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Syrische Flüchtlinge
Durch Schlepper getrennt, in Deutschland wieder vereint

Millionen Syrer haben ihre Heimat verlassen und suchen im Ausland nach Sicherheit. Auf ihrem Weg nach Deutschland wurde die Familie Mahmoud auseinandergerissen. Erst ein Zufall und die Hilfe einer ehrenamtlichen Lehrerin brachte sie wieder zusammen.

Von Beate Hinkel |
    Syrische Flüchtlinge überqueren am 21. September 2014 bei Sanliurfa die Grenze zur Türkei.
    Millionen Syrer sind seit Beginn der Kämpfe in ihrer Heimat auf der Flucht. (pa/dpa)
    Das Wohnzimmer der Familien Mahmoud und Ferhan wirkt geräumig. In dem rund 20 Quadratmeter großen Raum steht nur das Nötigste: Zwei schwarze Ledersofas, An der Wand steht eine kleine Schrankwand. Darauf ein Fernseher und Familienfotos.
    Samira Mahmoud, die Mutter von Joudi, fingert unruhig an einem Kabel herum. Nur ungern erinnert sie sich an ihre Flucht aus Syrien:
    "Da war Krieg, darum sind wir nach Deutschland geflohen. Da gab es Leute, die das alles für uns organisiert haben. Wir haben alles verkauft, unser Haus, unsere Sachen, haben die bezahlt und sind ausgereist."
    Eine schwere Entscheidung. - In Istanbul passierte dann das Unfassbare. Die fünfköpfige Familie wurde von ihrem ältesten Sohn Joudi getrennt und sollte ohne ihn weiterreisen. "Er würde später nachkommen", sagten die Schlepper. - Samira Mahmoud wurde mit ihren beiden jüngeren Söhnen weiter nach Deutschland geschleust. Der Vater folgte schweren Herzens, nachdem er einige Wochen vergeblich versucht hatte, Joudi in der Millionenstadt Istanbul zu finden. Die 38-jährige Mutter erinnert sich:
    "Ich war traurig, ich habe jeden Tag geweint. Ich war traurig und krank und einige Male beim Arzt."
    Auch Joudi ging es nicht gut. Er hatte Angst, weil er nicht wusste, wie es weitergeht. Vier Wochen später wurde er dann von den Schleppern nach Athen geschickt:
    "Ich war immer traurig. Weinen. Ich habe auf der Straße geschlafen. Mülleimer. Ich war ganz alleine sechs Monate."
    In all den bangen Wochen gab es keinen Kontakt zwischen Joudi und seinen Eltern. Die hatten gleich nach ihrer Ankunft im Übergangswohnheim in Dinklage versucht, Hilfe zu bekommen:
    "Da gab es jemanden, aber der hat nichts gemacht. Er hat gefragt, was er machen soll. Er hat keine Anfrage gestellt. Das hat alles Eva gemacht."
    Eva ist Eva Bockhorst, eine engagierte Lehrerin, die ehrenamtlich Flüchtlingen in Dinklage Deutschunterricht gibt. Ihr war Joudis Mutter aufgefallen:
    "Sie war sehr passiv, todtraurig und nahm immer mehr ab. Ich konnte mich ja leider noch nicht mit ihr verständigen. Hatte dann aber das Glück, dass ich ihre beiden Söhne in der Grundschule auch im Deutschunterricht hatte, sodass ich gefragt habe: 'Was ist mit Mama?' Aber dann sagte Milat: 'Wegen Joudi.'"
    Die Geschichte ließ Eva Bockhorst keine Ruhe. In den Herbstferien 2012 stellte sie für die Familie eine Suchanfrage beim Türkischen Roten Halbmond und beim UNHCR. Zwar ohne Erfolg, doch eine Möglichkeit, die schon früher hätte genutzt werden können. Dann kam der lang ersehnte Anruf, erinnert sich Eva Bockhorst. Joudi hatte Leute in Athen kennengelernt, die ihm ein Handy gegeben hatten, mit dem er seine Eltern anrufen konnte. Nach Wochen voller Ungewissheit, ein Lebenszeichen:
    "Aber er konnte nicht sprechen. Er war nur am Weinen und hatte nur gesagt 'Attina', also Athen. Und da haben wir gesagt, so, jetzt wissen wir wenigstens, wo er ist. Und dann hab ich in meiner Naivität gedacht: 'Och, kein Problem, dann fährst Du hin und wir holen ihn rüber nach Deutschland.' Aber dem war halt nicht so."
    Es folgte ein langer, aufreibender Weg durch die Behörden, um Joudi nach Deutschland zu holen. Doch mit Eva Bockhorst hatte Joudis Mutter jemanden an ihrer Seite, der sich einsetzte. Ohne ihre Hilfe hätte Samira Mahmoud nicht weitergewusst:
    "Ich habe mich gefreut. Da war alles gut."
    Als Joudi dann acht Monate nach seinen Eltern in Deutschland landete, war die Freude groß:
    "War gut, sehr gut. Ich habe meine Mutter gesehen und meinen kleinen Bruder, meine Verwandten, alle gesehen. Eva war sehr gut mit uns. Sie hat viel, viel geholfen."
    In die Heimat zurückzukehren, das kann sich die Familie nicht vorstellen. Schon vor dem Krieg sei es kein gutes Leben in Syrien gewesen, sagt Samira Mahmoud:
    "Wir wollen jetzt nur in Deutschland bleiben. Wir leben in Ruhe, essen in Ruhe, schlafen in Ruhe. Hier ist alles gut."