In einem jordanischen Armeelazarett in der Nähe der Grenze zu Syrien behandeln Ärzte verletzte und geschwächte Syrer. Die Patienten seien zumeist Frauen und Kinder, erläutert der Militärarzt Muhammad Jayousi, aber auch ältere Menschen und solche, die behindert sind oder an chronischen Krankheiten leiden.
In den Zelten des Lazaretts liegen sie auf Feldbetten. Unter ihnen Abu Ziyad, dem gerade der rechte Fuß verbunden wird. Die Situation im Südwesten Syriens sei schlimm, erzählt er: Kampfflugzeuge, Luftangriffe, Bomben, die Menschen zerfetzt hätten.
Am Donnerstag haben die syrische und die russische Luftwaffe ihre Angriffe auf Ziele in der Provinz Deraa im Südwesten Syriens noch einmal verstärkt. Die Lage der Flüchtenden verschlechtere sich ständig, betont Anders Pedersen, der Nothilfekoordinator der Vereinten Nationen in Jordanien.
"Die Situation entwickelt sich vom schlimmsten möglichen Szenario zu einem unvorstellbaren. Das müssen wir auf jeden Fall verhindern."
Am Mittwoch scheiterten Verhandlungen zwischen den Aufständischen in der Provinz und der russischen Armee. Kurz darauf wurden die Bombardements intensiviert. Am Donnerstag sollen innerhalb weniger Stunden Hunderte von Bomben niedergegangen sein, berichtet die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte, deren Angaben nicht unabhängig überprüft werden können. Etliche Augenzeugen aus verschiedenen Orten in dem Gebiet schildern ähnliches. Ein Reporter der Nachrichtenagentur AFP, der sich im Süden der Provinzhauptstadt Deraa aufhält, beschreibt die Angriffe als die stärksten seit Beginn der Offensive vor gut zwei Wochen.
Flucht vor Angriffen
Zuerst brauche man eine Waffenruhe. Nur dann könne eine humanitäre Katastrophe verhindert werden, erklärte der jordanische Außenminister Ayman al-Safadi am Mittwoch in Moskau. Seine Regierung habe zusammen mit Russland und den USA eine Deeskalationszone für die Provinz Deraa ausgehandelt, und sie fühle sich dieser Vereinbarung immer noch verpflichtet.
Die Vereinbarung erlaubt es, trotz Waffenruhe die Extremisten von der einstigen Nusra-Front und vom IS zu bekämpfen. Die gibt es zwar in der Provinz, aber nach übereinstimmenden Berichten sind es mehrheitlich Aufständische anderer Gruppen, die dort aktiv sind. Der russische Außenminister Sergej Lavrov besteht offenbar trotzdem darauf, dass die Armeen Syriens und Russlands im Rahmen der Abmachungen handeln.
Die Vereinbarung über die Deeskalationszonen würde eine Reihe von Optionen zulassen, erklärte er in Moskau vage. Gleichzeitig verlange sie, dass es gegenüber den Milizen der Nusra-Front und des IS keine Nachgiebigkeit geben dürfe.
Nach Angaben der Vereinten Nationen könnten es inzwischen bis zu 330.000 Menschen sein, die vor den Angriffen fliehen. Die meisten suchen Schutz an der Grenze zu Jordanien oder in der Nähe der Golanhöhen, die Israel besetzt hält. Jordanien lässt flüchtende Syrer derzeit nur ins Land, wenn sie medizinische Nothilfe brauchen.