Yannis Milios hat in den 70er-Jahren in Darmstadt und Osnabrück studiert. Elmar Altvater, einen der akademischen Mentoren der 68er-Bewegung nennt er als einen der Wissenschaftler, die ihn damals besonders beeindruckten. Literatur, die ihn prägte, las Milios auf Deutsch:
"Der theoretische Rahmen, den Karl Marx begründet hat. Auch die theoretische Richtung von Siegmund Freud, die Frankfurter Schule."
Als Student war er Mitglied der Kommunistischen Partei Griechenlands gewesen. Nicht der Staatssozialismus nach sowjetischen Muster sei damals ihr Vorbild gewesen, sondern der Euro-Kommunismus für den die KPs in Italien und Frankreich standen, sagt Milios.
Jetzt sitzt der Wirtschaftsprofessor mit vollem, grauen Haar in Berlin im Gebäude des einstigen SED Zentralorgans Neues Deutschland. Die KPD hat hier heute ihren Sitz, ebenso die der Linkspartei nahestehende Rosa Luxemburg Stiftung. Zwei Wochen vor der Parlamentswahl in Griechenland ist Milios hierhergekommen, um für Vertrauen in die Wirtschaftspolitik von Syriza zu werben.
"Wir haben alles durchgerechnet, wir können unser Programm umsetzen", beteuert Milios, der an der Nationalen Technischen Universität in Athen Professor für Wirtschaftspolitik ist.
"Wir wollen kein neues Haushaltsdefizit schaffen. Wir waren die Partei, die die Regierung immer davor gewarnt hat, dass eine Überschuldung in die Krise führt"
Neuer Schuldenschnitt im Gespräch
Schon bei den letzten Parlamentswahlen in Griechenland setzte die Aussicht auf einen Syriza-Sieg hektische Spekulationen über ein Ausscheiden Griechenlands aus der Eurozone in Gang. Von vielen ihrer damaligen Forderungen ist Partei seitdem abgerückt.
"Wir haben klar gesagt: die Einkommen, Löhne nicht wieder auf das Niveau von 2009 ansteigen", sagt der Syriza-Chefökonom.
Doch die nach 2010 beschlossenen Senkungen von Mindestlohn, Renten und Beamtengehältern will Syriza zurücknehmen. Vor allem aber will die Partei ihren Gläubigern in der EU und bei der Weltbank einen deutlichen Schuldenschnitt abverhandeln. Als Vorbild verweist Milios auf die Londoner Schuldenkonferenz von 1953:
"Damals wurde Deutschland ein Großteil seiner Schulden erlassen. Und die Rückzahlung wurde an eine Wachstumsklausel gebunden."
Und noch eine historische Rechnung will Syriza präsentieren: Die Forderung nach Reparationen für deutsche Kriegsverbrechen sowie die Rückzahlung eines Zwangskredits, den die deutschen Besatzer der griechischen Staatsbank abpressten:
"Die griechischen Regierungen haben das bis jetzt nicht ernsthaft verfolgt. Wir werden das in unseren bilateralen Beziehungen auf den Tisch legen", kündigt Milios an.
Das Wohlwollen der kleinen Links-Opposition im Deutschen Bundestag, deren Vorsitzender Bernd Riexinger Syriza nächste Woche auch im griechischen Wahlkampf unterstützen will, wird dann allerdings nicht genügen.
"Wir haben verbündete, nicht nur im Süden Europas," beteuert Yannis Milios.
Welche Kontakte er bei seiner Werbetour in Europa außerhalb der Rosa-Luxemburg Stiftung und der Linkspartei geknüpft hat, will Milios an diesem stürmischen Januar-Nachmittag in der Zentrale der Rosa-Luxemburg-Stiftung nicht benennen. Draußen schiebt ein älterer Mann eine Kiste mit roten KPD-Fahnen in seinen Kombi. Syriza hat einen schweren Weg vor sich, wenn sie als künftige Regierungspartei in der Mitte Europas erfolgreich sein will.