Die Al Farouk-Moschee besteht aus zwei Räumen im Erdgeschoss einer Ladenzeile unweit des Potsdamer Landtages. Dutzende Menschen haben sich versammelt, auch vor den offenen Fenstern zur Straße stehen Neugierige und schauen hinein. Drinnen sitzt Imam Kamal Abdallah im Schneidersitz auf dem Teppich und begrüßt die Gäste.
"Macht es Euch gemütlich, fühlt Euch wie zuhause. Unser Verein wurde 1998 gegründet, von einem Bruder aus der Türkei. Wir fühlen uns in Potsdam zu Hause."
Der ehrenamtliche Imam arbeitet für die "Stiftung Preußische Schlösser und Gärten". Ursprüngliche komme er aus dem Libanon, erklärt der bärtige Mann mit den freundlichen Augen, mittlerweile sei er aber deutscher Staatsbürger. Dann erklärt er die Grundlagen des Islam, die Pilgerfahrt nach Mekka, die täglichen fünf Gebete mit dem Glaubensbekenntnis.
"Wir glauben an Allah und Mohammed, seinen Propheten. Natürlich glauben wir Muslime an alle Propheten: Von Adam, bis Abraham, Moses, Jesus und Mohammed."
Die Gemeindemitglieder stehen fein gemacht an den Wänden aufgereiht und nicken zustimmend, das Publikum lauscht in Strümpfen auf dem Boden sitzend. Ein Pfarrer ist dabei und ein Vertreter der Stadt. Fragen sind möglich. Doch heute, am "Tag der offenen Moschee" fragt niemand nach der Gleichberechtigung der Frau im Islam oder nach radikalisierten Dschihadisten.
"Aus welchen Ländern kommen ihre Mitglieder jetzt?"
"Überall her: Asien, Afrika, Arabien. Wir sind aus circa 40 Ländern, wir sind Vielfalt. Genau wie die Stadt Potsdam. Deswegen ist es auch wichtig, dass wir so bleiben: Vielfältig. Und nicht einfältig."
Das ist ein Seitenhieb auf diejenigen, die am Freitag einen Schweinekopf vor dem Gotteshaus abgelegt haben, um die Gläubigen zu kränken und auszugrenzen. Imam Abdallah sieht einen Zusammenhang mit dem Treiben der AfD:
Die Rechtspopulisten hatten an den vergangenen Freitagen einen Stand neben den Betenden aufgebaut, als Hunderte sich auf dem Bürgersteig gen Mekka verneigten.
"Wir leben seit Jahren in Potsdam, solche Terroranschläge haben wir nicht gehabt. Aber ich denke mir, dass das einen Zusammenhang hat mit dieser Hetze gegen Muslime und Islam. Es gibt Leute, die sind gewaltbereit und die werden dadurch motiviert. Das ist einfach Volksverhetzung."
Angst herrsche in seiner Gemeinde nicht, sagt Kamal Abdallah, aber er ist besorgt: Was kommt als nächstes?
"Wir sagen den Leuten immer, sie sollen sich ruhig verhalten, nicht provozieren lassen. Aber wenn ein Mensch angegriffen wird, kann man für nichts garantieren. Die Lage ist hoch gefährlich."
Besucher zeigen sich solidarisch
Viele Besucher nutzen darum den "Tag der offenen Moschee" auch, um ihre Solidarität zu demonstrieren.
"Ich habe das sehr bewusst gemacht, auch als ein Signal, dass die Angriffe, die man von gewissen Seiten hier fährt, dass wir die entschieden zurückweisen müssen."
"Ich vertrete die Meinung der Religionsfreiheit und bin dafür, dass alle Religionen hier im Land ausgelebt werden können und sollten, ohne dass man einander unbedingt begrenzen muss."
An der weit offenen Moschee geht aber auch eine Rentnerin am Rollator vorbei, die ihre muslimischen Nachbarn nicht kennen lernen möchte.
"Nee, nee. Ich interessiere mich schon für alles mögliche, aber das geht mir zu weit. Jeder soll seine Religion so ausleben, wie er es gern hätte, aber ich finde, das müsste dann in den islamischen Ländern bleiben und nicht in unsere Kultur eindringen."
Herbert Heider von der AfD hat am Proteststand gegen das öffentliche Beten teil genommen, dennoch ist er heute herein gekommen. Gemeindemitglieder organisieren hilfsbereit einen Stuhl, damit der ältere Herr nicht auf dem Boden sitzen muss. Heider distanziert sich von der Schweinekopfattacke, nennt sie widerlich. Als er erklären will, warum er gegen das öffentliche Beten ist, unterbricht ihn ein anderer Gast der Moschee.
"Hier ging es darum, das man durch Hinknien auf der Straße nicht öffentlichen Raum zum Gebetsraum machen kann…"
"Sie haben nur gehetzt, in einer Moschee, gegen die Leute, die sie nutzen. Das ist widerlich. Und Sie haben eine Mitverantwortung für das, was am Freitag hier passiert ist."
Bevor sich die Fronten hier noch weiter verhärten, will die Stadt Potsdam die Lage nun entspannen und bietet für die Freitagsgebete ein exotisches Ausweichquartier an: Das Tropenhaus im Volkspark, genannt Biosphäre.