Migrationsdebatte
Syrischstämmiger Bürgermeister fordert kritischeren Umgang mit Geflüchteten

In der Migrationspolitik fordert der syrischstämmige Bürgermeister von Ostelsheim in Baden-Württemberg einen kritischeren Umgang mit Geflüchteten. Ryyan Alshebl, der selbst vor neun Jahren als Flüchtling nach Deutschland gekommen ist, sagte, sowohl die Kommunen als auch die Gesellschaft als Ganzes könnten nicht mehr ausreichend auf die anhaltende Migration reagieren.

    Ein junger, dunkelhaariger Mann, Ryyan Alshebl, lächelt in die Kamera.
    Der gebürtige Syrer Ryyan Alshebl ist 2015 vor dem Bürgerkrieg in seiner Heimat nach Deutschland geflohen (picture alliance / dpa / Christoph Schmidt)
    Im Deutschlandfunk warnte er aber davor, das Thema immer wieder nach Anschlägen zu diskutieren. Dies führe zu einer Spaltung der Gesellschaft. Alshebl betonte, Geflüchtete bräuchten Hilfe beim Erlernen der deutschen Sprache und mehr seelische Betreuung. Auf der anderen Seite sollten sie nur in die Kommunen gebracht werden, wenn sie sich ausweisen könnten. Fast jeder Zweite komme ohne Papiere, in der Hoffnung, so höhere Chancen auf Asyl zu haben. Es dürfe deshalb kein Tabu sein, die Handys von Geflüchteten zu untersuchen, um ihre Identität festzustellen.

    "Keinen pauschalen subsidären Schutz für Syrer"

    Einen pauschalen subsidiären Schutz für Syrer sieht Alshebl nicht mehr gegeben. Stattdessen müsse individuell hingeschaut werden. Abschiebungen nach Syrien sieht er aber kritisch, denn dafür müsse Deutschland seine Beziehungen zu jenem Assad-Regime normalisieren, vor dem er geflohen sei.
    Im Bemühen um mehr Abschiebungen nach Afghanistan schlägt der Migrationsbeauftragte der Bundesregierung, Stamp, direkte Gespräche mit den dort regierenden islamistischen Taliban vor. Der FDP-Politiker sagte der "Welt am Sonntag", unverbindliche Sondierungsgespräche könnten eine Option sein. Stamp plädierte dafür, die Möglichkeit eines direkten Austauschs sorgsam abzuwägen. Er verstehe die ablehnende Haltung einiger Außenpolitiker. Deutschland habe aber ein ernsthaftes Rückführungsinteresse. Der CDU-Vorsitzende Merz sagte dem Blatt, er rate zu direkten Verhandlungen mit den Taliban. Die Bundesregierung habe die technischen Kontakte, die notwendigen Kenntnisse und das Personal.

    SPD-Bundestagsabgeordnete Wallstein: "Nicht die Rhetorik der AfD übernehmen"

    Die brandenburgische SPD-Bundestagsabgeordnete Wallstein warnte davor, in der Debatte über Migration die Rhetorik der AfD zu übernehmen. Wallstein sagte ebenfalls im Deutschlandfunk, es dürfe nicht zu einem Überbietungswettbewerb kommen. Zurzeit müsse die AfD nur husten, sofort versuchten alle anderen, sich zu rechtfertigen. Wer aber nach rechts springe, mache die Rechten stark. Wallstein sagte, es sei wichtig, Kommunen bei der Versorgung von Geflüchteten nicht allein zu lassen, den Rechtsstaat durchzusetzen und die Integration zu verbessern.
    Am Dienstag kommen in Berlin erneut Vertreter der Bundesregierung, der Länder sowie der Unionsparteien zu weiteren Beratungen über das Vorgehen in der Migrationspolitik zusammen.
    Bundespräsident Steinmeier ruft alle Beteiligten zur Kompromissbereitschaft auf. Er verfolge die andauernden Migrationsgespräche mit der Erwartung einer Verständigung zwischen Regierung und größter Oppositionspartei, sagte er in Berlin. Es bedürfe einer gesamtstaatlichen Anstrengung - über Parteigrenzen und staatliche Ebenen hinweg.
    Diese Nachricht wurde am 07.09.2024 im Programm Deutschlandfunk gesendet.