Ein Ban in Wut. Es ist sein letzter Auftritt zur Eröffnung einer UN-Generaldebatte, und in zehn Jahren als UN-Generalsekretär hat sich angestaut, was Ban Ki Moon heute 193 Mitgliedsstaaten im Weltsaal entgegenrief. Die UN funktionieren nicht mehr, wie sie sollten.
"Wir dürfen Konsens nicht mit Einstimmigkeit verwechseln", sagt er – eine Ohrfeige für den Sicherheitsrat, der seit über fünf Jahren die blutigste Wunde der Welt und der UN bluten lässt: Syrien. Ban Ki Moon, empört nach dem jüngsten Angriff auf einen UN-Hilfskonvoi dort, lässt endlich alle Diplomatie fahren.
"Immer, wenn wir denken, es geht nicht mehr schlimmer, dann sinkt die Verdorbenheit noch ein Stück tiefer."
Die Regierung Syriens: Ban Ki Moon nimmt angesichts von über 300.000 Toten, 12 Millionen Vertriebenen kein Blatt mehr vor den Mund. Viele Gruppen in Syrien hätten viele Unschuldige getötet – keine so viele wie die Regierung in Syrien.
Staunen im Saal
Fassbomben aufs eigene Volk, tausende Häftlinge in den Gefängnissen würden systematisch gefoltert – und Ban Ki Moon ist noch lange nicht fertig. Mächtige Schutzherren würden die Maschine des Krieges füttern, sie hätten Blut an den Händen.
Im Saal staunen sie über die ausgesprochene Wut eines UN-Generalsekretär, der sagt, er werde unter Druck gesetzt, UN-Helfer würden schikaniert, Mitgliedsstaaten hielten sich an keine aufgestellte Regel, versuchten UN-Berichte zu ändern. Und weil in Syrien viele Nationen ihre ganz eigenen Interessen verfolgen, schaute Ban Ki Moon ins weite Rund des Weltsaals.
"Hier im Saal sitzen Vertreter von Regierungen, die Gräueltaten in Syrien finanziert, unterstützt, geplant oder sogar ausgeführt haben, auf allen Seiten der Kriegsparteien."
Dass gerade in Syrien Helfer starben, Hilfskonvois brannten, Menschen zugleich verhungern, während die Kriegsparteien zusehen – Ban Ki Moon hatte offenbar genug.
Diplomaten im Konjunktiv, Ban in Rage
"Es gibt eine erbärmliche Verrohung der Welt. Die Bombardierung des Hilfskonvois das jüngste Beispiel. Die Helfer sind Helden, diejenigen, die die Bomben warfen, sie sind Feiglinge."
Am Morgen vor der Generalversammlung hatten die Außenminister der Unterstützergruppe für Syrien getagt, geredet, gerätselt. Der deutsche Außenminister Steinmeier einer von ihnen. Ratlosigkeit, Hilflosigkeit – zu sehen und zu hören, auch dort.
"Und es dokumentiert erneut, dass wir offensichtlich noch nicht am Ende der Entgrenzung der Gewalt in Syrien sind."
Entgrenzung der Gewalt – Diplomatensprache für das, was Ban Ki Moon später als erbärmliche Verrohung geißelt. Fassbomben, Giftgas, jetzt bombardierte Hilfskonvois. Nach zehn Jahren aber heute Klartext des UN-Generalsekretärs. Die Diplomaten hier in New York, sie reden weiter im Konjunktiv. Ban Ki Moon aber redete sich heute in Rage.