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Syrisch-Orthodoxe Kirche
Unheilige Allianz mit dem Assad-Regime

Der Patriarch der syrisch-orthodoxen Kirche unterstützt bedingungslos das Assad-Regime. "Lieber habe ich einen säkularen Diktator als einen religiösen, der behauptet, im Namen Gottes zu handeln", sagte Ignatius Aphrem II. auf der Weltmissionskonferenz in Tansania. Von Menschenrechtsverletzungen will er nichts wissen.

Von Raphael Rauch |
    Ignatius Aphrem II., der Patriarch der Syrisch-Orthodoxen Kirche, bei einem Besuch in Moskau im November 2015
    Der Patriarch Ignatius Aphrem II. steht fest an der Seite Assads (Picture Alliance / Alexander Shcherbak)
    Ignatius Aphrem II. ist ein Mann, der Eindruck macht: Rauschebart, aufrechter Gang, schwarze Kopfbedeckung. Mit einem aus Holz geschnitzten Bischofsstab betritt er selbstbewusst die Konferenzhalle in Arusha. Am Fuße des Kilimandscharo tagt die Weltmissionskonferenz. Über 1.000 Kirchenvertreter aus aller Welt sind gekommen. Sie begrüßen den Patriarchen mit dem Titel "Seine Heiligkeit". Doch es ist eine unheilige Allianz, die die syrisch-orthodoxe Kirche seit Jahren eingeht. Sie hält fest zum syrischen Diktator Assad.
    Aphrem II. sagt: "Ich unterstütze die legitime Regierung von Syrien, die von den Vereinten Nationen und der ganzen Welt anerkannt ist. Präsident Assad ist der Präsident von Syrien. Ich persönlich mag ihn, er ist ein guter Mensch und ein Mann, der unser Land vor Invasoren von außen beschützt. Unser Land wird von Dschihadisten aus über 86 Ländern angegriffen."
    Tanz mit dem Teufel
    Ein Kirchenmann, der Assad pauschal einen Persilschein ausstellt. Von Menschenrechtsverletzungen will der Patriarch nichts wissen.
    "Niemand hat bewiesen, dass die syrische Regierung Chemiewaffen verwendet hat. Stattdessen weigern sich die Vereinten Nationen und der Westen, Chemie-Angriffen in Syrien nachzugehen."
    Überhaupt klingt Ignatius Aphrem wie der verlängerte Arm des syrischen Regimes. Er wählt die gleiche Argumentation, die gleiche Rhetorik, das gleiche Feindbild. Ohne Assad breche das Land auseinander, gebe es weder Frieden noch Sicherheit.
    Er sagt: "Wir sehen Präsident Assad als Mann, der Stabilität und Frieden nach Syrien zurückbringen und das Land einen kann."
    Beobachter sprechen von einem Tanz mit dem Teufel, der bewusst kalkuliert sei. Denn Assad halte seine schützende Hand über die Syrisch-Orthodoxe Kirche. Der säßen die Islamisten im Nacken.
    Der Patriarch: "Von Anfang an hatten wir Angst, dass extremistische Gruppen die Regierung übernehmen könnten - und wir standen kurz davor, mit den Muslimbrüdern, Salafisten und Wahabiten. Ich habe immer gesagt: Selbst angenommen, Assad wäre ein Diktator, er ist ein säkularer Mann. Und lieber habe ich einen säkularen Diktator als einen religiösen, der behauptet, im Namen Gottes zu handeln."
    "Die Leute haben Angst"
    Kritiker werfen dem Patriarchen vor, er übertreibe es mit der Anbiederung. Etwa, als er Assad zu einer Synode in Syrien einlud und dem Diktator so willkommene Fernsehbilder lieferte. Ignatius Aphrem weist den Vorwurf zurück. Ihm sei es wichtig, Christen zu schützen.
    "Jeden Moment kann sie eine Granate oder eine Bombe treffen. Auf der Straße oder im Auto kann sie oft eine Bombe treffen und sie werden getötet. Das bedeutet: weniger Gottesdienstbesucher am Sonntag und an Feiertagen. Die Leute haben Angst. Aber das Leben geht weiter."
    Die vielen Toten, das große Leid, spurlos gehe das nicht an ihm vorbei, sagt der Patriarch der syrisch-orthodoxen Kirche. Sehr wohl stelle er sich die Frage nach Gott in diesem Elend. Eine alte Frage der Theologie, die Theodizee.
    "Es gab Momente, in denen ich die Frage stellte: Wo bist Du, Gott? Warum lässt Du das zu? Wenn ein Baby namens Elias in den Armen seiner Mutter von einer Granate getroffen wird. Die Eltern werden ins Krankenhaus gebracht und das Baby unterdessen beerdigt, ohne dass die Mutter davon weiß. Dann stelle ich die Frage nach Gott. Oder wenn zwei Erzbischöfe aus Aleppo vom IS entführt werden. Seit fast fünf Jahren haben wir kein Lebenszeichen von ihnen."
    "Wir kommen mit den Muslimen klar"
    Ein Frieden in Syrien ist nicht in Sicht. Um den Dialog der Religionen macht sich das Oberhaupt der syrisch-orthodoxen Kirche aber keine Sorgen.
    "Um in Frieden zu leben, müssen wir einander respektieren, trotz der Unterschiede. Alles in allem leben wir mit den Muslimen seit 1500 Jahren zusammen, wir kommen miteinander klar. Was in Syrien passiert, hat mit Religion nichts zu tun. Religion wird für diese Angelegenheit benutzt, ja gekapert."
    Die Religionen nicht instrumentalisieren für Machtpolitik - ein Appell der syrisch-orthodoxen Kirche, der nur bei wenigen verfängt - wirkt sie selbst doch nur wie ein Instrument in Assads Machtkalkül. Da der sich aber nach wie vor an der Macht hält, könnte die Rechnung für beide Seiten aufgehen.