem Gesandten im Sitz der Vereinten Nationen." Der Satz ist insofern etwas Besonderes, als die direkten Gespräche dauernd auf der Kippe standen: Erst gestern drohte Außenminister Walid al-Muallem damit, dass seine Delegation abreist.
Das erste Treffen in Genf heute dauerte nur eine halbe Stunde, wurde aber am Nachmittag fortgesetzt. Was aus den Beratungen wird, ist trotz allem weiter offen. Die syrische Nachrichtenagentur SANA - ein Medium des Regimes - wird heute mit folgender Botschaft zitiert: "Die syrische Delegation hat die Prinzipien des Genf-1-Dokumentes nicht akzeptiert". Genf 1: Damit ist das erste Genfer Abkommen gemeint, bei dem die Grundrisse einer Übergangsphase in dem Bürgerkriegsland festgelegt worden waren. Das war im Sommer 2012.
Problematisch ist auch die Rolle der Opposition. Sie hatte sich erst auf starken diplomatischen Druck hin bereiterklärt, überhaupt in die Schweiz zu reisen. Außerdem beharrt sie bislang darauf, dass die Regierung in Damaskus und allen voran Machthaber Assad abtritt. Diese Forderung lehnt das syrische Regime ausdrücklich ab.
Hilfskonvoi für Homs vielleicht möglich
Nach dem zweiten Gespräch am Nachmittag hält der UNO-Sondergesandte Brahimi auch Hilfslieferungen für die belagerte syrische Stadt Homs in den kommenden Tagen für möglich. Das machte Brahimi nach der zweiten Beratungen unter direkter Beteiligung der beiden Parteien im Syrien-Konflikt deutlich. Demnach könnte ein Konvoi mit Nahrungsmitteln und Medikamenten bereits morgen nach Homs aufbrechen, wenn darüber bei den Gesprächen in Genf eine Einigung erzielt werde. Brahimi kündigte an, bei den für morgen angesetzten Beratungen einen möglichen Gefangenenaustausch zur Sprache zu bringen.
Was geschieht mit ISIS und Nusra-Front
Doch die Gespräch sind nur ein sehr kleiner Schritt zur Konfliktlösung in Syrien. Wichtige Akteure des Krieges sind auf der Konferenz überhaupt nicht vertreten. Im Norden Syriens haben islamistische Gruppen wie die ISIS (Islamischer Staat im Irak und Syrien) sowie die Nusra-Front großen Einfluss. Sie bekämpfen sich auch immer wieder gegenseitig. Insofern stellt sich die Frage, welche Relevanz eine Einigung in Genf, so unwahrscheinlich sie ist, überhaupt hätte und ob die islamistischen Terrorgruppen sich davon überhaupt beeindrucken lassen. Gestern sagte dazu der libanesische Drusenführer Walid Dschumblatt im Deutschlandfunk:
"Die islamistische Gefahr, das ist der Vorwand des Westens, um Assad an der Macht zu halten. Das lehne ich ab. Es gibt islamistische Elemente, das stimmt. Aber diese Elemente können zurückgedrängt werden und die gegenwärtige Opposition kann die Kontrolle übernehmen. Vorausgesetzt sie kann sich im Land durchsetzen, sie bestimmt die Übergangsphase und sie kontrolliert die Armee. Die Alternative entweder Assad oder Islamisten, die als Vorwand genutzt wird, lehne ich ab."
Heute erklärte der iranische Präsident Hassan Rohani, mit Friedenskonferenzen könne die Krise in Syrien nicht bewältigt werden. Vorher müsse man sich auf die Bekämpfung des Terrorismus einigen. Auch brauche man einen Korridor für humanitäre Hilfe. Der Iran ist als Akteur ebenfalls nicht in der Schweiz vertreten - um die Einladung an Teheran hatte es besonders viel Streit gegeben. Erst lud UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon den Iran ein, dann gab es heftige Kritik, dann lud er das Land wieder aus und erntete Stirnrunzeln.
Die Organisation "Pro Asyl" teilte mit, Deutschland müsse schneller Flüchtlinge aus Syrien aufnehmen. Geschäftsführer Burkhardt sagte im Deutschlandradio Kultur, die Visa-Erteilung müsse vereinfacht werden. Deutschland will 10.000 Flüchtlinge ins Land lassen, bislang sind 3.000 eingetroffen.